1903
JU GEN D
Nr. 1
Sylvester
Ivit'l"* n>te^cr roar ,cs Sylvester! So manches Jahr des 20. Jahr-
i'j n,ar f^on *ns ^ani) gegangen, und vieles hatte sich in
sondert, perr Bachem rückte seinen Stuhl an den
ü muthlichen Gfen, schlürfte den dampfenden Punsch (er warsehr
»iv .jrcntc wie herrlich weit er es gebracht habe.
• ”*'? lächelte er, wenn er daran dachte, welche Schwierigkeiten einst
Errichtung der katholischen Fakultät in Straßburg gemacht hatte!
N'ar nackber alles aeaanqen. Der Papst, dein die
-.It-lUflUIll} VCl. »WU(VU|U(V.V ..* --
Und wie glatt war nachher alles gegangen. r?rr' " s r
Ernennung der Professoren Vorbehalten war, hatte diese nur aus i e
Reihe seiner trcuestcn Söhne, der Nationalliberalen, genommen.
Das Zentrum hatte versucht, auch einige seiner Anhänger i» »
Fakultät zu bringen: aber vergeblich. Gegen die Nationalliber
vermochte es bei dem Papst nichts ausznrichten. -eitc em sie a e >
Ferienreisen lediglich nach Lanossa richteten, und seitdem der selig
Wassermann heilig gesprochen worden war, war das Zen ri»
Rom etwas ins pintcrtresscn getreten; Nationalliberal war int ff.
Sonft war cs ja in Deutschland recht gut gegangen, seitdem m 1
Reichsgesetz alle Protestanten und Juden zum Katholizismus über
getreten worden waren. Das Zölibat war für alle ^xeich ^
beiderlei Geschlechts obligatorisch geworden; Deutschland blühte aup,
und die Bevölkerung nahm erfreulich zu. (
. , ... ? ...! —I- „;,ttt„,ukr,ede>ihe,tgesät
Sozialdemokraten geblieben, die einstmals so viel Uiizusrie»en>^ trs»--
hatten? Singer, der sich zum Katholiken nicht geeignet hatte, war
>cn Märtyrertod im Scheiterofen gestorben. St adt ^ 9
llntrick waren zwangsweise in den Grden der Trappi; 1 .
worden; Bebel war unter dem Name» Bibel als Lremü auf den
Mont pölöe versetzt. Kurz, seitdem die Welfen den Kaiserthron ve
stiegen hatten, herrschte im ganzen Reiche Zufriedenheit. Der '-ere
moniemneifter empfing unzählige Deputationen und ”
Arbeitern, die seine besonderen Lieblinge waren, ja tm
beinahe auf Du und Du stand. Bei Pose wurde übrigens nur Iran
Zösisch und italienisch gesprochen, weil der Relchskanz
polla nur diese beiden Sprachen verstand. ,
Nur auf dem Gebiete des polizeiwescns gab es noch mang -
zu verbessern; es kam fast täalich vor, daß anständig ’ ?
von Damen auf die wache geschleppt wurden, weil M |s T
verkleidete Verbrecher hielten. Die paltung unseres Militärs
brillant, die Uniformen sind künstlerischer, als früher weil ihr
nickt mebr so kahl aussieht; Schieß-, Fecht-, Turn-, Schw.mm,
Marschier- Koch>, Putz-, Parademarsch-, uud Strainmsteh-Auszcich
nungen werden nicht mehr einseitig auf der Brust.sondern auch
°uf dem Rücken getragen. Auch d,e n-uen Gr,ffe der Infanter e,
die den Griffen der römischen Legionen nachgebildetsind snid met
malerischer. Die Kunst steht in einer nie geahnten Bluthe. U
Leute erinnern sich noch , daß die Lhausseenfrüher , barbar-
ischer Zeit mit Bäumen besetzt waren; an jeder - ,
jetzt eine Statue steht, stand früher ein Baum!
Ja, Uerr Bachem schmunzelte still; er lebte, nachdem ^ den
>hm augebotencii Fürstentitel abgelehnt hatte, s .
friedcnheit. Aber er war nicht vergessen, das sollt«> cr,
fahren. Denn die Thür that sich auf, und >.cr mitrntbeilen
schien, uni ihm seine Wahl zum Lrzbstchof
Tr geleitete ihn auf die Straße, wo er in den bischöflich ^
gesetzt wurde, den zwölf Regimentskommandeure auf ihre Schi
b°ben. Aber ° weh, er war an dieses Transportmittel noch nicht
gewöhnt, schwankte, stürzte zu Boden und er: fe*;nem
Draußen schrie man: „Prost Neujahr lstOd"; er lag, von seinem
Frido
^rauyen Ichrie man: „prost Neu; a!
Stuhle gefallen, auf dem Fußboden.
Ja, ja, der verfluchte Punsch'.
Streiflichter der „Jugend" ^
Äcr Gesunde haßt den Kranken. Das n, xstze Mturthatsache,
des Mitleids roh und grausam Umgen; ab res , ^^Een, wenn
um die Niemand herumkommt. Ick aber sicher em
ich selber einmal krank bin. Da beschleicht mch halb Hohn, mit
solcher Widerwille gegen mich selbst, halb ' aar nichts dagegen
Bitternitz und geheimem Grauen untermischt, » habe xin ähn-
hätte, wenn jetzt Einer käme und Mich tvdtschlng ^ jJ ' Buch mit
liches Gejiihl niemals gehabt, eS sei denn,, wenn mw So
naturwidriger, kranker Erotik unter die F Dolorosa durch-
jungst, als ich „vonklrmo te ebrzcsmato von * ^ Licbes-
bläticrte. Ein Weib, das die Peitsche anbetet, deien. « ° Dabei
rascrei versetzen - brrr! Alan gebe mir ein W» aioaeUonten*
der katholischmystische Weihrauch, der bei diesen erotisch n ^ egina
°rgi°n dampft! Man lese nur die Titel:
dlartxr um, Llevatio, Mein Erlöser, Passah ic. K. Und 1 Pet-
von Wohllaut triesenden, verzückten Reime PM ,
schwester und -! Ter Gesunde haßt den Kranken. ™
meine liebe Frau von Milo?
Paul Klein
Goethe jur Korsettfrage raumem .
Skhdhi««8V Df,n berr Warum ein unerklärter Schmerr
bang in Deinem Busen klemmt? Dir alle cebensregunq hemmt?“
(feust, I. Chetl I, Scene)
JU GEN D
Nr. 1
Sylvester
Ivit'l"* n>te^cr roar ,cs Sylvester! So manches Jahr des 20. Jahr-
i'j n,ar f^on *ns ^ani) gegangen, und vieles hatte sich in
sondert, perr Bachem rückte seinen Stuhl an den
ü muthlichen Gfen, schlürfte den dampfenden Punsch (er warsehr
»iv .jrcntc wie herrlich weit er es gebracht habe.
• ”*'? lächelte er, wenn er daran dachte, welche Schwierigkeiten einst
Errichtung der katholischen Fakultät in Straßburg gemacht hatte!
N'ar nackber alles aeaanqen. Der Papst, dein die
-.It-lUflUIll} VCl. »WU(VU|U(V.V ..* --
Und wie glatt war nachher alles gegangen. r?rr' " s r
Ernennung der Professoren Vorbehalten war, hatte diese nur aus i e
Reihe seiner trcuestcn Söhne, der Nationalliberalen, genommen.
Das Zentrum hatte versucht, auch einige seiner Anhänger i» »
Fakultät zu bringen: aber vergeblich. Gegen die Nationalliber
vermochte es bei dem Papst nichts ausznrichten. -eitc em sie a e >
Ferienreisen lediglich nach Lanossa richteten, und seitdem der selig
Wassermann heilig gesprochen worden war, war das Zen ri»
Rom etwas ins pintcrtresscn getreten; Nationalliberal war int ff.
Sonft war cs ja in Deutschland recht gut gegangen, seitdem m 1
Reichsgesetz alle Protestanten und Juden zum Katholizismus über
getreten worden waren. Das Zölibat war für alle ^xeich ^
beiderlei Geschlechts obligatorisch geworden; Deutschland blühte aup,
und die Bevölkerung nahm erfreulich zu. (
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Sozialdemokraten geblieben, die einstmals so viel Uiizusrie»en>^ trs»--
hatten? Singer, der sich zum Katholiken nicht geeignet hatte, war
>cn Märtyrertod im Scheiterofen gestorben. St adt ^ 9
llntrick waren zwangsweise in den Grden der Trappi; 1 .
worden; Bebel war unter dem Name» Bibel als Lremü auf den
Mont pölöe versetzt. Kurz, seitdem die Welfen den Kaiserthron ve
stiegen hatten, herrschte im ganzen Reiche Zufriedenheit. Der '-ere
moniemneifter empfing unzählige Deputationen und ”
Arbeitern, die seine besonderen Lieblinge waren, ja tm
beinahe auf Du und Du stand. Bei Pose wurde übrigens nur Iran
Zösisch und italienisch gesprochen, weil der Relchskanz
polla nur diese beiden Sprachen verstand. ,
Nur auf dem Gebiete des polizeiwescns gab es noch mang -
zu verbessern; es kam fast täalich vor, daß anständig ’ ?
von Damen auf die wache geschleppt wurden, weil M |s T
verkleidete Verbrecher hielten. Die paltung unseres Militärs
brillant, die Uniformen sind künstlerischer, als früher weil ihr
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Marschier- Koch>, Putz-, Parademarsch-, uud Strainmsteh-Auszcich
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malerischer. Die Kunst steht in einer nie geahnten Bluthe. U
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Ja, Uerr Bachem schmunzelte still; er lebte, nachdem ^ den
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Tr geleitete ihn auf die Straße, wo er in den bischöflich ^
gesetzt wurde, den zwölf Regimentskommandeure auf ihre Schi
b°ben. Aber ° weh, er war an dieses Transportmittel noch nicht
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Draußen schrie man: „Prost Neujahr lstOd"; er lag, von seinem
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Stuhle gefallen, auf dem Fußboden.
Ja, ja, der verfluchte Punsch'.
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Äcr Gesunde haßt den Kranken. Das n, xstze Mturthatsache,
des Mitleids roh und grausam Umgen; ab res , ^^Een, wenn
um die Niemand herumkommt. Ick aber sicher em
ich selber einmal krank bin. Da beschleicht mch halb Hohn, mit
solcher Widerwille gegen mich selbst, halb ' aar nichts dagegen
Bitternitz und geheimem Grauen untermischt, » habe xin ähn-
hätte, wenn jetzt Einer käme und Mich tvdtschlng ^ jJ ' Buch mit
liches Gejiihl niemals gehabt, eS sei denn,, wenn mw So
naturwidriger, kranker Erotik unter die F Dolorosa durch-
jungst, als ich „vonklrmo te ebrzcsmato von * ^ Licbes-
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meine liebe Frau von Milo?
Paul Klein
Goethe jur Korsettfrage raumem .
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bang in Deinem Busen klemmt? Dir alle cebensregunq hemmt?“
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