1903
JUGEND
Nr. 4
Oie I^ymphe
Wilhelm Volz f
abzugeben. Das that er. Und siehe da--
° mU'|lun8 kam zurück und darunter stand ihr
Di-?' ,'aia Jansen als Empsangs Bescheinigung,
kein,. musste sie Alles erhalten haben. Doch
den, p”'10®14 kam. Er war ganz verzwcikelt. Nach-
».®?llrere Tage gewartet hatte, machte er sich
tacyls aus don Mea -nnl5i Niolas Mabuuna.
-llte sie ,
hstc. 58
..e.VCcI)!Dar?e grinsend, Fräulein Jansen wäre nicht
eines
Er h,„ri,'T ?®k den Weg nach Violas Wohnung.
Einiannr ''°?°lber sprechen. DaS war vielleicht das
- Wie er in den Aufzug wollte, sagte ihm
baid^Ä^' s°3 Franz enttäuscht wieder ab. Eine
iS, ,tn®e später klingelte Viola oben in ihrem
w dkHöhe"^ ^°l>rstuhl. Der Fahrstuhl schob
, "^llrrlein Jansen," sagte der Schwarze und lachte
'!?em Ohr zum andern, als er sie in den Fahr-
M ließ, „der Mann niit den springenden Mäus-
>en war wieder da. Aber ich habe gesagt, Sie
waren nicht zu Hause."
„Das ist recht!" erwiderte Viola. „Dieser kölnische
Mensch sängt an recht lästig zu werden."
. Das half ihr aber ivenig. Mit der Hartnäckigkeit
er Verliebten stand Franz jeden Abend gegenüber
'bre>n Hause in der Madison Avenue und wartete,
üisS sie mit ihrer schwarzen Dienerin aus dem Hause
?' ssm ins Theater zu gehen. Dann ging er hinter-
tier. Wenn sie im Begrisf war, durch den Bühnen-
eingang nach der Garderobe zu gehe», stand Franz
am Eingang und nahm den Hut ab. Wenn sie das
Theater verließ, stand er wieder da und grüßte. Sie
that, als sähe sie ihn nicht. Das mochte er so vier
bis fünf Mal gethan haben, als eines Abends kurz
vor Beendigung der Vorstellung ein breitschulteriger
Herr mit dickenr rothen Schnurrbart an ihn herantrat
und ihm erklärte, daß er mit ihm zur Polizei kommen
müßte. Fräulein Jansen habe sich über ihn beklag»,
weil er sie unausgesetzt belästige. Franz war zu
Tode erschrocken und folgte dem Geheim-Polizisten
willenlos. Er hatte das Gefühl, als märe er berauscht
gewesen und Jemand hätte ihm einen Kübel eiskaltes
Wasser über den Kopf gegossen, sodnß er wieder zur
Besinnung gekommen war. In der Polizei-Station
erklärte ihm der Kapitän sehr kühl, daß er ihn die
Nacht über dabehaltcn müßte, um ihn am nächsten
Morgen dem Richter vorzuführen. Franz verbrachte
in dem engen muffigen Verschlag eine schlaflose, katzen-
jämmerliche Nacht. Er war nun völlig nüchtern und
erkannte klar, eine wiellächerliche Rolle er gespielt
halte. Zwar war er sich keines sonderlichen Unrechts
bewußt, Nur bedrückte ihn die Schmach der Ver-
haftung und das Benehmen Violas. Dieser Schänd-
lichkeit hatte er sie nicht für fähig gehalten. Wenn
sie Nichts von ihm wissen wollte, warum war sie so
sreundlich ihm gegenüber gewesen °? Warum? Warum'?
Als er am nächsten Morgen im Gericht erschien,
fand er den Raum voll von fröhlichen Bericht-
erstattern von den großen Zeitungen. Kurz darauf
kam Viola ganz in Dust von Mang-Mang gehüllt,
in Begleitung einer Anzahl Herren und Damen
vom Theater, die Alles als einen riesigen Ulk zu
betrachten schienen. Der Richter, ein freundlicher
alter Herr mit einer funkelnden Glatze und einem
glatten, feisten Gesicht, erösfnete die Verhandlung,
indem er Viola ausforderte, ihre Beschwerde vor-
zutragen. Und die überaus niedliche Viola, immer
lächelnd, erzählte haarklein die Geschichte von dem
überaus harmlosen jungen Mann mit den springen-
den Mäuschen. Hei wie die Berichterstatter die Blei-
stifte leckten, wie sie schmunzelnd die Hand übers
Papier fliegen ließen, wie die Zeichner die überaus
niedliche Viola und den Mann mit den springenden
Mäuschen mit ihren Kameras abknipsten oder skiz-
zirten. Und dann las sie Franzens Briefe vor,
einen nach dem andern, und Alles schrie vor Lachen,
so daß der Richter fortwährend mit dem Hammer
aus sein Pult donnerte und Ruhe verlangte. Aber
er selbst wischte sich die Lachthränen aus den Aeug-
lein. Franz schwindelte und er glaubte, er müßte
in den Boden sinken. O diese falsche Viola, diese
heimtückische Viola! Empörung und Scham kämpften
in ihm. Dann wurde der schwarze Bediente des
Fahrstuhls in Violas Hause ausgerufen, und zuletzt
Franz. Er bekannte sich schuldig, mit leiser Stimme,
ein Bild des Jammers. Dem Richter that er leid.
„Steinberg," sagte er zum Schluß, „ich will Sie
nicht weiter strafen, denn mir scheint. Sie sind ein
-ein sehr harmloser junger Mann. Sie sind
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Oie I^ymphe
Wilhelm Volz f
abzugeben. Das that er. Und siehe da--
° mU'|lun8 kam zurück und darunter stand ihr
Di-?' ,'aia Jansen als Empsangs Bescheinigung,
kein,. musste sie Alles erhalten haben. Doch
den, p”'10®14 kam. Er war ganz verzwcikelt. Nach-
».®?llrere Tage gewartet hatte, machte er sich
tacyls aus don Mea -nnl5i Niolas Mabuuna.
-llte sie ,
hstc. 58
..e.VCcI)!Dar?e grinsend, Fräulein Jansen wäre nicht
eines
Er h,„ri,'T ?®k den Weg nach Violas Wohnung.
Einiannr ''°?°lber sprechen. DaS war vielleicht das
- Wie er in den Aufzug wollte, sagte ihm
baid^Ä^' s°3 Franz enttäuscht wieder ab. Eine
iS, ,tn®e später klingelte Viola oben in ihrem
w dkHöhe"^ ^°l>rstuhl. Der Fahrstuhl schob
, "^llrrlein Jansen," sagte der Schwarze und lachte
'!?em Ohr zum andern, als er sie in den Fahr-
M ließ, „der Mann niit den springenden Mäus-
>en war wieder da. Aber ich habe gesagt, Sie
waren nicht zu Hause."
„Das ist recht!" erwiderte Viola. „Dieser kölnische
Mensch sängt an recht lästig zu werden."
. Das half ihr aber ivenig. Mit der Hartnäckigkeit
er Verliebten stand Franz jeden Abend gegenüber
'bre>n Hause in der Madison Avenue und wartete,
üisS sie mit ihrer schwarzen Dienerin aus dem Hause
?' ssm ins Theater zu gehen. Dann ging er hinter-
tier. Wenn sie im Begrisf war, durch den Bühnen-
eingang nach der Garderobe zu gehe», stand Franz
am Eingang und nahm den Hut ab. Wenn sie das
Theater verließ, stand er wieder da und grüßte. Sie
that, als sähe sie ihn nicht. Das mochte er so vier
bis fünf Mal gethan haben, als eines Abends kurz
vor Beendigung der Vorstellung ein breitschulteriger
Herr mit dickenr rothen Schnurrbart an ihn herantrat
und ihm erklärte, daß er mit ihm zur Polizei kommen
müßte. Fräulein Jansen habe sich über ihn beklag»,
weil er sie unausgesetzt belästige. Franz war zu
Tode erschrocken und folgte dem Geheim-Polizisten
willenlos. Er hatte das Gefühl, als märe er berauscht
gewesen und Jemand hätte ihm einen Kübel eiskaltes
Wasser über den Kopf gegossen, sodnß er wieder zur
Besinnung gekommen war. In der Polizei-Station
erklärte ihm der Kapitän sehr kühl, daß er ihn die
Nacht über dabehaltcn müßte, um ihn am nächsten
Morgen dem Richter vorzuführen. Franz verbrachte
in dem engen muffigen Verschlag eine schlaflose, katzen-
jämmerliche Nacht. Er war nun völlig nüchtern und
erkannte klar, eine wiellächerliche Rolle er gespielt
halte. Zwar war er sich keines sonderlichen Unrechts
bewußt, Nur bedrückte ihn die Schmach der Ver-
haftung und das Benehmen Violas. Dieser Schänd-
lichkeit hatte er sie nicht für fähig gehalten. Wenn
sie Nichts von ihm wissen wollte, warum war sie so
sreundlich ihm gegenüber gewesen °? Warum? Warum'?
Als er am nächsten Morgen im Gericht erschien,
fand er den Raum voll von fröhlichen Bericht-
erstattern von den großen Zeitungen. Kurz darauf
kam Viola ganz in Dust von Mang-Mang gehüllt,
in Begleitung einer Anzahl Herren und Damen
vom Theater, die Alles als einen riesigen Ulk zu
betrachten schienen. Der Richter, ein freundlicher
alter Herr mit einer funkelnden Glatze und einem
glatten, feisten Gesicht, erösfnete die Verhandlung,
indem er Viola ausforderte, ihre Beschwerde vor-
zutragen. Und die überaus niedliche Viola, immer
lächelnd, erzählte haarklein die Geschichte von dem
überaus harmlosen jungen Mann mit den springen-
den Mäuschen. Hei wie die Berichterstatter die Blei-
stifte leckten, wie sie schmunzelnd die Hand übers
Papier fliegen ließen, wie die Zeichner die überaus
niedliche Viola und den Mann mit den springenden
Mäuschen mit ihren Kameras abknipsten oder skiz-
zirten. Und dann las sie Franzens Briefe vor,
einen nach dem andern, und Alles schrie vor Lachen,
so daß der Richter fortwährend mit dem Hammer
aus sein Pult donnerte und Ruhe verlangte. Aber
er selbst wischte sich die Lachthränen aus den Aeug-
lein. Franz schwindelte und er glaubte, er müßte
in den Boden sinken. O diese falsche Viola, diese
heimtückische Viola! Empörung und Scham kämpften
in ihm. Dann wurde der schwarze Bediente des
Fahrstuhls in Violas Hause ausgerufen, und zuletzt
Franz. Er bekannte sich schuldig, mit leiser Stimme,
ein Bild des Jammers. Dem Richter that er leid.
„Steinberg," sagte er zum Schluß, „ich will Sie
nicht weiter strafen, denn mir scheint. Sie sind ein
-ein sehr harmloser junger Mann. Sie sind
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