Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 4

JUGEND

1903

entlassen, aber unter der
Bedingung, daß Sie diese
Dame fernerhin nicht be-
lästigen. Versprechen Sie
Das?" Franz versprach
es und durfte gehen. Aber
er eilte unaufhaltsam und
ohne zu antworten davon.
Draußen im Portal hörte
er eine weibliche Stimme
bemerken: „Das ist die
großartigste Reklame, die
Viola jemals gehabt hat.
So'n Glück!" Und am
Abend waren alle Zeitun-
gen voll von Violas Aben-
teuer mit dem Mann mit
den springendenMäuschen.

Am nächsten Morgen
erhielt Franz einen Brief.
Darin lag Nichts als ein
Check über hundertD ollars,
ausgestellt von einem ihm
völlig Unbekannten, Na-
mens Morton. Es war
der Presse-Agent Violas.
Am liebsten hätte er den
Check nicht angenommen.
Dann besann er sich eines
Besseren und behielt ihn.
Auch seine Absicht, nicht
wieder nach dem Broadwah
zurückzukehren, gab er aus.
Er nahm ruhig seinen
alten Platz wieder ein.
Seine Mäuschen gingen ab
wie heiße Semmeln, denn
er war nun eine Sehens-
würdigkeit geworden.

„Das ist der junge
Mann, der die famose Ge-
schichte mit Viola Jansen
gehabt hat!" sagten die
Leute zu einander.

Aber Franz achtete nicht
daraus. Er tupfte ruhig
seinem Mäuschen auf den
Kopf und ließ es springen.
Er war nicht halb so
harmlos mehr wie
frühen

Liebe Iugenck

Das Fräulein einer
Berliner Familie hat den
Kindern die Geschichte
von Adam und Eva er-
zählt, und natürlich be-
schäftigt das wundersame
Ereigniß die Kleinen im
höchsten Maße. So meint
die eine, ob denn Adam
nicht kitzlich gewesen sei,
da er sich doch vom lieben
Gott in die Nase hat
pusten lassen. Mit diesen
und ähnlichen Fragen
stürmen sie auf die Mutter
ein, bis diese, um sich
vor der Fluth zu retten,
schließlich sagt: „Aber

Kinder, warum wollt ihr
denn das alles so genau
wissen, Adam und Eva
sind doch schon so lange
tobt." Worauf die zweite
nachdenklich erwidert:

„Aber nein, Mutti,
die stehen doch nicht
in der Siegesalleei"

Der Tertianer Schwarz
malt während des Unter-
richts dem in seinem Schul-
heft befindlichen Bildniß
des Landesfürsteu einen
. Vollbart an. Der Ordi-
narius bemerkt dies. Nach-
dem er ihn auf die Schwere
seines Vergehens aufmerk-
sam gemacht hat, macht
er folgende Eintragung
ins Klassenbuch:

„Schwarz wegen
Majestätsbeleidig -
ung zwei Stunden
Arrest."

Mahres 6escbicbtcben

Maire und Adjunkt eines lothringischen Dorfes
kommen in ein elegantes Restaurant nach 5. und
sehen dort zum erstenmal englischen Senf. Der
Maire bestellt sofort für einen Frank von dem
gelben Zeugs. Zuerst greift der Adjunkt zu. Als
ihm die Thränen in die Augen treten, sagt der
Maire zuvorkommend: „D u b r u ch s cht n i t z e
hüle, mer zahle 's ns ein Budget."

Allerlei Gedanken

<2Benn Du ein hübsches Mädchen laut lachen
hörst — und davon entzückt bist, frage nicht,
worüber sie gelacht hat.

^8is znm Tran-Altar war der Bräutigam
der unterwürfigste Verehrer. Plötzlich muß die
Braut Gehorsam geloben.

§inen dummen Streich verzeiht einem jede
Frau; — den, daß man sie geheiratet hat.

Die Strohwitwer sind zumeist besser als der
Ruf — ihrer Gattinnen. p. v. S.

Der Gerichtsvollzieher

lmittelbadisch)

Do laaft er widder, seller Mann,

Der Dansendsakramender!

Daß i den net verbutze kann,

Den eckelhaste Pfänder!

Dem Bauer holt er d'Kuh vom Stall
U» des soll ein »et krenke,
kl» als die liebe Sache all,

Wo's Herz eim dut dra henke.

Er dut jo, was er muß, sei Pflicht,

Er muß jo so was mache.

Mir ärgert blos sei z'friede G'sicht,
Bei beite wüsichte Sache.

Er kommt wohl nächstens aa zu mir,
Vor dem isch jo nix sicher
kln holt mei Uhr, de lleberziehr.
Vielleicht aa »v mei Bicher.

Eins holt er net, des isch mei Bett,
Dem steht scho 's G'setz entgege,

U» aa mei Fra, die holt er net
— kln der g'hört aa 's Vermege. —

Kleines Gespräch

— Salomo», Du hast eben erst die große Mit-
gift gekriegt, leih mehr ;0,000 Mark. Ich Hab'
mei'm Schwiegersohn versprochen, er kriegt 20,000,
es fehlen mer zo,ooo. —

— Schote! Wenn mer sagt, er kriegt 20,000,
gibt mer doch nur zo,ooo. —

— Nu ja, die 10,000 fehle mer eben!

Das lässt tief blicken!

Die Tochter eines Gutsbesitzers wird in der
benachbarten Stadt getraut. Die Kirche ist gefüllt
von Theilnehmenden und Neugierigen. Die heilige
Handlung geht in würdiger weise von statten. Als
ZUM Schlüsse das Brautpaar niederkniet, verbreitet
sich über die Zuschauer eine sichtliche Heiterkeit,
die trotz der strafeiiden Blicke des Geistlichen und
seines neben ihm stehenden Küsters beständig zu-
nimmt. Der Küster tritt einige Schritte zur Seite,
um die Ursache der unziemlichen Stimmung zu
ermitteln. Als er das Brautpaar von der Rück-
seite besichtigt, kann auch er ein gewisses Schmunzeln
nicht unterdrücken: Auf den vier Stieselsohlen des
Brautpaars stand mit Kreide die Zahl j7 — die
Nummer eines Hütelzimmers!

54
Index
[nicht signierter Beitrag]: Kleines Gespräch
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Alexander v. Salzmann: Neujahr
[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen
P. v. S.: Allerlei Gedanken
[nicht signierter Beitrag]: Der Gerichtsvollzieher
[nicht signierter Beitrag]: Das läßt tief blicken!
 
Annotationen