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Nr. 5

. JUGEND •

1003

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Seit die Sitzungen im Wiener Reichsrath bis morgens 6 Uhr zn dauern pflegen, geht der Herr Abgeordnete Pimpelhuber

nur mehr so ins Parlament.

Nachtsitzung im Parlament

(Frei nach Heine's „Belsazar")

Oie Mitternacht zog näher schon,

Im Parlament herrscht Obstruktion.

Oie Sterne erbleichen am Firmament,

Noch immer sitzt das Parlament.

Pane Behm ließ Dauerredner los,

Doch hört man sie flüstern und raunen blos.
An fünfzig Stunden Rednerqual,

Da heißt es sparen das Stimmmaterial.

Den Klofac, der sonst wie besessen schrie,

Den Kubr, den Choc, man versteht sie nie.
Selbst Schönerer heut' verstummt zumal,

ES ist ganz leichenstill im Saal.

Wie Schatten schleichen Volksboten herum,

Arg schläfert es das Präsidium.

Es fehlt dem Hause jede Controll',

Was die Tschechen verhandeln geheimnißvoll:
Sie wissen nur selber, daß schon langst
Sie berathen über — „kaltblütige Hengst'"! *)
O daß diesen Wenzeln von Beruf
Doch wäre erschienen ein Pferdehuf!

Nickt um zn schreiben an weißer Wand
Buchstaben, ans leuchtende» Flammen gebrannt!
Nein, ihnen zn schreibe» mit harten. Er;

Das lVlene tekel gleich hinterwärts!

- Krokodil

*) Ein endlos besprochener Obstruktions-Drinq-
lichkeitsantrag der Tschechen betraf die Einstellung
taltbiükizer Hengste in die ärarischen Hengstendepots.

Lieber Bernhard!

Das hast Du brav gemacht, daß Du uns
mitten im Karneval, in Venezuela- und sächsische»
Ehewirrnissen und bei dieser Hundskälte ein paar
so warme deutsche Reden gehalten hast!
Ich meine die vom l!). nnk A>, Januar, was
ich betone, für den Fall, daß D» — was ja
reichskanzlerisch-me»sch!ich wäre, aber (flott ver-
hüten möge — bis zum Tage des Erscheinens
dieses meines Lobes Einiges „Mindere" sagen
zolltest. Denn bei Euch Berlinern muß man
vorsichtig sein; lieben, ja meinetwegen, aber
lobe» nur mit Vorbehalt und Einschränkung.

Ui» es kurz zn machen: wir danken Dir inS-
besondere, da» Du uns wieder einmal unseren
Kaiser menschlich näher gebracht hast. Er

ist so schwer zu verstehen, weniger wegen seiner
Plötzlichkeiten an sich, denn gerade das
Ueberraschende thut Einem wohl, wenn es „an-
genehm" ist; als vielmehr wegen der Unklar-
heit der Voraussetzungen und Ziele,
und weil wir mit unserem naiven Verstand nicht
begreifen, daß ein Mann mit so strammen aulo-
kratischen Allüren und manchmal fast feudalen
Vorurtheile» uns in Angelegenheiten der Freiheit
und des Patriotismus „über" sein soll.

Was Herr Maeterlinck neulich in Berlin
vom deutschen Idealismus gesagt hat, das war
ja auch recht schön und hat uns sehr wohlgethan,
aber Deine letzten Reden, verehrter Bernhard,
sind uns tausendmal lieber, da liegt was drin,
das ist was für Nerven und Rückgrat, was
für's deutsche Herz. „Jugend“

it.Vv


-*wj

M

Der russische und der Berliner Bar

Es war einmal ein großer Bär
Und auch ein etwas Rlcincrer;

Dies Bild hier zeigt sie ungefähr
Im allcrzärtlichstc» Verkehr:

Der RIcine, der leckt hin und her —

Der Große etwas weniger!

'.8

Detektiv ker!

Lin „Münchener internationales privat-Detektiv-
bureau" empfiehlt sich in einer langen Lrklärung
für die „Ueberwachung von Lhegatten
während des Zafchings".

Jetzo kam der Larneval auf's Neue,

Und die Menschheit feiert Fest ans Fest;

Dieses ist die Zeit, in der die Treue
Häufig viel zn wünschen übrig läßt.

wenn sich solches auf den Mann beschränkte,
Nun, dann wäre weiter nichts daran.

Aber ach! Auch manche Gattin lenkte
Schon den Blick auf einen fremden Mann;

Für den Nachwuchs ist es unersprießlich,
weicht die Mutter von dem Pfad de Pflicht,
Außerdem ist es auch sehr verdrießlich
wenn man Höruer trägt und weiß es nicht.

Auf der Hauptpost lagern Liebesbriefe
Dutzendweise um die Faschingszeit.

Deshalb, Männer, nehmt Tuch Detektive,

Diese melden Euch, woran ihr seid.

Ruhig könnt Ihr Euch dem Skat ergeben
Und Euch amüsieren jede Nacht.

- Ach, wie schön ist das Familienleben,
wenn das Aug' des Detcktives wacht!

Hello»

THUeltcbrontfc der „Zngcnd"

ßvßfiröcr hör' ich mancherlei,
was hiemit gemeldet sei:

Bayerns allbcliebtcr, edler
Tentrnmsbismarck, Doktor Schädler,
Schrie im Reichstag seinen Mund
Sich beinahe lahm und wund
Um das A a i ser t e legram m,

Das von Swinemünde kam,

Als vom Tentrum die Berserker
Jene (00,ovo Märker-
Strichen in verbohrter wuth.

JJTit pathetisch wilder Glut
Sprach der Domkapitular
Manches, was — ganz anders war.

Unser Schädler, unser weiser,

That, als thät' der deutsche Kaiser
Eines schnöde.nur bezwecken —

Bayern sachte einzustecken,

Forderte im Posa-Ton
Freiheit für die Religion!

Freiheit für die Religion

Heischt des Ecntrnms treuer Sohn,

während seine Gcistesbrüder

Da und dorten täglich wieder

Ulit gemeinstem Schimpfen kränken

Alle, welche anders denken!

Eben zeichnet wieder ein
Pfaff in Würzburg an dem Main
Index
[nicht signierter Beitrag]: Der russische und der Berliner Bär
[nicht signierter Beitrag]: Weltchronik der "Jugend"
Krokodil: Nachtsitzung im Parlament
Monogrammist Frosch: Illustration zum Gedicht "Der russische und der Berliner Bär"
Helios: Detektiv her!
Redaktioneller Beitrag: Lieber Bernhard"
Monogrammist Frosch: Der Abgeordnete Pimpelhuber
 
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