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Nr. 9

JUGEND .

„Wir halten fest und treu zusammen, Hipp, Hipp, Hurrah ...!"

Jesuiten-Marlck

uon €. M. Jlrndt, dem Jünaeren

Mas blasen die Trompeten?

„Jesuiten heraus!"

Es reitet das Leutrum heut'

Zum fröhlichen Strauß.

Ls reitet so freudig
Sein altes Steckenpferd,

Ls schwinget so schneidig
Sein christliches Schwert!
Jnchheiraffaffasa! Und der Bülow sagt Ja!
Die Jesuiten kommen und rufen: lsurrah!

Der Bülow ist eben
Lin vernünftiger Mann!

Lr findet nun auf einmal
Nichts Schlimmes mehr dran:

Als Lehrer der Jugend
voll Sitte und verstand,

Als Muster der Tugend
So sind sie weltbekannt!

Juchheiraffafsasa! Auch der Lugen sagt Ja!
Die Jesuiten kommen und rufen: ksurrah!

Sogar der grimme Sozi
Ist eifrig dafür
Und öffnet sogar selbst
Ihnen gerne die Thür.

Denn Ansnahmsgesctze
Verfolgt er immerzu:

Auch ihm ist frische Hetze
viel lieber als die Ruh!
Juchheiraffafsasa! Und der vollmar sagt Ja!
Die Jesuiten kommen und rufen: ksurrah!

!vir fisten in der schwärzesten
Tinte schon lang,

Drum sind auch diese Tropfen
Nicht mehr von Belang!

Laßt immerhin die Theuern
Verein in's Deutsche Reich,

Nach Baden, Sachsen, Bayern —

Jetzt ist ja Alles gleich!
Jnchheiraffaffasa! Der Buudesrath sagt Ja!
Die Jesuiten kommen und rufen: hurrah!

Der Unterschied

Das Avancement der Officiere hangt bei der
deutschen Armee von den Nordermännern
ab, bei der englische» von — den Hintern.

Meltcbrontft der „Zugend"

®ancherlei an ReuigKeiten

Hab' ich wieder zu verbreiten:
Immer wilder offenbar
Tobt die wüste Hetzerschaar
Der virorum obscurorum —

Der beliebte Bischof Korum,

Welcher dem Professor Schnell
Linstens heiß gemacht die Holl
Und auch sonst bekannt von früher —
Allen Mägdelein in Trier
Ganz und gar verbieten macht' er
Den Besuch der höhern Tächter-
Schule, welche dort der Staat
Simultan errichtet hat.

Wer sie aber doch besucht,

Wird auf ewig gleich verflucht
Und kein Beichtstuhl spricht sie los
Don der Sünde „schwer und groß."

Also bricht frivole Laune
Den Lulturkampf jetzt vom Zaune
Und der Michel läßt sich allen
Solchen Uebermuth gefallen,

Ja, Graf Bülow hat erklärt,

Daß zur Zeit kein Grund uns wehrt.
In des deutschen Reiches Gassen
Die Jesuiten zuzulassen,
weil daselbst ja weit und breit.

Friede herrscht und Duldsamkeit! —
Duldsam ist des Llerus Kreis
Auch im Llfatz, wie man weiß.

Wo ein Blättlein in Mülhausen
Reulich schrieb, ersaßt von Grausen:
„Unerhört ist eine obose,

Die man melden muß aus Moos:
Dorten traten — wehe! wehe! —

Zweie in gemischte Lhe.

Auf den ersten Blick erscheint
Dies unmöglich, wie man meint!
Litern lasset eure Gören
Rie mit Ketzern mehr verkehren,

Daß sie schließlich nicht erwische
Auch die Lust zu einer Mischeh'l"

Also schreibt ein Pfaffenblatt.

Schamlos in genannter Stadt —

1903

Aber sonst herrscht weit und breit
Friede nur und Duldsamkeit! —

In dem Hofbräuhaus zu München,

Wo des besten Bieres Brünnchen
Unerschöpflich schäumt und rinnt,

Saßen die, so schwarz gesinnt,

Täglich, um bei vielen Litern
Sich politisch zu erbittern;

Diese holten ihr Getränke
Eigenhändig an der Schenke,

Um das Trinkgeld zu ersparen —

Als die Kellnerin dies erfahren.

Sprach empört das Frauenzimmer:

„Wenn i nur koan Schwarzen nimmer
Sehg'n müaßt, nacher war i froh!"
Dieser Ausspruch, grob und roh,

Kam des Lentrums schwarzen Mohren
Bald zu ihren hohen Dhren,

Und ste heischten, außer Fassung,

Jener Kellnerin Entlassung.

Aber, ach! Ihr Racheschrei,

Lr gelang der Schaar vorbei
Und die Hebe blieb im Amte!

Zornig zog die wuthentflammte
Stammgastschaar vom Hosbräuhaus
Trotz des guten Bieres aus.

Sie versprachen, in der Kammer
Auszuschütten ihren Jammer.

Unter schrecklichem Krakeelen
Werden dieses Volkes Seelen,

Welche jetzt den Stammtisch räumen,

Wieder kochend überschäumen
Und erklären wüthig dann:

Lrailsheim, der war Schuld daran! —
Mit dem Venezueler Streit
Wär' es endlich nun so weit,

Daß wir unser Recht ertrutzt —

Gastro hat es nichts genutzt.

Daß er in den letzten Wochen
Bruder Jonathan umkrochen.

Sollt es ihr das Her; auch brechen —
Blechen muß die Bande, blechen!

Noofevelt, der Präsident,

Der sich sechsfach Vater nennt,

Schrieb in einem Briefe neulich,

Daß es wirklich ganz abscheulich
Sei, wie die kLoonältL
Drüben in die Brüche geh'.

Und er sprach mit bittren Worten
von den Lebedamen dorten:

„Erstens, einen Mann zu nehmen
Wollen sie sich schwer bequemen
Und auch wenn sie einen hätten,

Linen strammen, lieben, netten,

Wehrten sie sich schauderhaft
Gegen jede Mutterschaft.

Daß die Taille zierlich bleibt,

Hat das Weib sich ganz entweibt —
Gelderwerb ist und Genuß
Seiner Weisheit letzter Schluß
Und dem Storche weist's dafür
Gänzlich abgeneigt die Thür,

Also nimmt die Pankee-Rasse
Richt entsprechend zu an Masse —

Dies ist schädlich und pervers!"

Jüngst bei einem Zestkommers

Hieb Prinz Ludwig, Bayerns Lrbe,

Kräftig in die gleiche Kerbe

Und er sprach: Man hat gefunden.

Daß bei sittlichen, gesunden
Rationen allerwegen
Reichlich sei der Kindersegen;

Kinderlos bleibt Sittenroheit —

Bravo, Königliche Hoheit! —

Weil ich just von Storch und Lieben
Und dergleichen hier geschrieben,

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Register
Monogrammist Frosch: Bahn frei
Herodot [Pseudonym]: Weltchronik der "Jugend"
[nicht signierter Beitrag]: Der Unterschied
E. M. Arndt d. J.: Jesuiten-Marsch
 
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