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1903

Gottfried Keller

^Verncff’ ich eines Dichters Werth nach Stunden
von mir geschenktem reinem Kunstgenuß,

So kommt — ich sage dieses unumwunden! —

ÜKir Keller gleich nach Goethe's Pegasus!

Bei ihm wird nie was Minderes gefunden —
Hochprima stets, vom Vorwort bis zum Schluß
Ist jede Gottfried Äeller'sche Geschichte,

Sowie die große Mehrzahl der Gedichte!

Wohl sechsmal las ich — ohne Uebertreibung! —
Den Grünen Heinrich und erlebt' ihn mit
von seiner Kindheit köstlicher Beschreibung,

Wo er auf schwindlig hohem Hausdach ritt,

Bis er zuletzt, verzichtend auf Beweibung,

Als Junggeselle durch das Leben schritt —
Ergriffen las ich, wie er einst in München
Sein Brot verdient mit Zahnenstangen — tünchen!

Ich las auch die Seldwylischen Novellen —

Was kommen da für tolle Kerle vor:

Die drei gerechten Kammmachergesellcn,

Der Schmoller pankraz, Störteler, der Thor,
Strapinsky Wenzel, Ritter von der Ellen,

Zahn Kabys, der sein Glück so dumm verlor,

Der alte Litumlei mit seinem Siegel.

Der Zaubrer pieneiß und das Kätzchen Spiegel!

Und die Novellen aus dem Lanton Zürich,
Wie find sie reich an Bildern mannigsalt!

So hat sie weder Dverbeck/noch Zührich,

So hat sie höchstens Herr von Schwind gemalt!

Zast höher schätze ferner als Leeture ich

Das Sinngedicht, d'raus reinster Friede strahlt;

vorzüglich sind, die Liste zu vollenden,

Martin Salander auch und die Legenden!

Und in dem Allen, was er da geschrieben.

Will namentlich mich Lines stets erbau'n:

Das ist die große Zahl von treuen, lieben.
Lrhab'nen, schönen, Willensstärken Zrau'n!

Rur selten zeigt er eine böse Sieben

Mit Schlangenherzen und mit Kayenklau'n —

Die Zrauenbilder, die er sich ersonnen,

Sind zu neun Zehnteln freundliche Madonnen!

Nehmt nur die Judith an, die herzenswarme,

Und Zrau Salander, die so still und treu.

Nehmt aus des Greifenseeer Landvogt's Schwarme
Die wunderliebliche Zigura Leu!

Nehmt ferner die Baronin an, die arme,

Das vreneli, das Hochzeit macht im Heu,

Nehmt Lsthcrchen, Zrau Regula, Regine,

Zrau Gritli, Lur, die lachende Justine!

Ls rührt mich oft im innersten Gcmüthe,

Zu seh'n, wie Meister Gottfried Zrauenlob
So himmelhoch in Herrlichkeit und Güte
Auf's piedestal die deutschen Zrauen hob!

D'rum hört mich jetzt: Sein treu Gedächtniß hüte,
Wer je in Deutschland Rosen stocht und wob —
Wer sich beguckt im Spiegel seiner Dichtung,

Der fühlt zum Gutsein förmlich die Verpflichtung!

Das gilt natürlich ditto für die Männer.

Die er gewöhnlich etwas derber zaust —

Schaut ihm nur näher in das Auge, wenn er
Luch angepackt mit harter Schweizerfaust,

Dann seht ihr: der Poet und Menschenkenner,

Der thut, als hält' er Linen gern geschmaust,

Lr ist au fond voll Nachsicht für die Schwachen
Und Liebe tönt, nicht Hohn in seinem Lachen!

Biedermeier mit ei

H. Rossmann

fleh' zu Soll, der jo die Saaten Val; er, unlre llotti zu wenden,

Und das lllenfchenherz berathen, Wolle Licht und Warme lenden

Bete lieih und immerdar, Und ein gutes Illenldienjahr!

Gottfried Heiler
Register
Biedermeier mit ei: Gottfried Keller
Hans Rossmann: Schnitterin
 
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