Ein Leib-Musikant
militoiten auf der Universität hatten ihn verulkt
»nd zum „Lolandi" gemacht auf ihren Kneipen,
die ttVifcer hatten ihn abseits liegen lassen und
die Männer ihn gar nicht bemerkt, so war er ein
furchtsamer, geduckter Mensch geworden und so
kam er, er wußte nicht wie, von der Schule in
die schule Aus de» fänden der Buben, die seine
Mitschüler waren, in die pände der Buben, die
seine Schüler waren. Denn die behandelten ihn
gerade so. Selten hatte ein Lehrer mehr von der
Bosheit feiner Discipel zn leiden als der pctcrl.
Bald hatten sie heraus, daß er sic fürchtete. wenn
einer recht frech war und ihn recht unverschämt
ansah oder gar anfuhr, da war der peterl still
und sagte: ,Setzen Sie sich! Setzen Sie sich!' und
Ihat, als hätte er die zuvor diktirte Strafe plötzlich
vergessen. Er fürchtete sich wirklich. Sogar so,
daß er immer einen Revolver in der Tasche mit-
trng. Denn er hatte schon mehrmals Fälle gelesen,
wo Schüler ihre Lehrer aus Rache über schlechte
Roten oder Strafen oder ein mißglücktes Examen
todtgestochen hatten, und so oft er so was las,
stellte er sich vor, daß es auch ihm paffiren könnte.
Mdcr wie leicht konnte ihn Nachts beim Nachhause-
gehn einer überfallen und aufspicßen wie einen
Schmetterling! Daher hielt er von Abends acht Uhr
ab, wenn er auf der Straße ging, die pand immer
krampfhaft in der Tasche, in welcher der Revolver
sauber eiugehüllt in einem Etui von grauem Leder
lag. So war der peterl! Nach all dem ist nur zu
verwundern, daß er doch zu einer Frau kam. Noch
dazu zu einer großen! Ich habe sie gesehn: ein
Mordsweibsbild, um zwei Köpfe größer als er!
Ich denke, der Respekt vor ihrer Größe, den er
wahrscheinlich wie immer unverhohlen zur Schau
gestellt hat, wird sie gerührt haben und drum hat
sie ihn genommen. Also er war verheirathet. Ich
weiß nicht wie lauge; doch er betete seine Frau
an. Denn erstens war sie seine Frau und zweitens
war sie die einzige Frau, die ihn nicht abseits
hatte liegen lassen. Aber leider, diese Frau war
eine Canaille oder eine „blonde Bestie" oder wie
Ihr sie nennen wollt. Sie hielt den guten peterl
für den Narren und vertrieb sich die Lust mit
Andern. Da war namentlich ein Assistent an dem-
selben Gymnasium, ein alter Corpsbursch, mit
vielen Schmissen im Gesicht, ein großer strammer
Kerl von äußerst bierehrlichem Aussehen, mit dem
hielt sie's besonders und allmählich wurde ihr klar,
daß sie „ohne ihn nicht leben könne". Nun war
ja der peterl zwar unschuldig wie ein neugebornes
Kind, aber es konnte doch Vorkommen, daß er
endlich etwas merkte, oder daß ihn ein guter
Freund mit der Nase darauf stieß — und dieß
war unangenehm. Nicht wegen der Scene, die
er machen würde als vielmehr wegen des — —
E. Stern (München>
Revolvers, den er in der Tasche trug. Die Frau
war nämlich pythagoräerin, sie haßte die Bohnen,
besonders die blauen, und so furchtsam der peterl
war, so könnte es doch pafsiren, daß sein Schieß-
eisen'einmal losging und zwar vielleicht grade im
Unrechten Moment, d. h, wenn sie sich mit ihrem
Liebhaber erwischen ließe! Daher beschloß sie, den
peterl zu eliniiniren. Und das ging sehr einfach.
Sie gewann eine Magd, die ein ähnliches „Luder"
war wie sie selbst und also herrlich zu ihr paßte.
Die Magd kam in den Dienst und begann bald,
den guten peterl zu poussiren. peterl war anfangs
verlegen, schüchtern, aber nach und nach schmeichelte
es doch seinem Kaninchengeniüth, daß sogar er
nun noch Eroberungen machte und sich am Ende
zu einer Art Dou Juan auszuwachsen Gelegenheit
hätte... Er, der peterl!! — Kurz und gut: im
richtigen Augenblick, als er eben auf dem Schooß
der Köchin saß und sich zärtlich von ihr um-
schlungen fühlte, erschien seine Frau in der Küche
wie der lupus in fabula. Sie siel zuerst in eine
gelinde Ghnmacht, dann in eine gelinde wuth,
d. h. sie spielte das mit der Routine einer Sarah
Bernhardt, dann verschloß sie die Thüren hinter
sich und ließ sich drei Tage nicht mehr sehen, und
dann kam sie wieder zum Vorschein und eröffnete
dem geknickten peterl, daß sie sich scheiden lassen
müßten. Und dabei blieb sie. Der peterl bat,
flehte, bethenerte seine Unschuld, rief die Magd
zur Zeugin auf — aber die Zeugin rettete ihn
nicht, sondern that so geheimnißvoll, daß man noch
zehnmal mehr vermuthen konnte als wirklich ge-
schehen war. Und schließlich hatten die beiden
Weiber den peterl soweit, daß er kein Wort mehr
zu widersprechen wagte, und nur bat, sie möchten
ihm wenigstens einige Monate Zeit lassen, sich an
den schrecklichen Gedanken der Scheidung zu ge-
wöhnen. Na, das konnten sie denn ja auch, Demi
einige Monate gings ohnedieß her, bis die Ge-
schichte in Drdnung war. Der peterl erklärte sich
für den schuldigen Theil und verpflichtete sich zu
allem, was man verlangte. Nur darum hatte er
seine Frau gebeten, daß sie ihn nicht von sich jage,
solange sie nicht geschieden seien-er fürchtete
das Alleinsein. Und sie hatte es ihm ebenfalls
großmüthig gewährt. Jede Nacht lagen sie in
ihrem Schlafzimmer, Bett neben Bett — und
drehten sich die Rücken zu.
Endlich kam der Tag der Scheidung, peterl
hatte sich eine andere Wohnung gemiethet, die
Frau sollte in der alten Wohnung bleiben, damit
sie nichts, auch rein nichts vermisse. So hatte es
der zerknirschte, reumüthige Gatte gewollt. Um
zwei Uhr Nachmittags waren sie geschieden. Die
Frau ging nach paus und der peterl wanderte
— zum erstenmal in seinem Leben — in ein
288
wirthshaus, um seinen Gram zu ersäufen. Bei
jedem Glas Bier wurde seine Seele leichter und
freier, und als er lange nach Mitternacht mit
einem schweren Affen durch die einsamen Straßen
ging, spürte er, zum erstenmale in seinem Leben,
keine Furcht mehr und keine Trauer. Im Gegen-
theil! Ihm war so wohl wie nie! Er fühlte Kraft,
Lebensmuth in sich, trällerte ein lustiges Liedchen
und wanderte im Zickzack fröhlich nach pause.
Er sperrte auf und ging die Treppe hinaus, öffnete
leise wie gewohnt die Korridorthüre und tastete
sich mit den Fingern bis an den Kleiderständer.
Dort hatte er immer die Stiefel ausziehin müssen,
um seine Theure nicht zu stören und der alten
Pflichtgewohnheit vergaß er nicht einmal in seinem
Rausch. Sachte, sachte, auf bestrumpften Zehen-
spitzen trippelte er daun ins Schlafzimmer, um
sich zu Bett zu legen. Aber lieber pimmel!
peterl! peterl!
In seiner Trunkenheit war er nicht in seine
neue, sondern in die alte Wohnung gegangen und
stand nun wieder wie sonst vor dem gemeinsamen
Bette.
Da lag seine Frau süß schlummernd in dem
ihrigen — — in dein seinigen aber lag der perr
Kollega vom Gymnasium mit dem äußerst bier-
ehrlichen Aussehen und sein narbendurchsurchtes
paupt ruhte auf dem Busen der großen Frau.
Er schnarchte wie ein Maulesel und sein Kopf
wogte bei jedem ihrer Athemzüge auf und ab wie
eine rothe Ankerboje im Meere.
Der peterl aber stand vor diesem idyllischen
Bild und bctiachtete cs durch seinen Nebel, als
säh' er eine Gespcnstererscheinung.
— Mißt Ihr, Iungens, als mir der peterl
das erzählte, da hätte ich gewünscht, daß Ihr ihn
gesehen hättet. Ihr würdet nicht mehr gelacht,
sondern Mitleid über ihn empfunden haben grade
wie ich.
.„peinzelmann," sagte er zu mir, „als ich die
zwei so liegen sah. da wußte ich zuerst gar nicht,
was eigentlich los war. Es war mir wie ein
Traum, wie ein vom Firniß verdorbenes Ge-
mälde, von dem ich gar nicht ergründen konnte,
was es vorstellte. Nur eine Ahnung hatte ich,
daß es mich anging. Und meine rechte pand, die
ich in die Tasche gesteckt hatte, kam in diesem
Augenblick au den Griff meines Revolvers. Sieh,
das war eine Eingebung des pimmels! ,Tot-
schießen muß man die Schweine, totschießen! ...'
rief eine Stimme in mir. Ich zog die pand aus
der Tasche und hatte die geladene Waffe in der
pand.--— CD Gott! CD Gott! Und da kam
das Unsägliche, dieses Tolle, widersinnige — siehst
Du, als ich das blanke Eisen sah, das da so kalt
und fürchterlich zwischen meinen Fingern lag und
den Tod eingeschlossen hielt — da — erfaßte mich
plötzlich die Furcht, es abzuschießen. Ich sah dieses
ruhig athmende, ahnungslos schlummernde Leben
vor mir und diesen regungslosen harten, nur eines
Fingerdrucks harrenden Tod, und ich stellte mir
vor, wie es nach dem ersten Schuß aussehen würde.
Diese Schreie, das Blut, das Röcheln und, wenn
ich sie nicht gut träfe, diese (Dual, die sich windende,
heulende (Dual halbtotgemarterter Wesen, die nicht
sterben können ... nein •— nein — das konnte ich
nicht thuu! Linen Metzger machen, pfui! Und
ich warf die Waffe auf ihr Bett — und entfloh,
als hätte ich sie wirklich ermordet!"
So erzählte der peterl und setzte hinzu: ,Aber
weißt Du, peinzelmann, das kam blos davon,
weil ich plötzlich nüchtern geworden war. Nüchtern
ist der Mensch ein Feigling, ein Ucbcrleger, ein
grübelndes altes Weib. Muth hat man nur, wenn
man betrunken ist. Und deshalb betrinke ich mich
immer. Denn das sollst Du sehen, jetzt wenn sie
mir begegnen würden, würde ich sie niederschießen!'"
Der Erzähler schwieg.
„Und glaubst Du, daß er cs thäte?"
„Gottbewahre!" lachte peinzelmann. „pöchstens
hätte er dann den Uluth, sie wieder zu heirathen.
Denn seine Furcht war vielleicht nur — seine
Liebe."
fl. De Dora
militoiten auf der Universität hatten ihn verulkt
»nd zum „Lolandi" gemacht auf ihren Kneipen,
die ttVifcer hatten ihn abseits liegen lassen und
die Männer ihn gar nicht bemerkt, so war er ein
furchtsamer, geduckter Mensch geworden und so
kam er, er wußte nicht wie, von der Schule in
die schule Aus de» fänden der Buben, die seine
Mitschüler waren, in die pände der Buben, die
seine Schüler waren. Denn die behandelten ihn
gerade so. Selten hatte ein Lehrer mehr von der
Bosheit feiner Discipel zn leiden als der pctcrl.
Bald hatten sie heraus, daß er sic fürchtete. wenn
einer recht frech war und ihn recht unverschämt
ansah oder gar anfuhr, da war der peterl still
und sagte: ,Setzen Sie sich! Setzen Sie sich!' und
Ihat, als hätte er die zuvor diktirte Strafe plötzlich
vergessen. Er fürchtete sich wirklich. Sogar so,
daß er immer einen Revolver in der Tasche mit-
trng. Denn er hatte schon mehrmals Fälle gelesen,
wo Schüler ihre Lehrer aus Rache über schlechte
Roten oder Strafen oder ein mißglücktes Examen
todtgestochen hatten, und so oft er so was las,
stellte er sich vor, daß es auch ihm paffiren könnte.
Mdcr wie leicht konnte ihn Nachts beim Nachhause-
gehn einer überfallen und aufspicßen wie einen
Schmetterling! Daher hielt er von Abends acht Uhr
ab, wenn er auf der Straße ging, die pand immer
krampfhaft in der Tasche, in welcher der Revolver
sauber eiugehüllt in einem Etui von grauem Leder
lag. So war der peterl! Nach all dem ist nur zu
verwundern, daß er doch zu einer Frau kam. Noch
dazu zu einer großen! Ich habe sie gesehn: ein
Mordsweibsbild, um zwei Köpfe größer als er!
Ich denke, der Respekt vor ihrer Größe, den er
wahrscheinlich wie immer unverhohlen zur Schau
gestellt hat, wird sie gerührt haben und drum hat
sie ihn genommen. Also er war verheirathet. Ich
weiß nicht wie lauge; doch er betete seine Frau
an. Denn erstens war sie seine Frau und zweitens
war sie die einzige Frau, die ihn nicht abseits
hatte liegen lassen. Aber leider, diese Frau war
eine Canaille oder eine „blonde Bestie" oder wie
Ihr sie nennen wollt. Sie hielt den guten peterl
für den Narren und vertrieb sich die Lust mit
Andern. Da war namentlich ein Assistent an dem-
selben Gymnasium, ein alter Corpsbursch, mit
vielen Schmissen im Gesicht, ein großer strammer
Kerl von äußerst bierehrlichem Aussehen, mit dem
hielt sie's besonders und allmählich wurde ihr klar,
daß sie „ohne ihn nicht leben könne". Nun war
ja der peterl zwar unschuldig wie ein neugebornes
Kind, aber es konnte doch Vorkommen, daß er
endlich etwas merkte, oder daß ihn ein guter
Freund mit der Nase darauf stieß — und dieß
war unangenehm. Nicht wegen der Scene, die
er machen würde als vielmehr wegen des — —
E. Stern (München>
Revolvers, den er in der Tasche trug. Die Frau
war nämlich pythagoräerin, sie haßte die Bohnen,
besonders die blauen, und so furchtsam der peterl
war, so könnte es doch pafsiren, daß sein Schieß-
eisen'einmal losging und zwar vielleicht grade im
Unrechten Moment, d. h, wenn sie sich mit ihrem
Liebhaber erwischen ließe! Daher beschloß sie, den
peterl zu eliniiniren. Und das ging sehr einfach.
Sie gewann eine Magd, die ein ähnliches „Luder"
war wie sie selbst und also herrlich zu ihr paßte.
Die Magd kam in den Dienst und begann bald,
den guten peterl zu poussiren. peterl war anfangs
verlegen, schüchtern, aber nach und nach schmeichelte
es doch seinem Kaninchengeniüth, daß sogar er
nun noch Eroberungen machte und sich am Ende
zu einer Art Dou Juan auszuwachsen Gelegenheit
hätte... Er, der peterl!! — Kurz und gut: im
richtigen Augenblick, als er eben auf dem Schooß
der Köchin saß und sich zärtlich von ihr um-
schlungen fühlte, erschien seine Frau in der Küche
wie der lupus in fabula. Sie siel zuerst in eine
gelinde Ghnmacht, dann in eine gelinde wuth,
d. h. sie spielte das mit der Routine einer Sarah
Bernhardt, dann verschloß sie die Thüren hinter
sich und ließ sich drei Tage nicht mehr sehen, und
dann kam sie wieder zum Vorschein und eröffnete
dem geknickten peterl, daß sie sich scheiden lassen
müßten. Und dabei blieb sie. Der peterl bat,
flehte, bethenerte seine Unschuld, rief die Magd
zur Zeugin auf — aber die Zeugin rettete ihn
nicht, sondern that so geheimnißvoll, daß man noch
zehnmal mehr vermuthen konnte als wirklich ge-
schehen war. Und schließlich hatten die beiden
Weiber den peterl soweit, daß er kein Wort mehr
zu widersprechen wagte, und nur bat, sie möchten
ihm wenigstens einige Monate Zeit lassen, sich an
den schrecklichen Gedanken der Scheidung zu ge-
wöhnen. Na, das konnten sie denn ja auch, Demi
einige Monate gings ohnedieß her, bis die Ge-
schichte in Drdnung war. Der peterl erklärte sich
für den schuldigen Theil und verpflichtete sich zu
allem, was man verlangte. Nur darum hatte er
seine Frau gebeten, daß sie ihn nicht von sich jage,
solange sie nicht geschieden seien-er fürchtete
das Alleinsein. Und sie hatte es ihm ebenfalls
großmüthig gewährt. Jede Nacht lagen sie in
ihrem Schlafzimmer, Bett neben Bett — und
drehten sich die Rücken zu.
Endlich kam der Tag der Scheidung, peterl
hatte sich eine andere Wohnung gemiethet, die
Frau sollte in der alten Wohnung bleiben, damit
sie nichts, auch rein nichts vermisse. So hatte es
der zerknirschte, reumüthige Gatte gewollt. Um
zwei Uhr Nachmittags waren sie geschieden. Die
Frau ging nach paus und der peterl wanderte
— zum erstenmal in seinem Leben — in ein
288
wirthshaus, um seinen Gram zu ersäufen. Bei
jedem Glas Bier wurde seine Seele leichter und
freier, und als er lange nach Mitternacht mit
einem schweren Affen durch die einsamen Straßen
ging, spürte er, zum erstenmale in seinem Leben,
keine Furcht mehr und keine Trauer. Im Gegen-
theil! Ihm war so wohl wie nie! Er fühlte Kraft,
Lebensmuth in sich, trällerte ein lustiges Liedchen
und wanderte im Zickzack fröhlich nach pause.
Er sperrte auf und ging die Treppe hinaus, öffnete
leise wie gewohnt die Korridorthüre und tastete
sich mit den Fingern bis an den Kleiderständer.
Dort hatte er immer die Stiefel ausziehin müssen,
um seine Theure nicht zu stören und der alten
Pflichtgewohnheit vergaß er nicht einmal in seinem
Rausch. Sachte, sachte, auf bestrumpften Zehen-
spitzen trippelte er daun ins Schlafzimmer, um
sich zu Bett zu legen. Aber lieber pimmel!
peterl! peterl!
In seiner Trunkenheit war er nicht in seine
neue, sondern in die alte Wohnung gegangen und
stand nun wieder wie sonst vor dem gemeinsamen
Bette.
Da lag seine Frau süß schlummernd in dem
ihrigen — — in dein seinigen aber lag der perr
Kollega vom Gymnasium mit dem äußerst bier-
ehrlichen Aussehen und sein narbendurchsurchtes
paupt ruhte auf dem Busen der großen Frau.
Er schnarchte wie ein Maulesel und sein Kopf
wogte bei jedem ihrer Athemzüge auf und ab wie
eine rothe Ankerboje im Meere.
Der peterl aber stand vor diesem idyllischen
Bild und bctiachtete cs durch seinen Nebel, als
säh' er eine Gespcnstererscheinung.
— Mißt Ihr, Iungens, als mir der peterl
das erzählte, da hätte ich gewünscht, daß Ihr ihn
gesehen hättet. Ihr würdet nicht mehr gelacht,
sondern Mitleid über ihn empfunden haben grade
wie ich.
.„peinzelmann," sagte er zu mir, „als ich die
zwei so liegen sah. da wußte ich zuerst gar nicht,
was eigentlich los war. Es war mir wie ein
Traum, wie ein vom Firniß verdorbenes Ge-
mälde, von dem ich gar nicht ergründen konnte,
was es vorstellte. Nur eine Ahnung hatte ich,
daß es mich anging. Und meine rechte pand, die
ich in die Tasche gesteckt hatte, kam in diesem
Augenblick au den Griff meines Revolvers. Sieh,
das war eine Eingebung des pimmels! ,Tot-
schießen muß man die Schweine, totschießen! ...'
rief eine Stimme in mir. Ich zog die pand aus
der Tasche und hatte die geladene Waffe in der
pand.--— CD Gott! CD Gott! Und da kam
das Unsägliche, dieses Tolle, widersinnige — siehst
Du, als ich das blanke Eisen sah, das da so kalt
und fürchterlich zwischen meinen Fingern lag und
den Tod eingeschlossen hielt — da — erfaßte mich
plötzlich die Furcht, es abzuschießen. Ich sah dieses
ruhig athmende, ahnungslos schlummernde Leben
vor mir und diesen regungslosen harten, nur eines
Fingerdrucks harrenden Tod, und ich stellte mir
vor, wie es nach dem ersten Schuß aussehen würde.
Diese Schreie, das Blut, das Röcheln und, wenn
ich sie nicht gut träfe, diese (Dual, die sich windende,
heulende (Dual halbtotgemarterter Wesen, die nicht
sterben können ... nein •— nein — das konnte ich
nicht thuu! Linen Metzger machen, pfui! Und
ich warf die Waffe auf ihr Bett — und entfloh,
als hätte ich sie wirklich ermordet!"
So erzählte der peterl und setzte hinzu: ,Aber
weißt Du, peinzelmann, das kam blos davon,
weil ich plötzlich nüchtern geworden war. Nüchtern
ist der Mensch ein Feigling, ein Ucbcrleger, ein
grübelndes altes Weib. Muth hat man nur, wenn
man betrunken ist. Und deshalb betrinke ich mich
immer. Denn das sollst Du sehen, jetzt wenn sie
mir begegnen würden, würde ich sie niederschießen!'"
Der Erzähler schwieg.
„Und glaubst Du, daß er cs thäte?"
„Gottbewahre!" lachte peinzelmann. „pöchstens
hätte er dann den Uluth, sie wieder zu heirathen.
Denn seine Furcht war vielleicht nur — seine
Liebe."
fl. De Dora