1903
JUGEND
Nr. 23
: f D
*
Oolomiten-CDärchen
Jul. Diez (München)
ein Scbiffsjungenbrief
„Liebe Eltern, Ihr fragt, wie mir's geht? —
<v famos!
U» so gut wie noch niemals an Landl
Beinah gar nix zu thun un beständig was los —
Hei das Leben auf Sec is brillant 1
Der Laptän, na ja freilich, is bannig streng,
Un der Stürmann is mich »ich jrün,
Un die Rojen, wißt Ihr, sinn bische» eng,
Un statt Butter gibt« Margarin.
Un die Rost überhaupt is nich ganz wie zu Haus,
Un manchmal sinn Räfcr mang,
Un en bischen sehr zeitig müjsen wir raus,
Un die Nachtwachen dauern oft lang ...
Aber sonst is cs, sag ich Euch, riesig-scharmant,
Un schickt mir um Alles kein Geld,
Denn als Schiffsjung darf ich doch
niemals an Land
Un mit 3cug bin ich gut noch bestellt.
Nur die Stiefel sind futsch un die Wäsche auch
(Mir gestohlen sammt Gelzcug un Bett!)
Un ein dicker Anzug is all was ich brauch
Un allenfalls »och ein Iackct.
Doch adjcs! Ich will jetzt zum Stewart mal
Un ihm Grüße von (Du richten aus,
(In ihr Bild is er näinlich vcrfchsffcn total) —
Vielleicht schlag 'neu Grog ich heraus!"
fsssbincler
4i i
Liebe Jugend I
In einem schwäbischen Dörfleiu hält der neue
Pfarrer, der ein herzlich schlechter Prediger ist,
seine erste Sonntagspredigt und bemerkt, wie ein
ältliches Frauchen, das erst ziemlich lange achtsam
auf ihn geschaut, plötzlich zu schluchzen beginnt
und während der ganzen Predigt nimmer aufhört.
Gerührt — er schätzt das natürlich als Wir-
kung seines gehaltvollen Vortrags — beschließt
der Pfarrer, sie nach dem Gottesdienst anzusprechen.
„Na, Mütterchen," sagt er, „fehlt Euch was,
weil Ihr heut während der Predigt so g'wcint
habt?"
„Noi, noi, Hochwürden," erwidert d'rauf das
Weibchen, „aber wissas Hochwürden, mir laut an
au Buawa Gcischtli wera, und wenn der amal
das Predigen it bessa ka, haut mir 's Geld
umsonscht ausgeba!"
JUGEND
Nr. 23
: f D
*
Oolomiten-CDärchen
Jul. Diez (München)
ein Scbiffsjungenbrief
„Liebe Eltern, Ihr fragt, wie mir's geht? —
<v famos!
U» so gut wie noch niemals an Landl
Beinah gar nix zu thun un beständig was los —
Hei das Leben auf Sec is brillant 1
Der Laptän, na ja freilich, is bannig streng,
Un der Stürmann is mich »ich jrün,
Un die Rojen, wißt Ihr, sinn bische» eng,
Un statt Butter gibt« Margarin.
Un die Rost überhaupt is nich ganz wie zu Haus,
Un manchmal sinn Räfcr mang,
Un en bischen sehr zeitig müjsen wir raus,
Un die Nachtwachen dauern oft lang ...
Aber sonst is cs, sag ich Euch, riesig-scharmant,
Un schickt mir um Alles kein Geld,
Denn als Schiffsjung darf ich doch
niemals an Land
Un mit 3cug bin ich gut noch bestellt.
Nur die Stiefel sind futsch un die Wäsche auch
(Mir gestohlen sammt Gelzcug un Bett!)
Un ein dicker Anzug is all was ich brauch
Un allenfalls »och ein Iackct.
Doch adjcs! Ich will jetzt zum Stewart mal
Un ihm Grüße von (Du richten aus,
(In ihr Bild is er näinlich vcrfchsffcn total) —
Vielleicht schlag 'neu Grog ich heraus!"
fsssbincler
4i i
Liebe Jugend I
In einem schwäbischen Dörfleiu hält der neue
Pfarrer, der ein herzlich schlechter Prediger ist,
seine erste Sonntagspredigt und bemerkt, wie ein
ältliches Frauchen, das erst ziemlich lange achtsam
auf ihn geschaut, plötzlich zu schluchzen beginnt
und während der ganzen Predigt nimmer aufhört.
Gerührt — er schätzt das natürlich als Wir-
kung seines gehaltvollen Vortrags — beschließt
der Pfarrer, sie nach dem Gottesdienst anzusprechen.
„Na, Mütterchen," sagt er, „fehlt Euch was,
weil Ihr heut während der Predigt so g'wcint
habt?"
„Noi, noi, Hochwürden," erwidert d'rauf das
Weibchen, „aber wissas Hochwürden, mir laut an
au Buawa Gcischtli wera, und wenn der amal
das Predigen it bessa ka, haut mir 's Geld
umsonscht ausgeba!"