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Nr. 24

T

mag Euch merkwürdig Vorkommen, Kinder, aber
es ist so. Er hat das aus Scherz unzählige Male
gethan. Nach und »ach kam er völlig herunter
und mußte eine Stellung in einem Kuriositäten-
Kabinet annehmen, wo er sich als „Der lebende
Spiritus-Brenner" sehen ließ. Er pickte sich zwölf
Löcher in die Haut der Brust, zündete seinen
Spiritus an, that ein Gestell mit einem Kesselchen
darüber und kochte sich zwei Eier darin, die er
verspeiste.

Wer weiß, wie lange das noch so weiter ge-
gangen wäre. Aber eines Abends siel Onkel Ha-
bakuk daheim gegen einen glühenden Ofen und
explodirte mit einem furchtbaren Krach. Das Haus
gerieth in Brand. Als das Feuer gelöscht war,
fand sich keine Spnr von Onkel Habakuk. Habt
Ihr's nicht in der Zeitung gelesen? Das wundert
mich aber!"

3m GefSngmss

Lin Geigenton im Abendwind —
Woher? Wohin? Wer könnt' ihn fangen?
Sie schreiben mir: „Dein liebes Kind
Ist heute wieder fortgegangen."

Ich weine nicht. Ich fühle blos
Den dumpfen Druck, daß ich noch lebe.
Und starre kalt und seelenlos
Durch meiner Zelle Lisenstäbe.

In meinem Hirne schnurrt und spinnt
Des Denkens nimmermüde Spindel.

Und droben flattert hoch im Wind
Lin Wölkchen wie 'ne Kinderwindel.

Bist Du's? R?ir wird so weh, so weh!
So kam er doch, der Nimmersatte,

Der Fährmann von dem dunkeln See,
Und holte dich, eh' ich dich hatte!

Edgar Steiger

Die 3deciIiHrung der Sinne

In einer Kritik der Schrift von W. Hellpach
„Nervosität und Kultur" macht Herr Paul
Julius Möbius in Leipzig — der Vater des
physiologischen Schwachsinns weiblicher Güte —
folgende tiefsinnige Bemerkung:

„Nun »och ein paar Worte über Kunst. Der
Verfasser verdenkt es mir, daß ich von manchen Er-
scheinungen der modernen Kunst schlecht gesprochen
habe. Aber ich habe cs einfach deshalb gethan, weil
das spccisisch Moderne mir widerlich ist, nicht
weil ich etwa glaubte, die Kunst mache gesund oder
krank. Kunst ist immer Oberfläche, Symptom, nicht
Ursache. Man spricht immer von den Gedanke» der
Künstler. Gewiß kann zufällig ein Künstler Denker
sein, aber im Allgemeinen ist es nicht so, und die
Künstler als solche haben gar keine Gedanken.
Sie verbreiten nur die vorhandenen Gedanken und
bringen sie dem großen Hausen naher. Auch
die modernen Künstler haben keine Ge-
danken, sie nähren sich von denen Feuerbach's,
Schopenhauer's, Nictzsche's, von naturwissenschaft-
lichen Brocken u. s. w."

Nun, Herrn Möbius „als solchen" will ich heute
nicht bekämpfen; seine ganze Entartungspsycho-
logie ist weiter nichts als eine Fahrt auf der
Rutschbahn des Pessimismus. Wohl aber halte
ich mich verpflichtet, der geradezu beleidigenden
„Gedankenlosigkeit der Künstler"entgegen-
zutreten, bevor das neue Schimpfwort zur Mode-
thorhcit wird.

Ich bin nämlich der Ansicht, daß es nicht nur
philosophische und religiöse, sonder» auch akust-

Fritz Eiler (München)
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