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Nr. 30

JUGEND

1903

den Oberförster. Vor allem lassen Sie sich's selbst
recht gut gehen.

Frau Jung: Un mir winsche Ihne alles vom
Beste un Scheenste, was sich a junger Mensch wie
Sie, winscht.

Katherine: Mir zwa aach!

Andreas (gerührt): Danke — danke!

Katherine: So kenne Se net geh, warte Se!

Andreas: Was ist denn los?

Katherine (hat die Wichsbürste geholt, knieet
vor ihm nieder und polirt die Stiefel).

Andreas: Ist denn das nöthig, Katherine?

Frau Jung: Mach a zu!

Katherine: Ich kann net uff — vor Schrecke!

Frau Jung: Verdrehtes Ding, was hast Du?

Katherine: Ei, Ihre Sonntagshos hangt zum
Lüfte drowwe uffem Boden! (Sie springt auf und
läuft in die Küche.)

Frau Jung (am Fenster): Franz! Schlepp
die Dasch Widder rei!

Andreas uneben Frau Jung): Nein, Franz,
dort lassen! (An der Küche, schreit): Katherine!
Ich habe sie mir ja schon selber geholt!

Frau Jung (an der Küchenthür): Katherine!
Se is da! Es werd Zeit, Herr Baus!

And re as: Adieu, Frau Jung (gibt ihr die Hand).

Frau Jung: Adjes, aach.

Andreas: Es eilt jetzt. Wo steckt sie denn?

Frau Jung (ruft): Katherine!

Katherine (prallt gegen sie).

Frau Jung: Paß doch uff!

Andreas: Adieu Katherine.

Katherine: Adjes aach (gibt ihm die Hand).

Andreas: Deine Hand ist naß.

Katherine: Ich Hab se gewäsche (trocknet sie).

Andreas: Jetzt aber fort —

Katherine (schreit): Haalt! (Holt eine Kleider-
bürste vom Wandgestell): Sie saan ganz fleckisch
uffem Buckel! (Bürstet ihn aus).

Frau Jung: Hawe Se was zu bestelle for die
kla Bertha, driwwe die beim Wirth?

Andreas: Da sieh mal einer an! Das haben
Sie also auch bemerkt, Frau Jung! Ihre Augen
sind scharf!

Katherine (zwischen durch): Also adjes, Herr
Baus, lewwe Se woll! (Halt ihre Hand hin).

Andreas (ohne Katherine zu beachten): Das
ist allerdings ein süßes, blondes Fräuleinchen. Die
macht noch mal ihr Glück, die schelmische Bertha!
Wenn sie lacht — die Grübchen — und die Locken!

Frau Jung: Der Vatter is a wischter Gesell!
Paßt hellisch uff die Klaane uff!

Katherine: Adjes, Herr Baus, lewwe Se
woll. (Hält die Hand hin.)

Andreas (ohne Katherine zu beachten): Die
Bertha bekommt Briefe aus Würzburg — ist da
schon was im Werden?

Frau Jung: Der Sohn vom Owerförschter —

Andreas: Was Sie sagen! — Nun wird's
höchste Zeit. Adieu Frau Jung!

Frau Jung: Net mit mir zesamme! Se gehn
verquetscht! (Schiebt Andreas zur Thür hinaus und
folgt hinterher.)

Katherine-(bleibt zurück, ruft): Adjes aach!
(Läuft an's Fenster und spricht hinaus): Derf ich

newwe her laafe bis zur Eisebah?-Adjes Herr

Baus! Se hawwe mer kei Hand gewwe! Fraz,
paß uff, der Schimmel lahmt! Jetzt fährt er ball
davo mit der alte Beitsch! Watt amal, Fraz!
(Sie sucht die Peitsche in der Küche und der Stube.
Inzwischen hört man das Abfahren des Fuhrwerks
und Lebewohl-Rufe. Nun hat sie die Peitsche ge-
sunden, stürzt an's Fenster und schreit): Adjes aach!

(Kleine Pause.)

Frau Jung (kommt durch die Küche mit einem
großen Geschirr voll grüner Bohnen, rückt drei
Stühle zurecht, stellt das Geschirr auf den mittleren.)

Katherine: Fort is er.

Frau Jung: Und hat der ka Kißsche gewwe!

Katherine: ?

Frau Jung: Verdreh die Aache net so! Ran!

Katherine: Ich maach net.

Frau Jung: Dann mäch die Kich fertig.

Katherine: Ich maach net.

Frau Jung (drohend): Beißt Dich was?

Katherine: Es stekket mer ebbes im Hals.

Frau Jung: A geh. Riehr Dich!

Katherine: Ich kaa net.

Frau Jung: Es dhut Der ewwe leid, daß
der Herr Baus fort mächt.

Katherine: Glaab ich net.

Frau Jung: Dei Mutter sacht ders.

Katherine: Wär ich nur mitgelaafe!

Frau Jung: Kimmst De nu! Ich zeich Der,
wie mers los werd.

Katherine: Is des Liebesweh? (Setzt sich zur
Mutter.)

Frau Jung: Des is eins. Schneid die Bohn,
wie ich Ders vormach — ääns, zwä, drei guckemal
richtig her! E halb Stun mächstde so hin.

Katherine (schneidet Bohnen): Ich Hab halt
immer gedacht, Liebesweh sitzt im Kopp!

Frau Jung: Des verspiehrt mer iwerall. —

Katherine (munterer): We ma net dra denkt!

Frau Jung: Heer Du nur uff Dei Mutta!

Katherine: Mutta, ich muß so lache iwwer de
Herre Baus. Krumme Bää, wie ä Däckel!

Frau Jung: Des is recht! Ich wer Der helfe!
(Sie lachen. Man hört den Pfiff einer Lokomotive.)

Katherine (schluchzend): Es hat — gepiffe!

Frau Jung (gutmüthig): Dhu De Kopp weg,
Mädche, flenn mer net in die Bohne!

Katherine (weinend): Nu — krie — ich —
Leib-Schmirz!

Frau Jung: Des hawwe all jung Gäns.
(Tröstend): Dei Mutta hat drei Liebste gehätt.
Schau mich nur a. Der erscht hat mich nur a kla
wenig gern gehätt — der zwäat schont a kla wenig
meer; (kleine Pause) der dritt hat mich geheurath.

Katherine: Hast De dieAnnere vergesse kenne?

Frau Jung: Nadiehrlich.

Katherine (athmet auf): Jbermorje kimmt der
nei Sommergast! —

Frau Jung: Des is a feiner Bub! Helle blond!

Katherine (vergnügt): Ich frei mich uff en —

Frau Jung: Bergeß de Herr Baus — eil
Dich! (Pufft sie in die Seite.)

Katherine (schreit): Mutta! — Ich hawn ver-
gesse!

Andreas (steckt den Kopf zum Fenster herein,
gedrückt): Guten Tag, da bin ich wieder.

Frau Jung: Jeses-Maria! i zu-

Katherine (jauchzt): Des Gewitter! / gleich

Andreas: Der Zug war schon fort. (Steigt
durchs Fenster herein.)

Katherine (jubelnd): Er kimmt gla durchs
Fenster!

Andreas (sitzt aus dem Fensterbrett): So ein
Pech!

Münchner Hindi nach der Keich$taa$wahl

„T Hab' allweil g'moant, i hakt' a schwarz G'wandl!"

Katherine (tanzt herum): Mer hatte Sie scho
vergesse gehätt!

An drea s (traurig): Ist das wahr, Frau Jung?

Katherine (um ihn herum): Nu sei mer awwer
ganz glicklich, daß Se Widder da sin!

Andreas: Morgen früh reise ich aber ganz
bestimmt.

Katherine: Awer erscht gange mer uff die
Wies'!

Andreas (aufmerksam): Du bist ja ganz wie
verwandelt, Katherine!

Katherine (schreit): Uff die Wies'! Uff die Wies'!

Frau Jung: Laß des Gekrische, Du iwwer-
geschnappt Seel!

Andreas (erstaunt): Was sollen wir dort?

Katherine: Da wern mir zwaa amal grindlich
Abschied von enanner nemme!

Andreas (stutzt): Wie?

Katherine (wirft sich gegen ihn): Uff die Wies'!

Andreas: Aber Katherine, schämst Du Dich
nicht!

Katherine (bittend): Morje frieh um a sechse!

Andreas: Meinetwegen. Aber um 8 Uhr —
reise ich.

Katherine (verzückt): Mir zwaa allei-!

Frau Jung: Da hat Dei Mutta a noch e Word
mitzuredde. — Ich geh aach mit uff die Wies'!

Andreas: Sie auch? — Ach, das wird ja
reizend!

Vorhang.

Zugend von heute

Der zehnjährige Franzi kommt freudestrahlend
aus der Schule:

„Papa, heut' bin ich dem Verein in unserer
Klasse beigetreten! weißt, zur Erforschung
des menschlichen Ursprungs!"

Naniburgisck-6iig1isch

Ein englischer Matrose hatte in einer Ham-
burger Kellerwirthschaft zu viel des Guten gethan.
Schwer beladen, daß ihm der Sprit fingerstark
aus den Augen läuft, schwankt er hinaus und ver-
sucht die Kellertreppe hinan zu klettern. Fast oben,
stürzt er und zerschlägt hierbei eine Scheibe.

Wüthend fährt der Hamburger Wirth auf
ihn ein:

„You plague nciu man ! You pult down in my
Kellerlock and breek kaput al my Finsterschieben!
betohl you me, or ick hau you blau Kittoog I"

Schlau

vertraute: lvie hast Du es denn angestellt,
daß sich der zaudernde Graf endlich erklärte?

Erbin: Nun, wir waren doch auf einer Ge-
birgstour zusammen, und da rief ich an einer
Stelle mit sechsfachem Echo: Ich Hab' 'ne Million!
Als das Echo zum fünften Male Million!* ant-
wortete, war der gräfliche kfeirathsantrag heraus.

Zur Pfycftologie der üliindiner Volksfeele

(Erlauschtes)

Es ist Viertel über ein Uhr — Mittags. Ein
wohlgenährter Maurer, der sich beim Mittagessen
versäumt, läuft schwitzend und keuchend an mir vor-
bei mit dem Ausruf: r .

„Laufen, laufen mußt a no zu der Arbeit,
üatt daß's di vierspännig abholen thäten!

Sckerzfrage

welcher Confession ist der Ritter Mlaf in
dem bekannten Herder'schen Gedichte beizuzählen? —

Der mosaischen; denn er antwortet auf die
Frage: , . _

„warum ist Dein Antlitz so blaß und bleich? '
mit der Wendung:

„was soll es Nichtsein blaß und bleich? '
Register
Arpad Schmidhammer: Das Münchner Kindl nach der Reichstagswahl
[nicht signierter Beitrag]: Jugend von heute
[nicht signierter Beitrag]: Hamburgisch-englisch
[nicht signierter Beitrag]: Schlau
[nicht signierter Beitrag]: TZur Psychologie der Münchner Volksseele
[nicht signierter Beitrag]: Scherzfrage
 
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