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D

(Redaktionsschluss: 5. August 1903)

Spandaucr Recht!

Was der outen Sitte zur Bedrohung
Werden kann, ach! heutzutag geschieht's!
Und vor gänzlich schrecklicher Verrohung
Schützt uns nur die preußische Justiz!

Jüngst von einem Faktum, einem bösen,

Las ich wieder mit geheimem Grau'n:

Daß ein Herr in Spandau,

Namens Rosen,

Neulich einen.Gentleman verhan'n!

Letzterer hatte, um sie nothzuzüchten,
Rösens kleine Tochter. angepackt,

Und der hatte ohne viel Geschichten
Gleich voll Wnth ans Letztem losgehackt!

Daß er ihn so im Vergnügen störte,

War an sich wohl schon brutal genug,

Was sich aber sicher nicht gehörte,

War, daß er den Armen auch noch schlug!

Schmerzlich sah sich auch von diesen Schlägen
Der erwähnte Kinderfreund bewegt
Und er hat entrüstet dessentwegen,

Dann auch eine Klage angeregt:

Rosen zahlt jetzt dreißig Mark als Strafe,
Weil er zugehauen allzustark,

Und als Schmerzensgeld kriegt jener Brave
Netto 185 Mark!

Darum, wer auf leichte Art sein Brot sucht,
Nehnll in Spandau seinen Aufenthalt,
Dorten wird man für versuchte Nothzncht
Noch verhältnißmäßig gut bezahlt!

Hans

Mörchingen

Heilige Flamme, glüh, — glüh und erlösche

me

für's Vaterland!

Hn Daumarm

Zur Fusion der Rationalsocialen und der
Freisinnigen Vereinigung.

EinTt national und social,

Max Hagen Und jetzt, da Du den Krempel satt,
Erkürst Du Dir zum Leibjournal —
Mail)?— Das „Berliner Tageblatt"!

Cri-Cri

TderlicDe Inschrift auf den neubesemen Stuhl Petri

öon Kassian KltlibcnschäcU, ctulfelemakr

Vorbei ist die papstlose, die schreckliche Zeit! Die Sedisvakanz ist behoben!

Durch des Tonclaves unumstößlichen Beschluß sitzt auf Petri Stuhl ein neuer Unfehlbarer droben!
Die höhere Einsicht des heiligen Geistes hat uns bewahrt vor einem Pontifikat Rampollas gnädig
Und erkor statt des abgetakelten Staatssekretärs den Patriarchen von Venedig.

Er war just keiner aus der stolzen Reihe der allerersten Papstkandidaten,

Vielleicht ist man gerade deßhalb auf ihn in lobenswertster Einsicht gerathen,

Sintemalen die diplomatischen Schleicher und Streber und die Intriguanten, die klugen,

Dem wahren Ehristcnthum seit jeher schon genug unheilbare Wunden schlugen!

Der Lagunenstadt uraltes historisches Wahrzeichen ist gestürzt vor einem Jahre. —

Nunmehro erhebt sich aus, ihr ein neues lebendiges Denkmal der Geschichte als Träger der Tiare!
Mag auch der Campanile abermals ob all der Zauberpracht Venezias auf sich bauen,

Der Papst wird weder ihn noch seine einstige Heimath im Leben wieder schauen!

Ein tragisch Schicksal ist des Apostelfürsten mächtiger Schlüsselbund,

Er versperret des Vatikans fictivem Gefangenen der ganzen Erde Rund!

Ein Loos für müde Greise! Und draußen rauscht vorüber der Menschheit allgewaltiger Strom,

In einzelnen Bächen führt er, doch nie mehr mit seiner ganzen Fluth nach Rom!

wir wollen hoffen, daß Seine Heiligkeit Pio Decimo in Petri throno

Entschieden friedsämer regiere als sein hochseliger Namensvetter und Tollega Pio Nono.

Urti) beten wir inständig zum Beschluß dieser frommen Betrachtung-für die abgeblitzten Papabili,
Daß Gott sich ihrer erbarme und mit seinem Trost sie heimsuche in ihrer liefen Melancholie!

Es ist eine alte Geschichte: Hat eines todten Papstes Stirn berührt des Tamerlengo Kammer,

Gibt^s stets nur wieder einen lebendigen Papst! Den übrigen Eminenzen bleibt ein

lebenslänglicher Aatzenjamwer!

ver Schimpanse

Den Professoren Otour und wetschnikoff ist es
gelungen, den Schimpanse für das Syphilisgift em-
pfänglich zu machen. Frühere ähnliche versuche
Prof. Keumanns mit Kapuzineraffen, Wolffs mit
Schweinen u. A. hatten sich als vergeblich erwiesen.

Ich bin nur ein Schimpanse, gewiß!

Doch das ist mir zu stark,

Daß jetzt die Menschen die Syphilis
Mir impfen in Blut und Mark!

Ich, der ich ein Leben grad' so brav
Und unbescholten geführt
wie jeder Kapuzineraff' —

Bin plötzlich nun infizirt.

Ich hätte zu Stolz und Zier gereicht
Dem frömmsten Zünglingsverein —
Nun soll ich auf einmal lustverseucht,
wie 'n Lebeaffe sein!

Nein, das ist mir entschieden zu dummi
Und Lines ist ganz infam:

Daß ich's im Laboratorium,
Nicht in der Liebe bekam!

Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH; Redaktion: F. v. OSTINI, Dr. S. SINZHE1MF.R, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion verantwortlich: Dr.S. SINZHEIMER.
G. HIRTH’s Kunstverlag. Verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlicli in München. Druck von KNORR & HIRTH, G. in. b. H., München.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
Register
Hanns (Hans): Spandauer Recht!
Cri-Cri: An Naumann
A. D. N.: Der Schimpanse
Max Hagen: Mörchingen
Kassian Kluibenschädl: Feierliche Inschrift auf den neubesetzten Stuhl Petri
 
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