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Nr. 41

« JUGEND .

(Redaktionsschluss: 30. September 1903)

Picbelswerder oder die rowe knie LeicKner irmmpkans vuell bekorm

Lin sozialdemokratisches Märchen, mit obiger
Zeichnung

Ls war einmal ein Redakteur des „vorwärts",
welcher durch die glänzenden Resultate der
Reichstagswahlen, so. illunrinivt wurde, daß er
von dem rechten Wege ab nach Pichelswerder
kam. Um den Kaiser zu ärgern, ging er immer
im Zickzack und als er vor sich den großen Teich
erblickte, rief er höhnisch: „Unsre Zukunft —
hpl— liegt auf dem Wasser!" Plötzlich
hörte er neben sich eine feine Stimme, die sprach:
„Det liggt se ooch! Kik man blos hin!" und als
er die Augen, soweit als es ihm möglich war,
aufsperrte, sah er neben sich eine riesige rothe
Lnte, in der Mitte des Sees aber ein großes
Schloß mit vielen Thürmen und Zinnen, und auf
den Wellen eine Unzahl Panzerschiffe, welche
direktemang auf ihn zukamen, und er rief voll
Angst: „Heiljer Bebel, wat soll denn det eijentlich
Heeßen?" - Darauf erwiderte die rothe Ente: „Das
ist das berühmte Kaiserschloß von Pichelswerder,
und wenn Du nich machst, daß De weiterkommft,
dann wirst De von die kaiserliche Flotte jefang'
jenommen und hinter de Wälle standrechtlich er-
schossen, wie det jerade jooooo Deiner Jenossen
passirt. Hörst De det Ieknatter von de Jewehr-
salven in de Ferne?" Und richtig hörte er ein
Geknatter und Geschnatter wie Pelotonfeuer und
sah die Panzerslotte schon näher und näher kommen,
da erfaßte ihn. eine unendliche Angst, so daß er
auf und davon laufen wollte, aber die brave rothe
Lnte hatte ihn schon huckepack jenommen und flog
mit ihm passe partout m die Redaktion des vor-
wärts und legte ihn dort sanft unter den Tisch.

Als er wieder bei sich war, erzählte er den
andern Genossen sein Abenteuer und sie setzten
sich hin und schrieben dann das Märchen vom
Schloß Pichelswerder oder von die rothe Lnte.

Und wenn Ihr brav seid, denn dürft Ihr
Sonntags mit Muttern rausjehn un et bekiken,
denn schlimm is et nich und wie der Rausch ver-
flogen war, so war et jar keen Schloß nich, son-
dern blos en Entenhaus und de Enten waren
nich mal so riesig wie de Blamasche von den,
wo se jedichtet hatte. A. »e Nora

Serbische Disziplin

Begleiter: „Dort kommt ein General!"

Serbischer Leutnant: „Ja, einer meiner
sogenannten Vorgesetzten!"

Heil! Die Stunde hat geschlagen,

Da ich Wagner ehren lietz,
wie inr Trauin ich es getragen,
wies nrein Wille ihnen wies.

Jubelnd fing ich diese Verse,

Besser ging's, als ich gedacht,

— Hei, was habe an der Börse
Für Furore ich genracht!

war der Staötverordnungskoller
Ueberhaupt der Rede werth,
wo doch selbst ein Hohenzoller
Das Familienfest beehrt?
wenn uns auch versagt die Gunst hat
Deshalb Ludwig Ferdinand:

— Münchens Niedergang als Kunststadt
Ist ja sowieso bekannt!

was die Sachverständigen sagen
Ist nur purer Neid — nran kennt's!
Glänzend Hab' ich doch geschlagen
Die Ba^reuther Konkurrenz!

Und gesehen hat die Kundschaft

Und nrein ganzes Personal,

was nrit Geld und seinenr Mund schafft,

wenn er will, der Prinzipal.

Helios

Zwischen August Bebel und Maximi-
lian Harden herrscht ein gespanntes
Berhältniß.

Gedicht von Maxi Mljung, Gymnasist

Als mein Vetter Hans vor ein paar Wochen
Linen, wo er mit gefachten hat,

Im Duell auf Schläger «abgestochen" —
packte ihn die yeil'ge Hermandad.

Und trotz eines eignen schweren Schmisses,
Den wo ihm fein Gegner beigebracht,

Ward in Folge dieses Vorkommnisses
Mit drei Jahren Festung er bedacht.

Wenn ich dieses einerseits bedenke,
Anderseits den Hüssener verfolg',

Welcher einfach aus dem Handgelenke
Seinen «abgestochen" mit dem Dolch —

Dann behaupt' ich: statt wie Dünngesölchte
Zu zerhacken sich in dem Duell,

War' es doch viel besser, man erdölchte
Jedesmal den Gegner auf der Stell'.

Dann bekommt man ein paar Jahre

Festung,

Grad als hätte man sich duelliert.
Aber man besitzt dabei die Tröstung,
Daßman selber niemalLNichts riskirt!

MveNchl der „Jugend"

S. k. Hoheit Prinz Lothstecken erwiesen sich
gestern als ein vorzüglicher Dauerwanderer. Höchst-
derselbe legte die Strecke von Memschitz bis Tafel-
bach — rund eine deutsche Meile — in einer Stunde
und 25 Minuten zurück. Gewiß eine respektable
Leistung, die selbst nichts durch die Thatsache verliert,,
daß der Prinz die größte Strecke des Wegs
von einem wüthenden Stiere verfolgt
wurde.

Dem famosen Weltfriedenscongreß in
Rouen hat ein von Kaiser Wilhelm II.
gezeichneter Entwurf zu einer Weltsriedens-
fahne Vorgelegen. Der Entwurf zeigt in sei-
ner Mitte die Inschrift Pax! Aber die eng-
lischen und amerikanischen Delegirten stimm-
ten dagegen. ,‘ -

Die angelsächsischen. Nationen wollen
offenbar die Devise „Pack’s!“ nur für sich
allein gelten lassen! — a —

Herausgeber : Dr. GEORG HIRTH; Redaktion: F. v. OSTINI, Dr. 8. SINZHE1MER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICH. Für die Redaktion verantwortlich: Dr. S. SINZHEIMER.
G. HIRTH’s Kunstverlag. Verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München. Druck von KNORR & HIRTH, G. m. b. H., Muncnen.
Register
[nicht signierter Beitrag]: Hofbericht der "Jugend"
Maxl Bierjung: Duell-Reform
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Pichelswerder oder die rothe Ente"
Helios: Leichner triumphans
A. De Nora: Pichelswerder oder die rothe Ente
Monogrammist Frosch: Bebel und Harden
[nicht signierter Beitrag]: Serbische Disziplin
-a-: Dem famosen Weltfriedenscongreß...
 
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