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Nr. 42

JUGEND

1903

O


CQaientag Gustav Bechler (München)

tr nehmen im Folgenden das Wort, da uns daran liegt,
Mißverständnisse und Irrthümer zu beseitigen, die sich
in der Geffentlichkeit über unsere Vereinigung gebildet haben
und chronisch zu werden drohen. Der vorwiegend wissenschaft-
liche Geist der Ureise, aus denen die Kritik hervorgeht, die
5ucht, das Gegenwärtige historisch betrachten zu wollen, die
Art, das lebendige zu sezieren, das werdende einzutheilen und
selbst das Zukünftige zu klassifizieren, macht es ihr oft unmöglich,
neben und mit dem Künstler zu marschieren und auf die Er-
scheinungen gefaßt zu sein, wie sie jedes im werden begriffene
Leben durch Fortschritt und Irrthum überraschend mit sich
bringen wird, wir sehen uns daher veranlaßt, Folgendes
festzustellen. .

Por Gründung der „Jugend" waren wir Alle mit unseren
malerischen Aufgaben beschäftigt und Keiner von uns hatte
noch für den Druck gearbeitet. Das graphische Unternehmen,
die „Jugend", bot uns willkommene Gelegenheit, auch diese
5eite unseres Wesens zu bethätigen, um so mehr, als der
Charakter der „Jugend" sich für rein malerische Probleme
der graphischen Kunst besonders eignete. Nun lasen wir plötz-
lich zu unserm Erstaunen, nachdem wir durch dieses weitver-
breitete Drgan bekannter geworden waren, daß wir sämmtlich

für die „Illustration" geboren seien, auch die, welche noch nie
für den Druck hatten arbeiten wollen oder müssen, plötzlich
sollten auch unsere Malereien, aus die man erst jetzt aufmerk-
sam wurde, vergrößerte Illustrationen sein. Merkwürdiger
weise hatte man ihnen diese Eigenschaft auf früheren Aus-
stellungen nicht angesehen. Statt daß man die deutschen illu-
strirten Zeitschriften vor Gründung der „Jugend" und des
„Simpliziffimus" betrachtet und erkannt hätte, daß wir in
Deutschland das malerische (Element in den Buchdruck erst
hineingetragen (selbstverständlich im Verein mit Anderen), daß
unsere Zeichnungen oftmals eigentlich Bilder waren, die graph-
isch verwerthet wurden, sollten unsere Malereien „große Drucke"
sein. Statt einzusehen, daß das, was man dekorativ nannte,
nur eine Art der Darstellung, dem Zweck und Stoff angepaßt
ist, meinte man mit diesem Schlagworte einem Werke den
Charakter einer oberstächlichen Leistung und künstlerischen Un-
vermögens anhängen zu dürfen.

Die Folge davon war, daß Reproduktionen von Staffelei-
bildern und von Wandgemälden, die schon längst der Archi-
tektur eingefügt waren, verwechselt wurden mit Einfällen, die
rein graphischer Natur sind. Umgekehrt sollte ein Bild ent-
werthet sein, weil der Maler auf seine ursprüngliche Idee

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Gustav Bechler: Maientag
"Die Scholle": Erklärung [ohne Überschrift]
 
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