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Nr. 51

. JUGEND

1903

GUeihnachten im GCtalde

iE. L. Hoess (Immenstadt)

Die Alte

Lange stand ich noch am Meere,

Auf dem hohen schmalen Steindamm,

Hörte kaum die lauten Wellen,

Sah nur immer in die weite,
wie das Schiff, das große, stolze.

Kleiner ward und immer kleiner.

Bis sich mir die Augen trübten.

Ach, dort fahren meine Kinder,

Meine großen starken Söhne,

Line brave Frau warb Jeder.

Tie mir lieb wie Töchter wurden.

Mit den Frau'n und ihren Kindern,

Meinen kleinen blonden Lnkeln,

Fahren sie in weite Fremde.

Meine kleinen blonden Lnkel
werd' ich niemals wieder küssen,

Meine Söhn' und Schwiegertöchter
Werden nicht mich Alte pflegen,

Nicht mein Grab mit Blumen schmücken.
Freundlich seid ihr wohl, ihr Nachbarn,
Grüßt mich, wie verwandte grüßen,

Aber Abends sttz' ich einsam,

Und allein geh' ich zur Kirche»

Bin wie fremd bald in der Heimath.

— Nein, nicht fremd! was schwatz' ich Alte!
Heimisch bin ich in der Heimath,

Mehr, als ich es je gewesen,

Mehr, als ich euch sagen könnte.

Hier mein Gärtchen vor dem Fenster,

Aus dem Hügel dort die Kirche.

Hinterm nahen Birkenwäldchen
Unser See, der stille, klare ---
Hätt' ich das entbehren können.

Schwämm' ich jetzt mit meinen Kindern
Schon dem neuen Land entgegen;

Aber weil zu fest die Wurzeln
Mich im alten Boden halten,

Muß ich nicht mit meiner Treu nur,

Muß ihn auch für meine Kinder
Und mit ihrer Treue lieben.

Ach, ihr wißt es ja, nicht Leichtsinn,

Auch nicht Armuth oder Schande
Trieb die Armen in die Fremde;

Was sie trieb, ihr wißt es Alle.

Alt bin ich und werde nimmer
Jener Knechtschaft schlimmste Tage,

Die sie fürchteten, erleben,

Und es wird an meinem Grab' noch
Unser guter alter Pfarrer
Finnische Gebete sprechen,

Nicht ein Pope russisch brummeln.

Hier wo meine Eltern liegen,
wo mein Mann mich längst erwartet,

Jn der lieben Heimatherde
V wie friedlich werd' ich schlafen;

Drüben, unterm fremden Nasen,

Ließe Sehnsucht mich nicht ruhn.

(Aus dem Finnischen v> Dr. K.)

Splitter

Muß man soviel Humor haben, um im
Schlechten (künstlerisch Schlechten; was geht den
Künstler die Moral an!) das Komische zu sehen?
Dreimal nein. Zuviel Humor ist unanständig.
Es muß Dinge geben, die man als schlecht-
riechend, widerwärtig, erkältend und als sonst
nichts empfindet. Wilhelm Waliher Krug

Wenn Du mich liebst..

Du bisf in meine macht gebannt,

Sch halte Dich, Du ftfiönes Weib,

Und wenn ich fchlösse meine Band,
Umlchlöf}’ ich Dich mit Seel’ und treib J

Und doch, sieh her, ich will es nicht!
Rieht meine Sklavin sollst Du sein!

Ich will, dah Deine Rippe spricht
Hus freien Stucken: Sch bin Dein!

£h’ nicht Dein Rlund in heisser Rust
Von selber mir entgegenglüht,

6h’ nicht Dein flrm an diese Brust
mich liebestrunken niederzieht —

nicht eher sollst Du werden mein!

Denn ich will stärker sein als Du
Und Dich verdanken Dir allein!

— Wenn Du mich liebst, fliegst Du mir zu ...

A. de STora

Gedanken

Es gibt Petit anderes Glück auf der Welt,
nach dem wir die Hände ausstrecken dürfen,
als Glückswürdigkeit.

Es ist eine rührende Eigentümlichkeit der
Männer, ihren Frauen auch die Freunde zu-
zufübren, durch die sie selber in Schatten gestellt
werden. Ob das je eine Frau mit einer
Freundin that? Zeno


ii
Register
Monogrammist Frosch: Nuditäten-Flucht
Wilhelm Walther Krug: Splitter
Unbekannt, finnisch: Die Alte
A. De Nora: Wenn Du mich liebst..
Eugen Ludwig Hoess (Höß, Hoeß): Weihnachten im Walde
Zeno: Gedanken
 
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