Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die „Kölner Zeitung" tadelte kürzlich die undecente Art, wie sich die tanzenden paare
heutzutage beim Walzer und anderen Rundtänzen umschlungen hielten. Vor einiger Zeit sei denn
auch eine internationale Versammlung von Tanzlehrern zusammengetreten, in der beschlossen wurde,
auf die Einführung einer anderen, decenteren wethode hinzuwirken. —

Dbiges Bild zeigt einen von unserem Xedaktions-Knigge erfundenen Re-
formgürtel, der dem Uebel abhilft. Hoffentlich scheitert seine Einführung
nicht am widerstand der Damen!

Der Alte von Sedans

Ein Greis von Sedan, heimisch heut
Im Lande überm Meere,

Vernahm die Kunde, die sein Herz
Bedrückt mit Felsen-Schwere.

„Der Kaiser krank, der uns so noth!
Der Herr mög' u,is bewahren!

Der Kaiser und das deutsche Reich
Sind noch so jung an Jahren.

Er litt nicht, daß erschuf der Ruhm
Von siebzig trage Prasser.

Er sah, dal; hell die Zukunft lag
Dem Deutschen ans dem Wasser.

Und ob auch Hohn dem Michel ward,

Als er zur See wollt' gehen-

Heut läßt so manches ftolze Schiff
Die deutsche Flagge wehen.

Und wo ein starker deutscher Arm
Mit Sausen schwingt den Hammer,

Und wo mit Stift und Zirkel sinnt
Ein Deutscher in der Kammer,

Und wo der Kaufherr im Kontor
Plant kühn Eroberungsreisen,

Da spart der Kaiser Worte nicht,

Die Strebenden zu preisen.

Nicht enden Deutschlands Grenzen ihm

Bei den Alpen und den Belten-

Er reicht dem Deutschen seine Hand,

Wo deutsche Laute gelten.

Und spricht: ob Ihr im Süden wohnt,
Wo die Lüfte wehen linder.

Im Norden, wo das Eisfeld starrt,

Ihr bleibt Germanias Kinder!

Wie klang so schön, so groß das Wort,
Als wir's zuerst vernommen,

Wie stammt' das deutsche Herz uns auf.
Das sonst nur deutsch geglommen.
Herrgott von Sedan, liebst Du uns, '
Gönn' drum der Frucht den Samen:
Lang' leb' uns Deutschen überall
Wilhelm, der Deutsche — — Amen!"

*•) Henry F. Urban (New-Uork) sandte' ans
die obigen Strophen mit dem Bemerken: Das Gedicht
ist ein Ausdruck der Stimmung unter jenen Uebersee-
Deutschen, die, selbst wenn sie Bürger eines anderen
Landes geworden sind, sich deutsches Fühlen bewahrt
haben und im Kaiser den Vorkämpfer des Deutsch-
thums und der deutschen Rasse verehren.

Der Sündenboch

Einem Fremden fiel in Hinterfinsterrvast
der lebhafte Rainmerfcnstcrlvcrkchr auf
»Da har halt wieder fo a Reisender « j
lch"e ihn der Schwarze Aujust, „imwirst,
haus a ,Iuge„d< liegen lassenI"

Dm Tage Stubenarrest

Der deutsche Kronprinz hat für aktive SeHjeilij
ung an einer Steeplechase, bei der er als Zwei,»
durch's Ziel ging, drei Tage Stubenarrest erhalt

Drei Tage brummen, sagt die Disciplin,

Weil er als Prinz im Sattel hat geprotzt,
lim einmal sich im Siegesruhm zu sonnen.
Doch geht's wie dazumal bei Fehrbellin,

Als Prinz von Homburg dem Befehl getrotzt
llnd seinem großen Ohm die Schlacht gewönne».
Man kommandirt: „Mit dem Rebell in's Loch!«
Und brummt vergnüglich: „Schneidig war

es doch!«

Cri-Cri

Der Bildhauer fremiet in Paris

hat sein Jeanne d’Arc-®en!maI, das ihm in btii
Proportionen nicht geglückt schien, unter ei»
Vorwand vom Sockel nehmen und heinilich auj
eigene Kosten durch eine neue Arbeit ersetzen lass»
Wie man uns aus Berlin schreibt, sindseil-
dem dort vor dem Kaiser-Wilhelm-, dem Bis-
marck- und dem Richard Wagner-Denkmal
Doppelposten aufgestellt, weil man ähnliche Eigw
inächtigkeiten mit allen Mitteln verhindcm will

Vierzig neue Gendarmen

Der sächsische Landtag hat den Antrag, vichlz
neue Gendarmen nach Lrlmmitschau ins Streikgebl»
zu schicken, mit großer Majorität angenommen.

In Crimmitschau, da ivollen sie nicht,
llnd Niemand kann sie zwingen.

Sie möchten den Zehnslundcntag
Für ihre Kinder erringen.

Doch Crimmitschau liegt, Gott sei Dank!
Im schönen Lande Sachsen.

Dort sorgt man, daß die rothen Bäum'
Nicht in den Himmel wachsen.

Und predigen Professoren auch
Das Streikrecht all der Armen,
Wir lösen die sociale Frag'
Mit 40 neuen Gendarmen!

*V«sPc

Mabres ßesebiebteben

In dem höhereit Töchterinstitut gibt die vor
steherin ihren Zöglingen Regeln über öitle M
Anstand, „vor allen Dingen," sagt sie, ,,m«
man seine lvorte wägen, ein junges llladHl
darf nicht über alles sprechen. Ich gebe
eine goldene Regel'mit auf den Lebensweg, we""
Ihr über den Menschen sprecht, dann redet ubtt
ihn nur insoweit, als er beim Zitzen übe^
Tisch ragt! Alles was an ihm unter dem
ist, ist shocking!"

ßur imme

ln Breslau vor den
Erbebt der Angekiagt«
Veil ihm ein Richter!
„Sie frecher Lümm
Lr denkt: Bei den g
Da nmd's ja immer b>
Und sagt: „wenn Sie n
3ch haut' Ihnen ei
Ls sollten ihn für Ui
Deshalb drei Tage treß
Doch stimmten keinesw
Die toleranten Schöffen
Laßt Luch, Ihr Herre
Aus diesem Vorfall lehr
„Behandelt Angeklag
Ais ob's Geschworne

^4 2Ä1

^'3 feinen "J‘*l

Appetit!

18
Register
Wespe: Vierzig neue Gendarmen
Paul Rieth: Zeichnung zum Text "Tanzreform"
[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen
Henry F. Urban: Der Alte von Sedan
Cri-Cri: Drei Tage Stubenarrest
[nicht signierter Beitrag]: Der Sündenbock
[nicht signierter Beitrag]: Der Bildhauer Fremiet in Paris
[nicht signierter Beitrag]: Tanzreform
 
Annotationen