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JUGEND

Jn der jSonne

Max Bernuth (Elberfeld)

(Vorfrühking

DämmerdunKek rings umher!

(Ueöer öde Mintergrüfie
Greitek seine schmüken Oüfie
^rühkingsaöend dumpf und schwer.

<Mc> der Schnee getastet kang,

Sott erwachen neues OeKen:

Doch die Srde, statt zu geöen»

Harrt und sinnt noch trük und Lang.

Denkt sie, wie versunken sind
Ihre M^ze, ihre Maien?

Zögert sie, dem Tod zu weihen
Lluch ihr jüngstes, tiekstes Aind?

Hanns von Gumppenkerg

Pechvogok

Die Sterne, die am Himmel stch'n,

Die Mädchen, die am Sonntag geh'n,

Die Blümlein in dem Garten —

Die krieg ich all mein Lebtag nicht;

Da kann ich lange warten.

Die Häßlichen, die Reiner mag,

Die Prügel an dem Rirchweihtag,

Die Nesseln an dem Graben,

Die sind für mich, den Reine mag,

Die sind für mich zu haben.

Und fällt einmal ein Himmelslicht,

So bin ich dabei niemals nicht,

Und ist ein Schatz zu fassen —

Ich kann mich wenden, wie ich mag,

Dann thu ich es verpassen.

Ich Hab kein Glück und Hab kein Glück,
Und wenn ich mal ein Mädel krieg,

Die hälr's gewiß mit zweien:

Der Andre ist ihr Herzensschatz
Und ich, ich muß sie freien.

(Volkslied, aus dem Fremdenbuchs des „Gasthofs zum
Hochspeffart" zu Rohrbrunn)

Märchen

^ker alte Zwergkönig war endlich gestorben. Das
M heißt, was man bei den Zwergen so sterben
nennt. Er lag hinten in dem letzten großen Saale
auf seinem goldenen Bette und rührte sich nicht. Nur
ganz zusammengetrocknet war er, starr und steif ge-
worden und so klein, daß ihm die große schwere
Krone weit in das Gesicht hineingerutscht war. Aber
die drei kleinen Zwerge dursten sie nicht anfassen
und gerade schieben, denn das ging sie nichts an.
Sie wußten, nach vielen tausend Jahren würde der
Alte wieder aufwachen, sich strecken und dehnen,
kräftig und gesund sein und sein strenges Regiment
wieder antreten. Denn, wie gesagt, ganz mause-
todt wie wir Menschen wird so ein Zwergkönig nie.
Er legt sich einfach hin, ruht aus, und wenn seine
Zeit um ist, wacht er wieder auf und ist jung und
frisch. -

Die kleinen Zwerge standen um das Bett herum,
immer ein paar Schritte davon entfernt, denn sie
hatten auch jetzt noch Angst vor dem König. Ein
kleines bischen traurig waren sie ja, daß sie nun
allein waren, aber im Grunde war es ihnen doch
eine rechte Erleichterung und Freude, daß sich der
Alte nicht mehr rührte. Sie hatten lange aufgepaßt
und ihn angeguckt, es war ganz sicher aus mit ihm.

Nun brauchten sie nicht mehr zu arbeiten, konn-
ten endlich mal leben, wie es ihnen Spaß machte
und sich alles ansehen. Tagelang gingen sie in den
weiten Kammern und Sälen herum, wo die Edel-
steine und all das Gold lagen, das sie aus dem
Innern der Erde geholt hatten. Es war so viel
und leuchtete so, daß es im ganzen Berg hell war
davon. Nicht gerade taghell, aber man konnte doch
alles erkennen. Das genügte ihnen, denn sie wußten
es nicht anders, sie kannten kein anderes Licht.

Draußen im Freien, oben auf der Erde waren
sie noch nie gewesen. Der alte König hatte sie nie
hinausgelassen und den Schlüssel zum Ausgang des
Berges streng gehütet. Er hing immer cm seinen:
Thron, der jetzt dicht neben dem Bette stand. Denn
seit der Alte anfing einzuschrumpfen, war er bequem
geworden und hatte sich den Sessel dicht ans Bett
rücken lassen; er machte auch garnicht mehr Toilette,
behielt sein Nachthemd auf dem Thron an und die
Krone im Bette auf dem Kopfe. Aber auf den
Schlüssel zur Außenwelt da paßte er doch noch auf,
den ließ er nicht aus den Augen.

Nach und nad) bekamen die kleinen Zwerge immer
mehr Muth: sie beschlossen, sich den Schlüssel zu holen.
Auf den Zehenspitzen schlichen sie alle drei hin, nahmen
ihn eilig vom Nagel, rannten zur Pforte und steckten

ihn ins Schloß. Er drehte sich gar schwer darin,
sie mußten all ihre Kraft aufwenden, — Bum! da
gab es einen großen Krach und die Thür vom Berge
sprang auf. Sie fuhren erschrocken zurück und wären
beinah auf den Rücken gepurzelt, solch eine Hellig-
keit drang auf sie ein. Endlich hatten sich ihre Augen
etwas daran gewöhnt und sie traten heraus ins hohe
Gras. Das war noch ganz naß, denn es war früh
am Morgen. Sie nahmen sich bei den Händen und
kletterten eilig den kleinen Hügel hinauf, der ihren
Berg bildete. Wie sie endlich oben waren, setzten
sie sich ganz athemlos hin und guckten sich um. Nein,
war das eine Pracht! Eine leuchtend rothe Kugel
lag da vor ihnen, wie flüssiges Gold anzusehen. Aber
noch viel, viel schöner! Sie sahen nur den großen
glühenden Goldball vor sich, alles andere war ihnen
gleichgiltig. Die schönsten Blrnnen wuchsen rundum,
sie wiegten sich leise im Winde und dufteten würzig,
die Bienen summten darüber hin, die Käfer brummten
und krabbelten im Laub und der nahe Wald rauschte
geheinmißvoll und sein Dunkel lockte, — nichts, gar
nichts merkten sie von alledem. Sie sagten kein
Wort, rückten nur leise weiter und drehten die Köpfe,
immer dem großen Gold ball nach, der ganz lang-
sam am Himmel hinzuwandern schien. Endlich, sie
hatten viele Stunden gesessen, fiel er ganz da hinten
wo auf die Erde und verschwand. — Da kamen die
kleinen Zwerge erst wieder zu sich. Sie froren und
hatten Hunger, auch wurde es ihnen so unheimlich,
daß sie eilig den Hügel hinunterkollerten, um schnell
nach Hause zu kommen. Aber unten war das Thor
nicht, wie sie sich dachten, denn sie vergaßen ganz,
daß sie sich mit der Sonne gedreht hatten vom
Morgen bis zum Abend. Ihre kleinen Herzen
pochten in großer Angst, sie liefen und liefen ni»
den Hügel herum, bis sie endlich, — es war schon
fast Nacht, — an den Eingang kamen. Rasch huschten
sie hinein und warfen die Thüre hinter sich zu.

Als aber einige Wochen vergangen waren, dn
ängstigten sich die Kleinen nicht mehr, wenn sie uu
Freie gingen. Jeden Morgen ganz früh machten
sie sich auf den Weg, aber sie führten sich nicht mehr
an der Hand und saßen dann dicht aneinander^
schmi gt im Grase. Jeder suchte sich ein einsam^
Plätzchen, jeder schaute still für sich in den warum
hellen Ball hinein, von dem all das Licht und Us
Wärme ausging. Keiner litt den anderen nahe v
sich, jeder dachte, daß ihm dadurch etwas von a
der Schönheit verloren ginge. Auch Abend» 1
Berge ging es nicht mehr so friedlich zu, wrc-t011'
sie zankten sich die ganze Nacht über, was sie t
konnten. Am Morgen drängte jeder, zuerst hma -

Puincfn
Register
H. Sturm: Märchen
Hanns Theodor Karl Wilhelm Frh. v. Gumppenberg: Vorfrühling
Max Bernuth: In der Sorne
[nicht signierter Beitrag]: Pechvogel
 
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