JUGEND Nr. 21
OSTINI, Dr. S. SINZHE1MER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICII. Für die Redaktion verantwortlich: Dr S. SINZHEIMEH
n Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München. Druck von KNORR «L HIRTH, G. in. b. H., München
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH, Redaktion F. v O
G. HIRTH's Kunstverlag. Verantwortlich für den
(Redaktionsschluss: 11. Mai 1904)
Wachens Irrfahrten
Gans b. Kahlenbergs „Nixchen" wurde
nun auch bom Landgerichte Neu-Rubbin
an welches das Reichsgericht die Sache m-
rückberwiesen hatte, als unzüchtige Schrist
erklärt und zur Einziehung und Vernich -
ung berurtheild) 1
Einst ist ein Nixchen in die Welt
Ein luftig Ding und äiem?fd]°mWen'
Das ward bom Volke
ausgenommen
Dem es die Stunden anmuthvoll '
gekürzt.
Da sah's ein Fräulein mit schier
..... ... neunzig Lenzen
Und rief errothend nach der Polizei-
Die sperrte flugs aus sittlichen '
^ . . Tendenzen
Das Nixchen ein und gabs dann
wieder" frei.
Und als es neuerdings
herumspazierte,
Da kam das hohe Landgericht Berlin,
Das unser Nixlein wieder inhastirte.
Weills ihm so schauderbar
gefährlich schien.
• Das Reichsgericht, an das sich
Nixlein wandte,
Fand allerdings den Fall so
schrecklich nicht,
Denn es verwies das Fräulein,
das pikante,
Zurück nach Neu-Ruppin ans
Landgericht.
Und dieses hat sein Urtheil nun
gesprochen,
Dem Tode weiht's die vielgehetzte Fee,
Dieweil sie sündhaft sei bis in
die Knochen —
Das ist des armen Nixleins Odyssee!
Mit der Vernichtung wird man es
bestrafen
Und jede neunundackstzigjähr'ge Maid
In Preußen kann nun ungefährdet
schlafen
In Anbetracht geschützter Sittlichkeit!
Hans
Unglaublich! Unerftort!
„Zunächst muß ich das hohe
Haus um Vergebung bitten, daß
ein Pastor überhaupt hier den
Mund aufthut," sagte v. Bodel-
schwingh im Preußischen Land-
tag.
„Da sieht man's wieder, wie die
Preußen in der Kultur zurück sind,"
meinte ein Abgeordneter im Bay-
rischen Landtag, „bei uns reden
überhaupt fast nur geistliche Herren."
Italienisches Gespräch
Fremder: „Auf welcher Straße
komme ich von hier aus wohl am
schnellsten nach der Schweiz oder nach
Frankreich?"
Einheimischer: „O, signore,
da gehen Sie nur immer —
dein Nasi nach!"
M oder W?
„9luf Kamerad, hab'n Se ooch so "ne Anfrage von Dr. Hirschfeld bekommen?"
„Nee! Wat stand denn in det Ding?"
„Na, ob Se Ihren Oberst lieber haben oder seine Frau?"
Französischer Nationalist:
„Unglaublich! Unerhört! Trotz
unseres Bündnisses mit Rußland,
unserer entente cordiale mit Eng-
land, unserer Loubetreise und Ver-
brüderung mit Italien, wagt man
in Deutschland noch immer Na-
men wie Weißenburg, Wörth, Sedan
auszusprechen!"
OSTINI, Dr. S. SINZHE1MER, A. MATTHÄI, F. LANGHEINRICII. Für die Redaktion verantwortlich: Dr S. SINZHEIMEH
n Inseratentheil: G. EICHMANN, sämmtlich in München. Druck von KNORR «L HIRTH, G. in. b. H., München
Herausgeber: Dr. GEORG HIRTH, Redaktion F. v O
G. HIRTH's Kunstverlag. Verantwortlich für den
(Redaktionsschluss: 11. Mai 1904)
Wachens Irrfahrten
Gans b. Kahlenbergs „Nixchen" wurde
nun auch bom Landgerichte Neu-Rubbin
an welches das Reichsgericht die Sache m-
rückberwiesen hatte, als unzüchtige Schrist
erklärt und zur Einziehung und Vernich -
ung berurtheild) 1
Einst ist ein Nixchen in die Welt
Ein luftig Ding und äiem?fd]°mWen'
Das ward bom Volke
ausgenommen
Dem es die Stunden anmuthvoll '
gekürzt.
Da sah's ein Fräulein mit schier
..... ... neunzig Lenzen
Und rief errothend nach der Polizei-
Die sperrte flugs aus sittlichen '
^ . . Tendenzen
Das Nixchen ein und gabs dann
wieder" frei.
Und als es neuerdings
herumspazierte,
Da kam das hohe Landgericht Berlin,
Das unser Nixlein wieder inhastirte.
Weills ihm so schauderbar
gefährlich schien.
• Das Reichsgericht, an das sich
Nixlein wandte,
Fand allerdings den Fall so
schrecklich nicht,
Denn es verwies das Fräulein,
das pikante,
Zurück nach Neu-Ruppin ans
Landgericht.
Und dieses hat sein Urtheil nun
gesprochen,
Dem Tode weiht's die vielgehetzte Fee,
Dieweil sie sündhaft sei bis in
die Knochen —
Das ist des armen Nixleins Odyssee!
Mit der Vernichtung wird man es
bestrafen
Und jede neunundackstzigjähr'ge Maid
In Preußen kann nun ungefährdet
schlafen
In Anbetracht geschützter Sittlichkeit!
Hans
Unglaublich! Unerftort!
„Zunächst muß ich das hohe
Haus um Vergebung bitten, daß
ein Pastor überhaupt hier den
Mund aufthut," sagte v. Bodel-
schwingh im Preußischen Land-
tag.
„Da sieht man's wieder, wie die
Preußen in der Kultur zurück sind,"
meinte ein Abgeordneter im Bay-
rischen Landtag, „bei uns reden
überhaupt fast nur geistliche Herren."
Italienisches Gespräch
Fremder: „Auf welcher Straße
komme ich von hier aus wohl am
schnellsten nach der Schweiz oder nach
Frankreich?"
Einheimischer: „O, signore,
da gehen Sie nur immer —
dein Nasi nach!"
M oder W?
„9luf Kamerad, hab'n Se ooch so "ne Anfrage von Dr. Hirschfeld bekommen?"
„Nee! Wat stand denn in det Ding?"
„Na, ob Se Ihren Oberst lieber haben oder seine Frau?"
Französischer Nationalist:
„Unglaublich! Unerhört! Trotz
unseres Bündnisses mit Rußland,
unserer entente cordiale mit Eng-
land, unserer Loubetreise und Ver-
brüderung mit Italien, wagt man
in Deutschland noch immer Na-
men wie Weißenburg, Wörth, Sedan
auszusprechen!"