3m Garn
O Kypris, Kypris! Wie hast Dir mich umsponnen!
Wie bin ich verstrickt in Deine goldenen Garire!
Laß los! Laß los! Weh mir, je lauter ich flehe,
Je fester zieht Dein lockeres Söhnchen Kupido!
O Kypris, Kypris! Mutter reizender Thorheit!
Wohl seh' ich's nun, vor Dir ist keiner geborgen!
Doch bitt' ich eins Dich: Mache nicht ganz mich närrisch
Durch dieser süßen Gestalt bethörende Anmuth!
O Kypris, Kypris! Laß mich in Schmach nicht enden!
Web' rasch Dein Netz auch um das liebliche Mädchen,
Das losen Muths des hilflos Zappelnden spottet,
Und schließe sie fest an mich, daß nimmer sie los kann!
O Kypris, Kypris! Ketten selber, Du weißt's ja,
Thun sänftlich, wenn sie Busen an Busen drängen!
Erhör' mich gnädig . . .! Oder der Donnerer schlage
Dir zwischen die Maschen und Deinem verlotterten Lausbub!
Fritz Er du er
halleluja
Dort Victor Gomulicki
effie Nacht war still, tobt und klanglos, als ob der büchergefüllte
Raum, auf den sie sich niedergefenkt hatte, nicht in der belebten
Straße einer großen Stadt, sondern weit draußen in einer einsamen
Haide sich befunden hätte.
Der Raum glich theilweise einer Klosterbibliothek, theilweise der
Kammer eines Zauberers! Freilich sah man keine großen kalbledernen
Folianten, aber die Regale bogen sich unter der Last gebundener und
ungebundener Bücher, die Masse derselben wirkte geradezu verblüffend-
Kein Vorhang schützte sie vor Staub, und man sah ihnen an, daß
ihr Besitzer sie fleißig und gewissenhaft benutzte. Aber nicht nur werth-
volle Bücher enthielt dieser Raum, jeder
freie Platz an den Wänden war mit
großen Kartenzeichnungen bedeckt, die
anatomische, anthropologische, astronom-
ische und naturwissenschaftliche Motive
behandelten. Da hingen auch verschiedene
Photogramme von Mißgeburten und
schrecklichen Krankheitserscheinungen: halb
von Flechten zerfressene Gesichter, Schä-
del mit großen Auswüchsen, zusammen-
geschrumpste Lungentheile von Schwind-
süchtigen u. s. w.
In einer Ecke stand ein einfacher Holz-
tisch dicht an der Wand, das Holz von
ätzenden Säuren befleckt. Auf dem Tisch
befand sich ein kleines chemisches Labo-
ratorium; in der andern Zimmerecke
stand eine Elektrisirmaschine und einige
große Globen. Im dunkelsten Winkel
erblickte man zwei ganz nackte Skelette,
die von Weitem ganz gleich aussahen:
das eine war das Skelett eines Menschen, das andere eines Gorilla
Auf Wandbrettern und auf dem Fußboden lagen ganze Reihen mensch-
licher Schädel, die mit Tinte geschriebene Ziffern zeigten. Auf Allem
lagerte eine dicke Schicht von Staub und Spinnengeweben. — Dunkel-
heit! „Schreckliche, unergründliche, undurchdringlicheFinsterniß!" stöhnte
ein Mann, der zusammengekrümmt in einem großen Ledersessel saß.
Weit öffnete er seine großen Augen, die von Krankheit oder Schlaf-
losigkeit grau umrandet waren und blickte forschend umher. „Ich sehe
nichts, nichts vor mir, nichts in mir!" rief er verzweifelt und ließ ein
Buch fallen, das er in den Händen hielt. Das Geräusch, das dadurch
in der tiefen Stille entstand, glich einem Seufzer. Das gelbliche
Licht der Hängelampe beschien das abgemagerte Antlitz und das kahle
Haupt des Einsamen — ein Jüngling, der einem Greise glich.
Kein Tropfen Blut röthete seine Wangen, kein Strahl der Begeister-
ung oder Leidenschaft belebte seine Augen. Mager und elend saß er
da, und sein Kopf erschien fast zu schwer für den zarten schwächlichen
Körper. Er rieb die Stirn mit der knochigen Hand und sprach:
„Ich habe zu lange nur mit dem Gehirn gelebt, es ist erschöpft
und will nichts mehr hergeben. Um das Gleichgewicht zu erhalten,
hätte ich auch dem Körper sein Recht nicht vorenthalten dürfen."
Er sann nach, als ob er die Worte suche.
„Ja, wie denn? — Mit dem Herzen leben? Die Laien stellen
Herz und Gehirn als Contraste hin. Was verstehen sie aber unter
dem Ausdruck Herz? Hahaha! Was denn?"
Er blickte nach einen: Wandbrett, auf dem verschiedene Präparate
in Spiritus standen.
„Also, in solchem Glase kann man dieses kostbare Organ ein-
marinieren. Ich kenne es genau und weiß, daß das schärfste Mikroskop
und der empfindlichste chemische Reaktor nichts von dem zu finden ver-
mag, was das Menschengeschmeiß darin sucht."
Ein verächtliches Lächeln spielte um die blassen Lippen.
„Was liegt daran! — Wenn das Schiff versinkt, ist es zu spät,
den Schuldigen zu suchen. Die Lebensenergie verläßt mich und darum
verliereich das Recht der Existenz. Der elendeste Bazillus besitzt diese
Energie und lebt unter den für ihn geeigneten Bedingungen. Ich
habe diese Bedingungen verloren." Von Neuem strich er seine Stirn
und blickte forschend umher.
„Leere — bodenlose Leere — die nur das Gehirn ausfüllen könnte,
wenn ihm frisches Blut zuströmte. .. Aber woher dieses Blut nehmen?
Ich bin bankerott. Das, was sie freien Willen nennen und was eigent-
lich das überschüssige Kapital von Energie ist, habe ich vergeudet.
Reizungen wie die Hydropathie und Elektrizität wirken auf mich
nicht urehr. So muß ich eben sterben!"
' Er sprach das ruhig mit kleinen Unter-
brechungen, nach dem letzten Ausspruch
schloß er die Augen, verfiel scheinbar
in Schlaf.
Aber er schlief nicht. Ein plötzlicher
Wirbel durchfuhr ihn, seine Augen öffneten
sich, die Lippen bebten —
„Und vielleicht," flüsterte er, „könnte
das Leben doch noch Werth haben?"
Und langsam und nachdenklich be-
gann er zu philosophieren:
„Einer der Lebensmotore und seine
Quelle der Energie ist die kraftvoll be-
wußte Anhänglichkeit an eine Person oder
an eine Sache. Dieses Gefühl ist eine
Art von Narkotikum, ähnlich dem Opium
oder dem Nikotin. Ein Narkotikum nützt
gewöhnlich nur kranken Menschen, und
eigentlich sind auch nur Kranke imstande,
es richtig in sich zu absorbieren; der
normale O
oder die Fr
ische Mittels
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„Von di.
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„Ueberall
ist Zeit zu st
LAUFGLASUR
Chr. Neureuther (Schlierbach)
O Kypris, Kypris! Wie hast Dir mich umsponnen!
Wie bin ich verstrickt in Deine goldenen Garire!
Laß los! Laß los! Weh mir, je lauter ich flehe,
Je fester zieht Dein lockeres Söhnchen Kupido!
O Kypris, Kypris! Mutter reizender Thorheit!
Wohl seh' ich's nun, vor Dir ist keiner geborgen!
Doch bitt' ich eins Dich: Mache nicht ganz mich närrisch
Durch dieser süßen Gestalt bethörende Anmuth!
O Kypris, Kypris! Laß mich in Schmach nicht enden!
Web' rasch Dein Netz auch um das liebliche Mädchen,
Das losen Muths des hilflos Zappelnden spottet,
Und schließe sie fest an mich, daß nimmer sie los kann!
O Kypris, Kypris! Ketten selber, Du weißt's ja,
Thun sänftlich, wenn sie Busen an Busen drängen!
Erhör' mich gnädig . . .! Oder der Donnerer schlage
Dir zwischen die Maschen und Deinem verlotterten Lausbub!
Fritz Er du er
halleluja
Dort Victor Gomulicki
effie Nacht war still, tobt und klanglos, als ob der büchergefüllte
Raum, auf den sie sich niedergefenkt hatte, nicht in der belebten
Straße einer großen Stadt, sondern weit draußen in einer einsamen
Haide sich befunden hätte.
Der Raum glich theilweise einer Klosterbibliothek, theilweise der
Kammer eines Zauberers! Freilich sah man keine großen kalbledernen
Folianten, aber die Regale bogen sich unter der Last gebundener und
ungebundener Bücher, die Masse derselben wirkte geradezu verblüffend-
Kein Vorhang schützte sie vor Staub, und man sah ihnen an, daß
ihr Besitzer sie fleißig und gewissenhaft benutzte. Aber nicht nur werth-
volle Bücher enthielt dieser Raum, jeder
freie Platz an den Wänden war mit
großen Kartenzeichnungen bedeckt, die
anatomische, anthropologische, astronom-
ische und naturwissenschaftliche Motive
behandelten. Da hingen auch verschiedene
Photogramme von Mißgeburten und
schrecklichen Krankheitserscheinungen: halb
von Flechten zerfressene Gesichter, Schä-
del mit großen Auswüchsen, zusammen-
geschrumpste Lungentheile von Schwind-
süchtigen u. s. w.
In einer Ecke stand ein einfacher Holz-
tisch dicht an der Wand, das Holz von
ätzenden Säuren befleckt. Auf dem Tisch
befand sich ein kleines chemisches Labo-
ratorium; in der andern Zimmerecke
stand eine Elektrisirmaschine und einige
große Globen. Im dunkelsten Winkel
erblickte man zwei ganz nackte Skelette,
die von Weitem ganz gleich aussahen:
das eine war das Skelett eines Menschen, das andere eines Gorilla
Auf Wandbrettern und auf dem Fußboden lagen ganze Reihen mensch-
licher Schädel, die mit Tinte geschriebene Ziffern zeigten. Auf Allem
lagerte eine dicke Schicht von Staub und Spinnengeweben. — Dunkel-
heit! „Schreckliche, unergründliche, undurchdringlicheFinsterniß!" stöhnte
ein Mann, der zusammengekrümmt in einem großen Ledersessel saß.
Weit öffnete er seine großen Augen, die von Krankheit oder Schlaf-
losigkeit grau umrandet waren und blickte forschend umher. „Ich sehe
nichts, nichts vor mir, nichts in mir!" rief er verzweifelt und ließ ein
Buch fallen, das er in den Händen hielt. Das Geräusch, das dadurch
in der tiefen Stille entstand, glich einem Seufzer. Das gelbliche
Licht der Hängelampe beschien das abgemagerte Antlitz und das kahle
Haupt des Einsamen — ein Jüngling, der einem Greise glich.
Kein Tropfen Blut röthete seine Wangen, kein Strahl der Begeister-
ung oder Leidenschaft belebte seine Augen. Mager und elend saß er
da, und sein Kopf erschien fast zu schwer für den zarten schwächlichen
Körper. Er rieb die Stirn mit der knochigen Hand und sprach:
„Ich habe zu lange nur mit dem Gehirn gelebt, es ist erschöpft
und will nichts mehr hergeben. Um das Gleichgewicht zu erhalten,
hätte ich auch dem Körper sein Recht nicht vorenthalten dürfen."
Er sann nach, als ob er die Worte suche.
„Ja, wie denn? — Mit dem Herzen leben? Die Laien stellen
Herz und Gehirn als Contraste hin. Was verstehen sie aber unter
dem Ausdruck Herz? Hahaha! Was denn?"
Er blickte nach einen: Wandbrett, auf dem verschiedene Präparate
in Spiritus standen.
„Also, in solchem Glase kann man dieses kostbare Organ ein-
marinieren. Ich kenne es genau und weiß, daß das schärfste Mikroskop
und der empfindlichste chemische Reaktor nichts von dem zu finden ver-
mag, was das Menschengeschmeiß darin sucht."
Ein verächtliches Lächeln spielte um die blassen Lippen.
„Was liegt daran! — Wenn das Schiff versinkt, ist es zu spät,
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verliereich das Recht der Existenz. Der elendeste Bazillus besitzt diese
Energie und lebt unter den für ihn geeigneten Bedingungen. Ich
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und blickte forschend umher.
„Leere — bodenlose Leere — die nur das Gehirn ausfüllen könnte,
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lich das überschüssige Kapital von Energie ist, habe ich vergeudet.
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brechungen, nach dem letzten Ausspruch
schloß er die Augen, verfiel scheinbar
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Aber er schlief nicht. Ein plötzlicher
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sich, die Lippen bebten —
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Und langsam und nachdenklich be-
gann er zu philosophieren:
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wußte Anhänglichkeit an eine Person oder
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