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1904 JUGEND Nr. 28

Aus Spree-Athen: Fromme Wohlthäter Paul Rieth

„Die Rechte soll nicht wissen, was die Linke thut!"


wünscht den glücklichsten Verlauf,
Ruft ein herzliches „Glück auf!"

Mit altrömischen Geschützen,
Die nicht donnern und nicht blitzen,
wird man auf der Saalburg wiesen
Nächstens vor dem Kaiser schießen.
Nützlich ist dies fabelhast
Für die wehr- und Waffenkraft.
Künftig wird vielleicht dann die
Deutsche Festungsartill'rie,
Ausgerüstet statt Kanonen
Mit Euthy- und

Palin-tonen,

Oder mit dem Onager,

(welches auch ein

Schießgewehr,

Doch auf deutsch, wie Du

ja weißt,

wörtlich „wilderEsel" heißt!)

Ja, von alten Römern kann
Man was lernen dann

und wann:

Knalllos schossen die ihr

Ziel um,

Knalllos war ja auch ihr
Pilum,

Das vielleicht die
_ deutschen Heere

Zu dem Repetiergewehre,

Wie die Reiterei die Tanzen,
Kriegen, um es aufzupflanzen,
wenn man frech wird

über'm Rhein —
Vaterland, magst ruhig

sein! —

Ein Prozeß jüngst in

Saarbrücken
Tieß in böse Dinge blicken,
von Nationalliberalen
Wurde dorten bei den

Wahlen

Schwerer Druck auf

Arbeitsleute
Ausgeübt, wer, wie's

ihn freute,
wählte in besagtem Kreis —

Für das Eentrum,

beispielsweise
Konnte Amt und Brot

verlieren;

Doch, wer zählte zu den ihren, die
Dieser, hieß es dorten, sei

„Zuverlässig, einwandfrei".
Donnerwetternocheinmal —

Ist das etwa liberal?
wenn die Schwarzen und die Rothen
Im Parteikampf als Despoten
Die Gewissensfreiheit knechten
Und mit solchen Waffen fechten,
Urtheilt man — und zwar mit Fug,
Dächt' ich, — immer scharf genug!
wenn das aber Einer treibt,

Der sich „Liberaler" schreibt,

Kann man nur voll Mißbehagen
Kräftiglich „pfui Deibel!"

sagen! —

Wunder-, sonder-, schauder-bar
wird es nachgerad fürwahr,
was die Eentrumsdeputierten
Bayerns schon sich ausstudierten,
Um recht lang noch mit Behagen
In der Isarstadt zu tagen.

Jetzt kam Lerno das Gelüste,

Paul Rieth

„tZbkv Mann! Als Anerkennung Ihrer wohlrhätigkeit überbringe ich Ihnen
Ernennung zum Hofbanquier!"

„Tausend Dank! O, nun kann ich mit ruhigem Gewissen Pleite machen!"

Daß des Feldherrn Till^ Büste
Sehen möcht' in der Walhall* er —
weßhalb nicht auch die von Daller?
Oder von dem wahrheitsfrohen
Pichler? Oder von dem hohen
Orterer? von Kohl, dem Dichter?
Oder Schädler, dem Vernichter
Der modernen Professoren?

Oder Heim, der unverfroren
Ist, wie Keiner je vorher —
Zahllos, wie der Sand im Meer
Sind die großen Männer,

trau'n,

Die sich's ziemte auszuhau'n.
Haut sie aus d'rum, wegen

meiner,

Doch nehmt schwarze

Marmorsteiner,
Daß doch zum Original
Immer paßt das Material!—

wie die Blätter melden, läßt
Man das Volk in Budapest
Bilden sich zur Zeit an echten
Imxortirten Stier-
gefechten.
Bis zu diesem Datum war
Angewiesen der Magyar,
Der für solchen Kampfsport

brennt,

Auf sein wack'res Parlament,
wo man auch auf dem Gebiet
Manche schöne Leistung

sieht. —

Jetzt kam aber aus Sevilla
Eine wirkliche Ouadrilla,
Um mit echten, wilden Ochsen
Sich zu raufen und zu boxen.
Der Torero Ponly fils
Stieg voll Muth und

siegsgewiß
Zu dem Stier in die Arena,
Doch erlebte er ein Jena,
Denn die Bestie stach voll Zorn
Ihm ins Bein ihr spitzes

Horn.

Blutig wankte Jener heim —
Ach, das Ganze war ein Leim I
Doch die ungrische Nation
Ist nun wieder mal davon
Ueberzeugt zu dieser Frist,
Daß sie ein

Lulturvolk ist! —
Herodot
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Paul Rieth: Hofbanquier
Paul Rieth: Fromme Wohlthäter
 
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