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Jl”!e entspringen können, war ein für allemal be-
^ ">gt. Denn ihre Gemiither waren durch die jahre-
s- B?e Freundschaft so glatt ineinandergeschlisfe», das;
^ allen Geschmackssragen den gleichen „Gusto"
dp ^ Was dem Franzl taugte, das gefiel auch
>n aSaftl. Und umgekehrt. Einer trug das Haar
» nau so frifivt wie der andere, jeder zwirbelte den
chnauzbart mit dem gleichen Schwung, immer
icka I" die gleiche Kluft, rauchten den gleichen
„ echten Tabak aus den gleichen schönen Pfeifen
ms? schossen die gleiche Kugel aus der gleichen
. uchse. Kein Wunder, daß auch der erste Schuh aus
-Herzen nach dem gleichen Ziel gegangen war.
^ ich sjx vor zwanzig Jahren kennen lernte,
kn ^ feit einem Jahr verheiratet, zwei grob-
feste Kerle, Mitte der Dreißig. Hätte ich


en

6eii ” welchen von den Beiden ich für den

»eren Jager hielte, dann wäre mir die Entscheidung
w'wer geworden.

Wan ^ ^er ersten Pirsche, die ich mit dem Franzl
"Me, schmatzte er kein Wörtl von seinem jungen
sein einziger Diskurs war die Jagd und
et Wahl Gmelch.

"^en muht Du aber gern haben?"
iamnsn-^ üiabst! Der Wastl und i, mier halten

Und die Woche draus war es ganz das Gleiche
"Nt dem Wastl.

"A.r zwei seid gute Freunde, gelt?"
ianl'in n^ Der Franzl und i, mier halten

33ortan(l,mnl Rotten sie auch ganz die gleichen
konm wenn sie in der Dunkelheit fluchten,

der-E.'»an nie unterscheiden, ob cs der Wastl oder

franzl war, der so teuselte.
cjefü » ^ so fest die Freundschaft dieser Beiden auch
und gekittet war — einmal bekam sie doch
gn. n «uff, durch den sie fast in die Brüche ge-
übevfCn lB“re- Das war ein Jahr, bevor die Beiden
einp, t*5. ’l,re Schwestern geheiratet hatten. Durch
Mj, ! Zufall kam ich hinter die Geschichte. Ich hatte
Franzl auf dem Steinbcrg einen kapitalen
NtuL? rUn B'erzehn Enden geschossen. Diese Freude
Äirim ?^°ssen werden. Als wir gegen Mitttag den
Bier w^unterbrachten ins Dorf, lies; ich ein Faß
da w "."»egen. Die Kellnerin wollte anzapfcn. Aber
£??? der Franzl einen Sprung aus das Mädel zu:
hol"^E°s, einhaltn, sag i! Z'erst muaß i den Wastl
id • Ehndr der Wastl net da is, därs net anzapst
SSnii?' Da kunnt ma koa Tröpfl net schmecka! Der
^L'nuab nütthoan!"

Atzend "uch mit. Ganz gehörig! Bis zum
llsreint, j?*ten ^>e beiden den letzten Tropfen „aussi-
sesten ßi Quä dein Faß. Alle beide hatten sie einen
aus den su Bnmmer und standen nicht mehr sicher
absmml! deinen. Sie hatten sich von mir schon ver-
auz und wollten Arm in Arm zur Thüre hin-
ebbä Den, der Wastl: „Jesses, Franzl, hast
-Dem Gnicker derbei?"

Brettl, ja."

Fron,", wer sei her, gelt!"
scheide IatUte und zog das Messer mitsammt der
aus der Kurzledernen. „Da hast '»!"

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L. Volbehr

Mit einer merkwürdig heitern Wichtigkeit ver-
wahrte Wastl den Gnicker des Freundes in seiner
inncrn Brusttasche und knöpfte von oben bis unten
die Joppe zu. „Also! Maschier ma!" lind lachend
torkelten die beiden davon.

Am andern Tag, als ich zur Abwechslung mit
dem Wastl pirschen ging, fragte ich: „Du, tvas war
denn das gestern, mit dem Gnicker?"

Eine Weile konnte der Wastl vor lanter Lachen
gar nicht reden. Dann erzählte er, wie das zu-
gegangen, daß er mit seinem Franzl eines Tages
„schier gar überzwerch" gerathen tvärc.

Schon in der Schule waren die beiden Seite an
Seite aus der gleichen Bank gesessen und hatten alle
Lumpereien gemeinsam getrieben. Als grüne Biirsch-
lein hatten sie heimlich miteinander geivildcrt. Dann
waren sie zum gleichen Jägerbataillon gekommen
und hatten in der Kasernstube Bett an Bett ge-
schlafen. Ilnd nach der Heimkehr ins Dorf bekamen
sie am gleichen Tag das Dekret als k. b. Jagd-
gchilsen. Zu dieser Zeit >var in den beiden „Frein-
dcrln" der Gusto schon so ausgeglichen, daß sie sich
alle zwei ins Huber-Nanncrl verguckten. Das woll-
ten sie einander in der gleichen Stunde bekennen —
und als sie das Unglück merkten, kam über den
Franzl und Wastl eine arge Traurigkeit. Ten Kon-
flikt, der zwischen den beiden Freunden zu entstehen
drohte, löste das Huber-Nanuerl auf einfache Weise,
indem es weder den Franzl noch den Wastl nahm,
sondern Stuhlfcst mit dem Ferchcnbachcr-Hicsl feierte.
Jetzt tvar die Freundschaft lvieder obenauf. Die
beiden heulten miteinander und freuten sich in Ein-
tracht, daß sie der Gefahr, „überzwerch" zu ge-
rathen, so schön entronnen waren. Aber es blieb
doch eine empfindliche Gereiztheit in ihnen zurück.

Und da wurde damals in Ferchensee, eine Weg-
stunde von Zipsclbach, ein Scheibenschießen abge-
halten. Alle beit-e waren sie dabei, mit ihren gleichen
Büchsen. Aber sie hatten keine ruhigen Hände —
weil der Ferchenbacher-Hicsl milschoß. Weder der
Wastl noch der Franzl bekam einen Preis; dafür
aber jeder einen Fetzen-Rausch! Als sie in stock-
sinstercr Nacht den Heimweg antraten, hatte der
Franzl noch so viel Besinnung, daß er dem Wastl
vorschlug: „Du, unsere Büxner lass'n mer da beim
Fvrstner! Da kunnt ebbes passieren, weißt!" Dann
wankten sie hinaus in die Nacht.

Der Umweg, den die breite Straße machte, tvar
ihnen zu weit. Sie gingen den Fußweg durch den
Bachtvald. Ein schmaler, unebener Steig. Dazu
eine Nacht, in der man die Hand nicht vor den Augen
sah. Bald rannte der Wastl und bald der Franzl
an eiiren Baum, daß ihnen das Feuer aus den Augen
blinkerte. Wenn das so aufblitzte, hatte jeder von
den beiden immer das gleiche Wort: „Hinli sakra!"
Und rannten sie nicht an die Bäume, so pufften sie
mit den Schultern gegeneinander wie die Holzblöcke
beim Flößen.

Dem Franzl, der noch immer an den „Zcntri-
punkt" dachte, den der Ferchcnbacher Hicsl auf der
Glücksscheibe getroffen hatte, wurde dieses Gerempel
auf die Dauer zu dumin. „Himi sakra, was pumperst
denn allwei so oni an oan?"

557

„Bal Du allwei so herpnmpcrst ans mi!" meinte
der Wastl gutmüthig. Dann blieb er stehen und
glurte mit den steifen Augen in die schwarze Nacht
„Franzl, Du hast den falschen Weg!"

„An Schmarren Hab i!"

Durch diese klare Versicherung des Gcgentheils
ließ sich Wastl beruhigen. Doch nicht für lange.
„Franzl! Himi sakra! Den falschen Weg hast, sag i!"

„Den rechten Hab i!" Franzl verlor die Geduld.
„Himi sakra, jetzt laß mer inein Ruah!"

„Den falschen hast! Himi sakra!" Wastl packte
den Franzl an der Joppe. „Stehn bleibst mer!"

Wüthend that der Franzl einen Griff nach der
Hüfte. „Himi sakra!" Und stieß mit dem Messer zu.

„Geh, Du Narr!" Nach diesem ruhigen Wörtlein
machte Wastl einen stillen Purzelbaum in die Stauden
und rührte sich nimmer.

„Naja, bal ma sein Ruah net hat!" Und brum-
mend torkelte Franzl lvcitcr durch die Nacht. Nach
ein paar hundert Schritten blieb er in der Finster-
niß stehen und schrie: „He! Wastl! Wo bleibst denn?"
Keine Antwort. Und der Wastl kam nicht. „Geh,
sei net fad! I Hab ja den rechten Weg!... Wastl!
He!" Mäuschenstille blieb es im Wald. „Himi sakra!
So geh halt, wo D' niagst, Du bockboancts Luadci
Du!"

Immerzu auf den bockbeinctcn Wastl schimpfend,
wackelte der Franzl heim nach Zipflbach und legte
sich mit den genagelten Schuhen ins Bett, um seinen
Rausch zu verschlafen. Er schnarchte. Doch unruhige
Träume schien er zu haben. Und plötzlich, als es
draußen schon grau wurde, fuhr er mit dem Kopf
in die Höhe. Sein Schädel sumste noch — aber ci-
to as wie halbe Besinnung lvar doch in ihm wach
geworden. „Himi sakra! Was is mer denn da
passiert?" Um über die Sache klar zu lverden, unter-
zog er den Gnicker einer wissenschaftlich exakten Prüf-
ung. „Mar' und Joseph!" Und raus aus dem Bett
und zur Thüre hinaus. Ein Schubkarren stand im
Hof. Den packte er und radelte im Lansschritt gegen
den Bachwald.

Der Morgen sing bleich zu dämmern an, als der
Franzl sein „Freindrl" fand. Wastl hatte sich ans
den Stauden hcrausgckrabbelt und saß, zwischen
Ohnmacht und Wachen schwankend, mit der blut-
überströniten Schulter gegen den Stamm einer Buche
gelehnt. Bei diesem Anblick bekam der Franzl das
Käsige im Gesicht. Er stellte den Karren auf de»
Weg — das lvar schon der richtige — und beugte
sich zu dem anderen hinunter. „He! Wasterl! Wia
weit saminer denn?"

„Mein, sterben muaß i halt!"

„Geh, wearst do net so dumm sein!"

„Bal mi Du a so stichst!"

„Na, na, Wasterl, da laß Dir no a wengl der-
weil! Dös habn mer gleit" Franzl meinte das Heim-
bringen. Achtsam hob er sein „Freindrl" aus den
Schubkarren, schob ihm die eigene Joppe unter den
Kopf und fing recht „fürsichti" zu radeln an. Ein
bißchen tummelte er sich aber doch, um noch heim-
zukommen, bevor die Leute im Dorf an die Arbeit
gingen. Bei diesem Transport verlor der Wastl
wieder die Besinnung. Drum mußte Franzl, als sie


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Ernst Vollbehr: Zierleiste
 
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