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Leon Bakst (St. Petersburg)

Inseln cles Cicbts

Seltsame 3nseln hab ich im Craum gesehn,
3nseln des ftichfs, die sollten mir Beimat sein,
Zärtlicher fühlt’ ich Wellen und Winde gehn
Und süh wie Wein.

Knaben und ITlädchen eilten am bleichen Strand,
flachen erichallt aus grünem Sebüfih wie Elück,
Fern in den Bügeln uerfchwand ein weiHSewand
Und kehrt zurück.

Sind euch die Veilchenkränze nicht zu Ich wer?
Zu schwer und dunkel nicht ihr weicher Duft?
fliehend und zitternd verweilt bei euch das Meer,
Verweilt die (ruft.

nie kann ich zu euch kommen! 3ch fühl’s

im Craum,

Wie fräg mein (reib in irdischen Kissen ruht —
3nseln des fiichfs! Unendlich ist der Raum
Und schwer mein Blut.

Walther Unus

JBxxt te

von Elisabeth Hartenstein

Unruhig geht Lotte in dem großen Eßzimmer,
das den Fremden der Pension zugleich als Salon
dient, ans und ab.

Alles schäbige und verbrauchte Eleganz, der Tep-
pich, der vielfach gestopft ist, die rothen Plüschmöbel
mit der schmierigen Kopfleiste am Diwanrücken und
den hohen Lehnen der Sessel, die geschwärzten ge-
sprungenen Goldrahmen der Bilder, die ramponirien
Nippes aus dem Fünszigpsennig-Bazar.

Die feine Nase Lottes kraust sich, der Ekel ver-
ieht den stolz geschnittenen Mund mit den glutrothen
ürstenden Lippen — heraus, nur heraus aus dieser
Misere!

Heute soll sie das Geld haben — wie lang die
Freundin warten läßt! Und Lotte ist nicht gewöhnt
zu warten, Lotte ist so eigensinnig und anspruchs-
voll. Das Leben hat ihr den vollen Becher an die
Lippen gesetzt, aber grausam ihn zurückgezogen.

All die köstlichen Träume von Glück und Reich-
thum verwehten wie Spinnenfäden im Herbstwind.
Sie blieb die armselige kleine Lehrerin, die sich mit
andrer Leute Kinder quälen mußte.

Und in dem Lebenstrank war Gist, das frißt an
den Lungen. Lotte ist krank.. .

„So helft mir doch!" forderte sie mit dem herrischen
Blick in den strahlenden Auge». Und ihre Mutter,
die still und klaglos einem anspruchsvollen Manne,
der stolzen Tochter gedient, schasst wie ein Lastthier.
Gebeugter hängt die Gestalt mit der eingesunkenen
Brust in dem schwarzen Kleid, aus dem die Allers-
spiegel glänzen, die Hände werden härter, verkrümm-
ter, und die gerötheten Augen flehen: „Helft meineni
Kinde..

Da sammeln die Kolleginnen und Freundinnen
für die schöne Lotte und betteln.. .

Draußen tont die Klinget . . . endlich!

„Lotte, sei sparsam! Für sechs Monate in DavoS
langt es — mehr können wir nicht schaffen," bittet
die Freundin.

Ein Lächeln geht über das schöne stolze Gesicht.

Wie spärlich die Nachrichten aus Davos kommen.
£?» dem Winkel des stickigen Vorsaals, in dem hinter
einem Vorhang das ärmliche Lager der Frau steht,
legt die Sorge ihre kalte schwere Hand auf das
Äutterherz. Furchtbar schleichen die Nachtstunden
der einsamen Frau hin, die weint und betet für ihr
Kind. Und die Last aus ihren Schultern drückt die
armselige Gestalt noch tiefer — da ringt sie die
Hände: „Hilf mir — ich muß ja arbeiten, sorgen,
muß Geld schicken, Geld, daß mein Lottchen gesund
wird."-

In der vornehmen internationalen Pension *5
Davos gleitet Lotte über die seinen Mallen de
Vestibüls. Ihre Schleppe rauscht, ihre MW
strahlen, an den Fingern blitzen die Steine •— 15
Hofstaat folgt ihr.-

*

Wieder vergehen Wochen, kein LebcnszeickW
kommt.-

In Genf sitzt ein elegantes Paar auf der Terrhll
des Hotels Lean Rivage. Lotte reicht über den AWz
ihrem Freund die Hand, und er küßt die woh>W
pflegten Fingerspitzen. Morgen muß er sie hes.
lassen, der Papa verlangt, daß der Herr Sohn hew,.
kehrt. Sein Abenteuer hat viel gekostet. Aber Lon
lächelt, in Montreux wird sie mit einem neue

Freunde Zusammentreffen. --— ,.u(

Die Freundin sitzt der trostlosen Frau gegenim
und sucht zu trösten. „Es ist immer ein gutes ZeiEU
lvenn die Nachrichten mal ausbleiben. Sie wird ^
zum Abend draußen liegen, und die Lust wird U
heilen und dabei so köstlich müde machen, dav Jj£
dann nicht mehr denken kann, auch nicht an
Mutter. Und dann nur Kopf hoch! — ich habe senß.
das Gesuch dem Herrn Stadtrath übergeben, 1»
Stiftung gibt reiche Mittel, und es kann nicht

Und die bekümmerte gebeugte Mutter schluw»
ans: „Gott behüte meine Lotte!"

In? Strandkorb

Mein Weib zur Seite, zur Seite mein '
Ich fühl' ihren Athemzug.

Und vor mir spielt mit Welle und Wind
Eine Move im leichten Flug.

Des Lebens Gut geborgen so
Im engsten kleinsten Haus,

Und meine Seele segelt froh
In endlose Welten hinaus.

3. Lärmendem

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Register
Léon Bakst: Zeichnung ohne Titel
Walther Unus: Inseln des Lichts
Elisabeth Hartenstein: Lotte
Jakob Loewenberg (Löwenberg): Im Strandkorb
 
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