Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heimkehr

Du schönste Frau — nun bist Du ganz mein Eigen,
Mir ganz z» eigen und mein Stelz und Spiel.
Oer wilde Wunsch ruht am errungne» Ziel,
lind leise Schatten an den Wanden zeigen,

Wie selbst die Dinge sich im Fieber neigen,

Weil all Dein Glanz in ihren Frieden fiel.

Zum erstenmal in diesen Raum getragen,

Bricht Deine Schönheit wie ei» Panther ein;

Auf alle Dinge fallt Dein heißer Schein.

Was mögen dies? stummen Zeugen sagen.

Die mit mir litten in verwaisten Tagen?

Nun schlürfen alle den ersehnten Wein.

Der Arbeitstisch, dem manches Lied entstiegen,

Oie weiße Lampe mit dem rvthen Flor,

Im Spiegelgrunde der geschnitzte Mohr,

Die Bücher-Reihen, die sich knisternd biegen,

Das Harfengold, an das sich Falter schmiegen.
Wen» sich im Park mein Saitenklang verlor —:

Sie alle staunen, wie mit Kinderblicken,

Weil Deine Schönheit rings in Glut erwacht
Und ihre Seele» wundersam entfacht —

Der Estrich zittert, die Gardinen nicken,

Die Sanlen-Uhr verlernt ihr mildes Ticken . ..
lind siiigelschlagend jauchzt die Sommernacht.

Ans ihrem Fittich wirft sie Amoretten

Mir lachend zu — und meinem Dienst geweiht,

Entblättern sie Dein blüthenweiches Kleid;

Das Lager bebt in gelben Mosenketten,

Dein warmer Duft entgaukelt süß den Betten
Und füllt mein ganzes Haus init Seligkeit.

Hnton Eitidner

Schöne Leiche

Droben wirbelt Lcrchenflug,

Und Kastanienknospen blitzen,

Aus deni Dorf ein Leichenzug
Schwimmt zum Kirchhof durch die Pfützen.

„Jesus meine Zuversicht!"

Plärrt der Kantor mit den Kindern;
Salbungsvoll der Pastor spricht
Von dem Heiland und den Sündern.

Wie der Sel'ge Gott gedient,

Rühmt er, treu im Lieben, Hoffen.

Daß im Grab der Bauer grient,

Der sich redlich tobt gesoffen.

Vaterunser dann und Spruch,

Aus den Sarg drei nasse Schollen;
Schluchzend in ihr Taschentuch
Schneuzt die Bäu'rin, wie sie rollen.

Drauf den scidnen schwarzen Staat
Trägt sie steifen Tritts nach Hause;
Schnaps und Kuchen, Zank und Skat
Wechseln sich beim Leichenschmause.

Ueber'n Hof die Bäu'rin schielt.
Drallen Mieders, still versonnen,

Wie die schn'gcn Arme spült
Sich der Großknecht unterm Bronnen.

Fritz Erdncr

Von der Liebe

Lin Gespräch, von XV. Fred

Die zwei Ehepaare, die im Scchvtel wohniA
waren an diesem weichen Sonnncrabend in " ^
Garten hinabgegangen, von Zärtlichkeit crsülll.
alte weißhaarige Engländerin hatte sich einen st" ,j
zösischen Roman geholt, einen grünen Gartens«»»".
unter die elektrische Glühlampe rücken lassen »!..

—iicmuujc vA»uu;uuuye luacu iuiiv»*

las. Die fünf Herren aber, die an der Tadle d t)
Bekanntschaft gemacht hatten, alle sehr elegant '
Smoking, der schwarzen Binde und den Lack-llikü»!./

alle sehr enttäuscht, weil es keine einzige jungejF",'
kein Mädchen gab, mit dem man hätte flirtest könne/
in diesem oberilalienischen Seehotel, in diesen o»',j
tagen liors saison. Die enttäuschten Fünf fnftf'i , .
der Veranda, .passee und Cognac vor sich
rauchten. Ein leiser Wind kam über das WE '
die Schwüle hob sich ein wenig und das träge r
spräch zuckte etwas aus.

„Hübsches Mädchen, die Kleine am Busset, ««
tteis und kalt — diese Schweizerinnen —" sagte "
Eine, ein schmaler Mensch von dreißig Jahren el>"
„O Gott, ich bin sroh, daß cs hier nichts *»*>
liches gibt —" Alle lächelten, als ein fetter Bicrjtg°
mit schütterem Haar, Brillantknövsen in der Hei» ,
brust, einem goldenen Kettenarmband am lt» °
Gelenk dies äußerte. „Ich komme von Paris, nm „
erren, war vier Wochen dort. Longchamps, A»tk» j
lleeple-Chase, ich versichere Jhneit, man befo»'’
genug, ich habe den Geruch noch in der Nase,
geht man ja schließlich in die Schivciz, um R»lst"
haben . ,. ,lM,
„Den Geruch in der Nase —" setzte der Ae,m»
ein, „Sie sprechen nicht sehr zart von der Le>ds„,
schast der Leidenschajtcn, aber Sie haben vielte „
in eine recht wichtige Gcgciid gewiesen. Der Ge>"
hat nicht wenig mit der Liebe zu thun —" .

„Oh mit der Liebe —" unterbrach ein ganz l»»sb,
Herr, indem er dieses Wort so behutsam ausst»» '
wie man etwas unsäglich Kostbares und Zerd»
liches ansaßt.

Ein Vierter aber sagte mit behäbigen und (t®‘ n$
Ausdrücken: „Natürlich, darüber werden wir »‘r
nie verständigen, was wir eigentlich Jeder »»* • fl
Liebe' meinen. Nur so von weitem kan» da C» ,
den Andern begreifen. Ich sag's und Sie dein
sich natürlich etwas ganz Anderes als ick ^ -

heute Anderes als Sie
Anderes als vor dem Luncheon.

gestern.

^11 n PN

Sie vor dem Di»^
Alte sprackiph'l,

Weisheiten, die ich Ihnen hier nichtFm,
kramen will. Aber selbst ohne die Finessen,

was ist das Alles: die großen Passionen,
Register der Erotik, vielleicht auch alle Sexuattn» -
Die Gräfin mit dem Zigeuner, das Pensionsmaow „
und der Literaturprviessor, die unzertrcntttt" ,
Freundinnen, ich will die Liste, trotzocm wir U»g
Männern sind, nicht zu detailliert sortsetzcn, aber ^
treue —san möchte ich sagen: bourgeoise — Asien
guter Ehen, die ausregcnüe Beziehung zu einer ^
die unS an todten Tagen reizt, alle Variationen et>" r
lasterhaster Eigenschaften voll Grausamkeit " ;
Unterwürfigkeit, die Andere, mit der wir sentintc" ^
werden, die, an die wir uns gewöhnt haben,
Alles ist Liebe —. Gut. Wir haben uns alsi^A,,

iietsi!

> ft"

wöhnt, für eine Reihe von Thorheiten, Verbrea»,^

zerbrochenen Karrieren und io fort als beasik!^
Räthsellösung zu sagen: ja, ja, die Liebe. Wir
es also. Und doch: wenn mir morgen miedet
ntand sagen wird: ich liebe Fräulein V- »"" ,l'

imitiw |uycu juiiu. iuj iuuc p-iuumu tf- r Ähflly

will mich nicht oder es kann nicht sein und de»"
bin ich seit zwei Monaten oder zwei Jahren jt
glücklich, ist mein Leben vernichtet, so kann J®
nicht Helten: ich finde das etwas komisch und c» j,
übertrieben und war doch auch, na, sagen wir ,,i
bis dreimal, verliebt. Wie ist das also: dient
unser Gedächtniß in diesen Dingen gar Nichl'qnD'
ollle wissen, daß die Erstickung dieses einen ^^pc
ches alle unsere Funktionen hemmen kann, und " g

och immer das Bedursniß, recht rationell
nüchtern zu sagen: Also, mein Lieber, es gctN „,f,
nicht, aus diese hübschen und geistreichen Mon» ,

aus diese Ekstasen, dieses eine Kind muß ma»
züchten, aber das ist doch nicht so wichtig -*

doch-" . r hcl

In diese schwankenden Sätze siel nun >ene> ge
Herren, der bisher am wenigsten gesprochen
lind dafür mit sehr gescheiten Augen die
immer angesehen und einen Cognac nach dein
getrunken, nachdem er das Glas aus eine st „e
sichere und doch ungeschickte Art mit der litt»
füllt hatte. öjcfiiü1

„Ja da muß ich aber doch sagen, da» st-
Hab tch aber gar nicht. Wenn mir jemand' ^
ich liehe dieses Weib und ich kriege sie »>«> '

9^

E. Schüller
Register
Anton Lindner: Heimkehr
Emil Schuller: Zierleiste
Fritz Erdner: Schöne Leiche
W. Fred: Von der Liebe
 
Annotationen