DOI Heft:
Nr. 53
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.3896#0565
Aus dem Niesenge kirgs
JTuf 6erhar1 l)auptmann’$
Sd)rcibtifd)
(3ur Zeichnung von A, TNünzer auf ö. 1074/75)
Zu Goethe's „Faust" braucht Einer den Düutzcr,
Sonst würde er leicht consus und dumm,
Und so erging's Dir, o Publikum,
Am Ende auch mit dem Blatt vou Müuzer,
Darin er den Gerhärt Hauptmann ehrt —
Wenn Du erlaubst, so sei es erklärt:
Die Scene ist — das erkennt ein Jeder —
Des Dichters Schreibtisch mit Tinte und Feder,
Darauf sich tummelt ein lustiger Spuk,
Gestalten, bald finster, bald hold und schmuck,
Bald alt, bald von heute, und insgesamt
Des Dichters schaffendem Geist entstammt:
Die in der Milte, man sieht es gleich,
Sind aus der Versunkenen Glocke Reich;
Der Nickelmann sitzt da, glotzig und naß,
Beim Wald schrat dort aus dem Tintenfaß;
Wie schauen die Zwei doch neidisch d'rein
Auf den Heinrich und das Rautendelein,
Weil sich so zärtlich umfangen die Beideli —
Ihn könnte auch unsereiner beneiden
Um seine Elbin, die weiße, schlanke!
Daneben seht Ihr die böse Hanne
Mit Fuhrmann Henschel, dem armen Manne;
Er bringt ihr ihr Kind, doch die Creatur
Dankt ihin mit Schimpfen und Keifen nur —
Sie ist eine Seele von einer Frau!
Die Vagabunden im Königsgewand
Sind Schluck und In»,
Zu Gast bei Jon Rand,
Ter sein launisches Liebchen, schön Sidsclill,
Mit den trunkenen Schelmen ergötzen will —
Sie lächelt, erwacht aus müssiger Ruh
Und Waldhoruklang tönt von Ferne dazu!
Der eiserne Mann, der den Flambcrg hebt,
Ist Florian Geyer, der leibt und lebt,
Eine deutsche Eiche in Sturm und Wetter,
Von Goethcns Götz ein richtiger Vetter!
Dahinter spannt sich übers Gewimmel
Vor Sonnenaufgang ein Sternenhimmel,
Zur Linken seht eine bleiche Schaar:
Hohläugig, hager, mit wirrem Haar,
Mit wilden Blicken, von Jammer trunken,
Fordert der Weber getretnes Geschlecht
Grimmig sein Recht
Vom alten Dreißiger, dem Halunken —
Der Hunger peitscht sie zur Wuth, die Armen!
Daneben im Biberpelz, im warmen,
Seht Wu l koiv, den Schisser und schlaneu Betrüger!
Den Pelz betastet der gute Herr Krüger,
Dieweil er dem seinigen gar so ähnlich;
Die braveWolffen lacht mild und versöhnlich. —
Doch da ist es aus jetzt mit dem Papier,
Sonst sähst Ihr noch mehr der Gestalten hier,
Tie unseres Dichters Schöpfennacht
Zn blühender Lebenswärme gebracht.
Da sähst Ihr, zum Beispiel, den Engelzug,
Der Hannele Matter» von hinnen trug,
Daß sie den hstumlischeu Garten schaue,
Da sähst Ihr den Armen Heinrich vou Aue,
Der führte, genesen von furchtbarer Qual,
Die Ottegebe, sein klein Gemahl,
Zur Schloßkapelle am Heimkehrtage,
Daß sie zur Krone das Kränzlein trage.
Und neben den hohen Gestalten nicht minder
Sähst Ihr trübselige Menschenkinder,
Einsame Menschen, die sich verzehre»
Im Hunger nach Glück, im Durst nach Liebe,
Armselig Volk, dem khörichte Triebe
Ein Friedensfest selbst in Jammer verkehren,
Lichtscheues Volk, das den Rothen Hahn
In Habgier aufs eigene Dach gelhau —
Mit Mitleid und Lächeln verklärt uns der Dichter
E. Erlcr-Samaden
Auch jene Hansnarren und dieses Gelichter!
Ihr sähet auch Crampton, den tollen Kolstgen-
Der „Chinawein braucht seines Magens wegen''
Und den, trotz allem Verbummeln und Trinke»'
Die Liebe noch rettet vor dem Versinken;
Auch Michael Kramer, den prächtigen Ma»»'
Der das Herz uns im Busen erschüttern kau»
Mit seinen Klagen, weh und arg,
Au des verlornen Sohnes Sarg;
Und Rose Bernd, das dralle Kind,
Geschaffen, zu leben mit lachendem Munde,
Das in Verzweiflung geht zu Grunde,
Weil die Männer gierige Bestien sind.
Ja Menschen, Menschen in flutender Menge,
Aus weltweitem Leben, aus drückender Enge "
Wenn das Papier nicht zu Ende war',
Ihr sahst ihrer noch ein ganzes Heer,
Was Alles im Ernst und im Uebermuth
Ter Dichter geschildert und Seelenkenner,
In seinen Gestalten — von Fleisch und Blut
Siud's Menschen und keine Hampelmänner!
Begnadeter Dichter, von dein das gilt —■ ,
Und ein kläglicher Thor, der das „wenig" '
„äugend"
Schlesien
„Tief die rvclc verworren schanh
chrodc» einsam Rebe grasen
(Ei-vc»do>'tM
,/2f.imt Torso bestimmt: eS ist daS Schicksal alle
oü Schlesischen, t
... Um graue Dünen rast die Nordsee, -lv
nicht weit dringt ihre brüllende Stimme hinein »jt
norddeutsche Land, Auf Marsch und Geest, da »»
es verstanden. Doch tauchen Weinreben und R»
blätter auf — und ein ewig betriebsames, ewig 8'
schattiges Volk mitten drin — Singsang und .
reudcs Geld die Melodie: da horcht keiner
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Wenn Du erlaubst, so sei es erklärt:
Die Scene ist — das erkennt ein Jeder —
Des Dichters Schreibtisch mit Tinte und Feder,
Darauf sich tummelt ein lustiger Spuk,
Gestalten, bald finster, bald hold und schmuck,
Bald alt, bald von heute, und insgesamt
Des Dichters schaffendem Geist entstammt:
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Sie ist eine Seele von einer Frau!
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Zu Gast bei Jon Rand,
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Sie lächelt, erwacht aus müssiger Ruh
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Von Goethcns Götz ein richtiger Vetter!
Dahinter spannt sich übers Gewimmel
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Zur Linken seht eine bleiche Schaar:
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Grimmig sein Recht
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Seht Wu l koiv, den Schisser und schlaneu Betrüger!
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Da sähst Ihr, zum Beispiel, den Engelzug,
Der Hannele Matter» von hinnen trug,
Daß sie den hstumlischeu Garten schaue,
Da sähst Ihr den Armen Heinrich vou Aue,
Der führte, genesen von furchtbarer Qual,
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Zur Schloßkapelle am Heimkehrtage,
Daß sie zur Krone das Kränzlein trage.
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Sähst Ihr trübselige Menschenkinder,
Einsame Menschen, die sich verzehre»
Im Hunger nach Glück, im Durst nach Liebe,
Armselig Volk, dem khörichte Triebe
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Lichtscheues Volk, das den Rothen Hahn
In Habgier aufs eigene Dach gelhau —
Mit Mitleid und Lächeln verklärt uns der Dichter
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Ihr sähet auch Crampton, den tollen Kolstgen-
Der „Chinawein braucht seines Magens wegen''
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Die Liebe noch rettet vor dem Versinken;
Auch Michael Kramer, den prächtigen Ma»»'
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Aus weltweitem Leben, aus drückender Enge "
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Ter Dichter geschildert und Seelenkenner,
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