Die „Wirft“- oder Büffeljaad
„Sein Sie vernünftig, Dicker! 'raus mit 100 Mark!"
Peters Vater ist Arbeiter. Peters Mutter
wäscht. Peter selbst ist zwölf Jahre alt.
Am 19. Dezember geht er zum Weihnachtsfest
in Vaters politischen Verein. Drei mächtige
Weihnachtsbänme, Chokolade und Gebäck, ei»
Rentei mit Leckereien, ein Paar mollige Pulswärmer.
Sicmj für die Kinder bis um 10 Uhr, darauf Bail
für die Erwachsenen- Peter schläft in der Garderobe,
bis die Eltern um 5 Uhr nach Hause gehen.
Am 20. geht er zum Weihnachtsbaum in einen
Nähverein wohlthätiger Damen. Chokolade und
Oiebäck, ein Beutel mit Leckereien, ein Paar warme
Strumpfe.
Am 21. geht er mit feiner Mutter zum Fest
der Handschuhmacher. Prachtvoller Baum, Choko-
lade und Gebäck, ein Beutel mit Leckereien, eine
Schachtel Zinnsoldaten. Um Mitternacht nach
Haus.
Am 22. ist er abends in der Krankenkasse.
Weihnachtsbaum und viel Ulk, Chokolade und
Gebäck, ein Paar Fingerhandschuhe, zwei Beutel
mit Leckereien, Tanz bis zum frühen Morgen-
Am 23. geht's zum Weihnachtsbaum in die
Sonntagsschnle. Mehr geistliche Lieder und weniger
Gebäck, als an den andern Orten. Ein Beutel
mit Leckereien. Ein Paar Hosen.
Am heiligen Abend ist Peter daheim.
Keine Extraanstalten, denn die Zeiten sind
schlecht, und man ist auch
ein klein wenig müde- Vater
und Mutter sind schweigsam.
Vater stillt seinen Nachdurst
mit viel, viel Flaschenbier.
Mutters Augen sind ein biß-
chen feucht. Jeden Augen-
blick trocknete sie sich mit
dem Handrücken ein Tröpf-
lein von der Nase. Sie rückt
näher an Vater heran und
versucht, seine Hand zu fas-
sen. Er spielt aber den
Flauen und sagt nichts.
Peter sitzt hinten an der
Thür und sieht böse drein.
Ein dreckiges Vergnügen,
das hier, so im Düstern.
Nicht ein bißchen Spaß.
Vater fängt seinen Blick
auf und hat Lust, ihm eine
zu langen, aber heut Abend
... da will er doch nicht.
Peter fühlt in der Tasche
nach den fünf Cigarren, die
er für die Pulswärmer ein-
getauscht hat. Dann reißt
er die Thüre auf und nimmt
Reißaus, auf dem Wege
durch die Küche bringt er
noch eine Schachtel Streich-
hölzer an sich. 0'itungsn
Er treibt sich in den stillen Straßen herum,
die Cigarre im Munde. Vor einem vornehmen
Hause bleibt er stehen. Da drinnen singen sie,
er sieht den Baum und den Glanz ... wüthend
wirft er einen Stein durch die Scheiben und läuft,
was er kann, um die Ecke die Straße entlang.
Nun steht er still und zündet die dritte Cigarre
an. Eine Weile drauf übergibt er sich und ist
sehr elend. Um I llhr gelangt er nach Hause und
bekommt gehörige Prügel, weil er die Eltern weckt.
(Aus dem Dänischen von H. Kiy)
Mie's trefft!
Lin politisches Couplet
In Bayern wurde ein katholischer Geistliche»
wegen Beleidigung zu 10 Alk. Geldstrafe ver-
urtheilt, weil er von der Kanzel herab gegen
ein liberales Blatt agitiert hatte.
Der Erzbischof von Lreiburg hat in einem Diö»
cesan-Lrlaß seinen Klerus ermahnt, auch in der seel-
sorgerischen Thatigkeit die liberalen preßerzeugniffe und
liberale Gesinnung der Pfarrkinder zu bekämpfen.
Ja, ja, das paßt ihnen so, den Herrn,
UUt erzbischöflicher Approbation
Sonntags von der Ranzel herunterzuplärr'n
Wider diese verfluchten Liberalen!
Aber wenn die mit gleicher Münze bezahlen,
Dann jammert die ganze Schaar und kläfft,
Man verfolge die heilige Religion!-
— wie's trefft I
Cnäe gut — Hlles gut!
,15 eil Dir im Siegeskran;-“
notij: jür Windhuk wird ein großes Kaiserdenkmal
Da beschimpft so ein biederer Gottesmann
Grundlos als „schlecht" ein ehrliches Blatt,
Und greift es lustig von hinten an.
Aber muß er dann vor dem Richter stehen,
Erklärt er, das sei ja nur geschehen,
Weil er — nach eignem juristischem Heft —
„Berechtigte Interessen" vertrat!-
— Wie's trefft I
Sie führen den Frieden im Munde stets
Und geberden sich, wenn man sie hört, nicht schlecht
Als die einzigen Hüter von Thron und Gesetz.
Aber daß man durch Klauseln und Hinterthüren,
Und Aanzel-Mißbrauch und Hetzen und Schüren
verhöhnt das Gesetz und den Frieden äfft —
Das macht nichts, — das ist ihr „göttliches
Recht!-
— wie's trefft! A, ^ s,
Geographie von Oldenburg
Oldenburg, Großherzogthum im Wendekreis des
Krebses. Sehr alten Ursprungs, ehemalige Nieder-
lassung des wüsten Königs Knut von Dänemark, der
mit einem Knobelbecher von Jütland herüberkam
Landesfarben: Karo, Pique, Coeur, Treff.
Das stehende Heer rekrutiert sich aus den
„ältesten Jungens" und wird nicht vereidigt.
Rechtssorm: 6oäo Ruhstrat. „
400000 Einwohner, darunter 50000 „Stral-
sunder", einen Minister, mehrere Staatsanwälte,
12 Referendare, Kellner, Gastwirthslehrlinge mit
exotischen Namen, Scheuer-
srauenund 20 000Juden; letz-
tere werden aber nicht im
Kasino geduldet.
Hauptbeschäftigung
für die christliche Bevölkerung:
„Skat mit Kucki und erhöh-
tem Einsatz", „Lustige Sie-
ben" und „Poker"; für die
Juden: „Gottes Segen bei
Kohn".
Die Residenzstadt Ol-
denburg liegtnatürlich an der
Hunte und besitzt 5 Ghmna-
sten, 11Hotels mitunbeschränk-
ter Konzession u. s. >v. Reges
geistiges Nachtleben!
Zahlungsmittel und
Geldsorten: Oldenburg hat
strenge Goldwährung; das
Silbergeld, insofern solches
vorkommt, wird sofort unter
den Tisch oder dem Oberkell-
ner an den Kops geworsen.
Zeitungen: „DerResi-
denzbote", Redakteur Bier-
mann (sitzt augenblicklich),
zweiter Redakteur Schwehnert
(sitzt augenblicklich). Ossizielles
Organ der Regierungskreise,
da es sämmtliche Spielverluste
und Gewinne der höheren
Beamten veröffentlicht.
Finanzen: Glänzend!
Werden aus der sogenannten
„Pinke" bestritten.
geplant).
1000
„Sein Sie vernünftig, Dicker! 'raus mit 100 Mark!"
Peters Vater ist Arbeiter. Peters Mutter
wäscht. Peter selbst ist zwölf Jahre alt.
Am 19. Dezember geht er zum Weihnachtsfest
in Vaters politischen Verein. Drei mächtige
Weihnachtsbänme, Chokolade und Gebäck, ei»
Rentei mit Leckereien, ein Paar mollige Pulswärmer.
Sicmj für die Kinder bis um 10 Uhr, darauf Bail
für die Erwachsenen- Peter schläft in der Garderobe,
bis die Eltern um 5 Uhr nach Hause gehen.
Am 20. geht er zum Weihnachtsbaum in einen
Nähverein wohlthätiger Damen. Chokolade und
Oiebäck, ein Beutel mit Leckereien, ein Paar warme
Strumpfe.
Am 21. geht er mit feiner Mutter zum Fest
der Handschuhmacher. Prachtvoller Baum, Choko-
lade und Gebäck, ein Beutel mit Leckereien, eine
Schachtel Zinnsoldaten. Um Mitternacht nach
Haus.
Am 22. ist er abends in der Krankenkasse.
Weihnachtsbaum und viel Ulk, Chokolade und
Gebäck, ein Paar Fingerhandschuhe, zwei Beutel
mit Leckereien, Tanz bis zum frühen Morgen-
Am 23. geht's zum Weihnachtsbaum in die
Sonntagsschnle. Mehr geistliche Lieder und weniger
Gebäck, als an den andern Orten. Ein Beutel
mit Leckereien. Ein Paar Hosen.
Am heiligen Abend ist Peter daheim.
Keine Extraanstalten, denn die Zeiten sind
schlecht, und man ist auch
ein klein wenig müde- Vater
und Mutter sind schweigsam.
Vater stillt seinen Nachdurst
mit viel, viel Flaschenbier.
Mutters Augen sind ein biß-
chen feucht. Jeden Augen-
blick trocknete sie sich mit
dem Handrücken ein Tröpf-
lein von der Nase. Sie rückt
näher an Vater heran und
versucht, seine Hand zu fas-
sen. Er spielt aber den
Flauen und sagt nichts.
Peter sitzt hinten an der
Thür und sieht böse drein.
Ein dreckiges Vergnügen,
das hier, so im Düstern.
Nicht ein bißchen Spaß.
Vater fängt seinen Blick
auf und hat Lust, ihm eine
zu langen, aber heut Abend
... da will er doch nicht.
Peter fühlt in der Tasche
nach den fünf Cigarren, die
er für die Pulswärmer ein-
getauscht hat. Dann reißt
er die Thüre auf und nimmt
Reißaus, auf dem Wege
durch die Küche bringt er
noch eine Schachtel Streich-
hölzer an sich. 0'itungsn
Er treibt sich in den stillen Straßen herum,
die Cigarre im Munde. Vor einem vornehmen
Hause bleibt er stehen. Da drinnen singen sie,
er sieht den Baum und den Glanz ... wüthend
wirft er einen Stein durch die Scheiben und läuft,
was er kann, um die Ecke die Straße entlang.
Nun steht er still und zündet die dritte Cigarre
an. Eine Weile drauf übergibt er sich und ist
sehr elend. Um I llhr gelangt er nach Hause und
bekommt gehörige Prügel, weil er die Eltern weckt.
(Aus dem Dänischen von H. Kiy)
Mie's trefft!
Lin politisches Couplet
In Bayern wurde ein katholischer Geistliche»
wegen Beleidigung zu 10 Alk. Geldstrafe ver-
urtheilt, weil er von der Kanzel herab gegen
ein liberales Blatt agitiert hatte.
Der Erzbischof von Lreiburg hat in einem Diö»
cesan-Lrlaß seinen Klerus ermahnt, auch in der seel-
sorgerischen Thatigkeit die liberalen preßerzeugniffe und
liberale Gesinnung der Pfarrkinder zu bekämpfen.
Ja, ja, das paßt ihnen so, den Herrn,
UUt erzbischöflicher Approbation
Sonntags von der Ranzel herunterzuplärr'n
Wider diese verfluchten Liberalen!
Aber wenn die mit gleicher Münze bezahlen,
Dann jammert die ganze Schaar und kläfft,
Man verfolge die heilige Religion!-
— wie's trefft I
Cnäe gut — Hlles gut!
,15 eil Dir im Siegeskran;-“
notij: jür Windhuk wird ein großes Kaiserdenkmal
Da beschimpft so ein biederer Gottesmann
Grundlos als „schlecht" ein ehrliches Blatt,
Und greift es lustig von hinten an.
Aber muß er dann vor dem Richter stehen,
Erklärt er, das sei ja nur geschehen,
Weil er — nach eignem juristischem Heft —
„Berechtigte Interessen" vertrat!-
— Wie's trefft I
Sie führen den Frieden im Munde stets
Und geberden sich, wenn man sie hört, nicht schlecht
Als die einzigen Hüter von Thron und Gesetz.
Aber daß man durch Klauseln und Hinterthüren,
Und Aanzel-Mißbrauch und Hetzen und Schüren
verhöhnt das Gesetz und den Frieden äfft —
Das macht nichts, — das ist ihr „göttliches
Recht!-
— wie's trefft! A, ^ s,
Geographie von Oldenburg
Oldenburg, Großherzogthum im Wendekreis des
Krebses. Sehr alten Ursprungs, ehemalige Nieder-
lassung des wüsten Königs Knut von Dänemark, der
mit einem Knobelbecher von Jütland herüberkam
Landesfarben: Karo, Pique, Coeur, Treff.
Das stehende Heer rekrutiert sich aus den
„ältesten Jungens" und wird nicht vereidigt.
Rechtssorm: 6oäo Ruhstrat. „
400000 Einwohner, darunter 50000 „Stral-
sunder", einen Minister, mehrere Staatsanwälte,
12 Referendare, Kellner, Gastwirthslehrlinge mit
exotischen Namen, Scheuer-
srauenund 20 000Juden; letz-
tere werden aber nicht im
Kasino geduldet.
Hauptbeschäftigung
für die christliche Bevölkerung:
„Skat mit Kucki und erhöh-
tem Einsatz", „Lustige Sie-
ben" und „Poker"; für die
Juden: „Gottes Segen bei
Kohn".
Die Residenzstadt Ol-
denburg liegtnatürlich an der
Hunte und besitzt 5 Ghmna-
sten, 11Hotels mitunbeschränk-
ter Konzession u. s. >v. Reges
geistiges Nachtleben!
Zahlungsmittel und
Geldsorten: Oldenburg hat
strenge Goldwährung; das
Silbergeld, insofern solches
vorkommt, wird sofort unter
den Tisch oder dem Oberkell-
ner an den Kops geworsen.
Zeitungen: „DerResi-
denzbote", Redakteur Bier-
mann (sitzt augenblicklich),
zweiter Redakteur Schwehnert
(sitzt augenblicklich). Ossizielles
Organ der Regierungskreise,
da es sämmtliche Spielverluste
und Gewinne der höheren
Beamten veröffentlicht.
Finanzen: Glänzend!
Werden aus der sogenannten
„Pinke" bestritten.
geplant).
1000