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In ganz Deutschland rüstet man sich schon jetzt zur Feier des 9. Mai 1905,
des hundertjährigen Todestages unseres großen v. Schiller. Am glänzendsten wird
diese Feier natürlich in der Neichshauptstadt Berlin werden; aus dem reichen Pro-
gramm hebei: wir folgende Punkte hervor: Im Garten der Kaiser-Wilhelms-Aka-
demie für das militär-ärztliche Bildungswesen wild ein Denkmal Schillers in
der Uniform des württembergischen Grenadierregiments des Generals Auge er-
richtet, bei dem Schiller bekanntlich als Medicus stand. Das Königliche Garde-
Train-Bataillon erhält den Namen „v. Schiller". Die Franz-, Andreas-, Philipp-,
Louisen-, Elisabeth-, Wilhelm- und Albrecht-Strasze werden umgetauft in Franz v.
Moor-, Andreas v. Doria-, Philipp II. König von Spanien-, Louise Millerin-, Elisa-
beth Königin von England-, Wilhelm Tell- und Albrecht Graf v. Wallenstein Herzog
v. Friedland-Straße. Die Döberitzer Heerstraße, die zur Erinnerung an die „Braut
von Messina" den Namen „Straße von Messina" erhält, wird mit 129 Marmor-
bildsäulen Schillerscher Gestalten besetzt. Auf dem Tempelhofer Felde findet eine große
Trauerparade der Berliner und Potsdamer Garnison statt. Die für die Schulen ge-
plant gewesenen Schillerfeiern werden aufgehoben, weil an dem Festtage der Parade
wegen die Schule ausfällt. Im Opernhause findet eine Festvorstellung statt; gegeben
wird der „Bajazzo" von Leoncavallo; zur Erinnerung an Schillers Todestag er-
scheinen die Damen in tiefer Trauer und ebensolchem Decollete. Der königliche Hof-
lieferant Ruggiero Leoncavallo erhält den Auftrag, Schillers „Abfall der Niederlande"
zu einer heiteren Oper zu verarbeiten, und zwar spätestens bis zum zweihundertsten
Geburtstage des Dichters, dem l0. November 1959. In Anerkennung der Verdienste
Leoncavallos um das deutsche Vaterland wird derselbe am Festtage zum General-
stabstrompeter a 1a 8uit6 des Garde-Train-Bataillons „v. Schiller" ernannt; gleich-
zeitig erhält er den bis dahin ausgesammelten Schillerpreis. Frido
6me historische Ministersitzung
„Die revolutionäre Heye
Verstößt ja gegen die Gesetze.
Der Zar sei autonomer Chef!"
So sprach der Graf M u r a w i e w.
„Der Zar kann doch in seinen
Ländern
Gesetze, die bestehen, ändern.
Er gebe Rechte seinem Volk!"
So sprach der Fürst Swiatopolk.
„was soll das Volk mit solchen
Sachen,
wie Budget und Etat, denn machen?
Es steckt zu tief in seinem Soff!"
So sprach der Herr v. Rokowzow
„wer heute, meine lieben Rinder,
Dem Volk was gibt, der ist ein
Sünder,
Den Gott mit Höllenstrafen rreff'l"
So sprach Herr pobjedonoszew.
„was ihr da redet, ist ja (Quatsch!
Uns droht der große RIadd'radatsch.
Gewähr' dem Volke seine Bitte,
Großmächt'gcr Zar!" So sprach
Herr Witte.
Da schrieb in einem Manifeste
Der Zar, er wolle stets das Beste;
Es staunt das Volk: „welch
weiser Zar!"
lind alles blieb, sowie es war!
Frido
iltebe Jugenbl London, Dez. 04
Als ich heute aufwachte, befand ich mich in einem Nebelmeer. Zunächst glaubte
ich, es lüge ein Attentat mittels Verstopfung der Ofenröhre vor, aber es war ein
Jrrthum: ganz London war benebelt. Ich zog mich also an und trabte nach
Holborn hinunter. Es sind vierzig Meter Weg von meiner Wohnung und so war
ich denn auch schon nach drei Stunden am Ziel. Es wäre nicht so schnell gegangen,
hätte ich mir nicht eine Schneeschaufel mitgenommen und den Nebel vor mir weg-
geschaufelt. Man hat behauptet, ich hätte dabei eine alte Dame mitgeschaufelt und in
kühnem Schwung mitten durch den Nebel in's Ungewisse befördert.
In Russell Square stieß ich mit etwas Hartem zusammen. Ich hielt es für
einen Laternenpfahl, aber da es „Excuse“ sagte, muß es wohl ein Schädel gewesen
sein. Als ich mich nach dem „Etwas" umsah, trat mir ein Droschkengaul aus die
große Zehe.
— Woher der Nebel kommt? Die Ansichten sind verschieden. Am meisten Zu-
stimmung findet noch die Erklärung der „Times", das Bersch le ierungs syst ein
der deutschen Politik sei an dem Nebel Schuld. Ich kann mich jedoch dieser
Ansicht nicht anschließen. Karlchen
In einer American Bar zu Frankfurt am Main verlangte ein russischer
Fürst von der konzertierenden Kapelle, sie solle einen Triumphmarsch auf Kischinew
spielen. Da ein solcher noch nicht existiert und Leoncavallo, der ihn aus Wunsch des
Fürsten in zehn Jahren sofort komponiert hätte, gerade nicht anwesend war, so wurde
der Marsch nicht gespielt. Plötzlich prügelte der Fürst einen anwesenden Frankfurter
Weinhändler. Die Polizei war taktlos genug, statt des deutschen Weinhändlers den
russischen Fürsten sestzunehmen. Auf der Wache behauptete der Fürst, er habe nur
einen deutschen Neutralitätsbruch geahndet; zwischen den Musikern habe er zwei
japanische Torpedoboote bemerkt; obwohl dieselben natürlich ihre Flagge nicht gezeigt
hätten, sondern als Kellner verkleidet gewesen seien, habe er sie genau erkannt.
Eine Deputation der klerikalen Nationalisten hat sich aus Paris nach Rom
begeben,um dietzeiligsprechung ihres verewigten Nationalheros Shveton
energisch zu betreiben.
c
Julius Nie; «Selbstbildnis
Liebe „lugend"!
ver Mann da hinten bin ich. ver Bleiftift gehört mir. Der
ehrliche Finder Darf ihn behalten. Mein ganrer Neichthum ist meine
lnfluenra, mit welcher ich verbleibe Dein 1uliu5.
Schillers Todrenfeier
In ganz Deutschland rüstet man sich schon jetzt zur Feier des 9. Mai 1905,
des hundertjährigen Todestages unseres großen v. Schiller. Am glänzendsten wird
diese Feier natürlich in der Neichshauptstadt Berlin werden; aus dem reichen Pro-
gramm hebei: wir folgende Punkte hervor: Im Garten der Kaiser-Wilhelms-Aka-
demie für das militär-ärztliche Bildungswesen wild ein Denkmal Schillers in
der Uniform des württembergischen Grenadierregiments des Generals Auge er-
richtet, bei dem Schiller bekanntlich als Medicus stand. Das Königliche Garde-
Train-Bataillon erhält den Namen „v. Schiller". Die Franz-, Andreas-, Philipp-,
Louisen-, Elisabeth-, Wilhelm- und Albrecht-Strasze werden umgetauft in Franz v.
Moor-, Andreas v. Doria-, Philipp II. König von Spanien-, Louise Millerin-, Elisa-
beth Königin von England-, Wilhelm Tell- und Albrecht Graf v. Wallenstein Herzog
v. Friedland-Straße. Die Döberitzer Heerstraße, die zur Erinnerung an die „Braut
von Messina" den Namen „Straße von Messina" erhält, wird mit 129 Marmor-
bildsäulen Schillerscher Gestalten besetzt. Auf dem Tempelhofer Felde findet eine große
Trauerparade der Berliner und Potsdamer Garnison statt. Die für die Schulen ge-
plant gewesenen Schillerfeiern werden aufgehoben, weil an dem Festtage der Parade
wegen die Schule ausfällt. Im Opernhause findet eine Festvorstellung statt; gegeben
wird der „Bajazzo" von Leoncavallo; zur Erinnerung an Schillers Todestag er-
scheinen die Damen in tiefer Trauer und ebensolchem Decollete. Der königliche Hof-
lieferant Ruggiero Leoncavallo erhält den Auftrag, Schillers „Abfall der Niederlande"
zu einer heiteren Oper zu verarbeiten, und zwar spätestens bis zum zweihundertsten
Geburtstage des Dichters, dem l0. November 1959. In Anerkennung der Verdienste
Leoncavallos um das deutsche Vaterland wird derselbe am Festtage zum General-
stabstrompeter a 1a 8uit6 des Garde-Train-Bataillons „v. Schiller" ernannt; gleich-
zeitig erhält er den bis dahin ausgesammelten Schillerpreis. Frido
6me historische Ministersitzung
„Die revolutionäre Heye
Verstößt ja gegen die Gesetze.
Der Zar sei autonomer Chef!"
So sprach der Graf M u r a w i e w.
„Der Zar kann doch in seinen
Ländern
Gesetze, die bestehen, ändern.
Er gebe Rechte seinem Volk!"
So sprach der Fürst Swiatopolk.
„was soll das Volk mit solchen
Sachen,
wie Budget und Etat, denn machen?
Es steckt zu tief in seinem Soff!"
So sprach der Herr v. Rokowzow
„wer heute, meine lieben Rinder,
Dem Volk was gibt, der ist ein
Sünder,
Den Gott mit Höllenstrafen rreff'l"
So sprach Herr pobjedonoszew.
„was ihr da redet, ist ja (Quatsch!
Uns droht der große RIadd'radatsch.
Gewähr' dem Volke seine Bitte,
Großmächt'gcr Zar!" So sprach
Herr Witte.
Da schrieb in einem Manifeste
Der Zar, er wolle stets das Beste;
Es staunt das Volk: „welch
weiser Zar!"
lind alles blieb, sowie es war!
Frido
iltebe Jugenbl London, Dez. 04
Als ich heute aufwachte, befand ich mich in einem Nebelmeer. Zunächst glaubte
ich, es lüge ein Attentat mittels Verstopfung der Ofenröhre vor, aber es war ein
Jrrthum: ganz London war benebelt. Ich zog mich also an und trabte nach
Holborn hinunter. Es sind vierzig Meter Weg von meiner Wohnung und so war
ich denn auch schon nach drei Stunden am Ziel. Es wäre nicht so schnell gegangen,
hätte ich mir nicht eine Schneeschaufel mitgenommen und den Nebel vor mir weg-
geschaufelt. Man hat behauptet, ich hätte dabei eine alte Dame mitgeschaufelt und in
kühnem Schwung mitten durch den Nebel in's Ungewisse befördert.
In Russell Square stieß ich mit etwas Hartem zusammen. Ich hielt es für
einen Laternenpfahl, aber da es „Excuse“ sagte, muß es wohl ein Schädel gewesen
sein. Als ich mich nach dem „Etwas" umsah, trat mir ein Droschkengaul aus die
große Zehe.
— Woher der Nebel kommt? Die Ansichten sind verschieden. Am meisten Zu-
stimmung findet noch die Erklärung der „Times", das Bersch le ierungs syst ein
der deutschen Politik sei an dem Nebel Schuld. Ich kann mich jedoch dieser
Ansicht nicht anschließen. Karlchen
In einer American Bar zu Frankfurt am Main verlangte ein russischer
Fürst von der konzertierenden Kapelle, sie solle einen Triumphmarsch auf Kischinew
spielen. Da ein solcher noch nicht existiert und Leoncavallo, der ihn aus Wunsch des
Fürsten in zehn Jahren sofort komponiert hätte, gerade nicht anwesend war, so wurde
der Marsch nicht gespielt. Plötzlich prügelte der Fürst einen anwesenden Frankfurter
Weinhändler. Die Polizei war taktlos genug, statt des deutschen Weinhändlers den
russischen Fürsten sestzunehmen. Auf der Wache behauptete der Fürst, er habe nur
einen deutschen Neutralitätsbruch geahndet; zwischen den Musikern habe er zwei
japanische Torpedoboote bemerkt; obwohl dieselben natürlich ihre Flagge nicht gezeigt
hätten, sondern als Kellner verkleidet gewesen seien, habe er sie genau erkannt.
Eine Deputation der klerikalen Nationalisten hat sich aus Paris nach Rom
begeben,um dietzeiligsprechung ihres verewigten Nationalheros Shveton
energisch zu betreiben.
c
Julius Nie; «Selbstbildnis
Liebe „lugend"!
ver Mann da hinten bin ich. ver Bleiftift gehört mir. Der
ehrliche Finder Darf ihn behalten. Mein ganrer Neichthum ist meine
lnfluenra, mit welcher ich verbleibe Dein 1uliu5.
Schillers Todrenfeier