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1905

J UGEND

Nr. 33

Der sterbende Konstitutionalismus

Wir sind mit der Konstitution
Nun wirklich bald zu Ende,

Flott werden die Völker weiter regiere
Auch ohne Parlamente!

In Ocstrcich Ungarn, dem klassischen Reich
Des längst lebendig-toten
Parlamentarismus, bewilligt man
Im Ex Lex ruhig die G-usren!

Lei uns, da werden im Handumdrch'n
Entschieden die wichtigsten Fragen
In jener Zwischenzeit, wo man ließ
Das hohe Haus stch vertagen!

Der Redner lange Debatten sind werth
Zumeist nicht einen Groschen —

Das Rsrn bringt man ohne Reichstag herein,
Dort wird nur das Stroh gedroschen!

Warum denn stehen immer mehr still
Die parlamcntsmaschincn? —

Das liegt an denen völlig allein,

Die sic ganz falsch bedienen!

Anstatt der Völker Segen und Heil
Vor Allem zu ermessen,

V e r t r e t c >t die Meisten Jahr aus,

Jahr ein

Nur eigene Interessen!

Krokodil

*

Aus dem Leven Leopolds des frommen

Leopold, mit dem Beinamen der Fromme, war
ein gar wunderlicher Heiliger. Die allgemeine Auf-
merksamkeit der gläubigen Christenheit lenkte er auf
sich im Jahre des perrn zyos, als er zu Brüssel
in der Kirche eine fromme, Gott wohlgefällige
Rede hielt, in der er die Geistlichkeit pries und
also schloß: „Laßt uns am Fuße des Altars

niederknicn, damit Gott Belgien die Fortdauer der
Güter gewähre, die die Nationen stark und glück-

lich machen." wahrlich, fein Ehristenthum war
echt und unverfälscht. Er übertraf noch den heiligen
Llias an Tugend; denn dieser zog sich in die wüste
zurück und lebte von Wasser und wurzeln, Leopold
der Fromme aber wagte sich mitten in die Stadt
der Sündenlust, nach Paris, und Wasser hat er
nie getrunken. Die Ucppigkeit der Weiber war
ihm ein Greuel, und sein perz galt nur der schlanken
Tläo, deren Schauder vor dem Nackten so weit
ging, daß sie sogar ihre (Uhren den lüsternen Augen
der Menschheit entzog.

Trotz dieses gottgefälligen Lebenswandels hatte
ihm der perr gleich seinem Diener Biob schwere
Prüfungen geschickt. Nicht nur, daß ein Pferd,
auf das er mit prophetischem Geiste gewettet hatte,
als zweites durch's Ziel kam, hatte er auch eine
Tochter Louise mit Namen, die ihm gar arges
kerzeleid bereitete, was dem frommen Leopold
als unantastbar galt, das heilige Band der Ehe,
sie brach es. Und als man ihren fündigen Geist
für nmnachtet erklärte, da hatte sie so wenig
Achtung vor dem weißen paar ihres Vaters, daß
sic das Gegentheil nachwics und gesund blieb und
ihrem Vater viel Geld kostete. Aber auch die
übrigen Rinder häuften manchen Rümmer auf
das Paupt des frommen Leopold. 2IIs er, um
sic von Verschwendung und vollere! abzuhalten,
seinen Thenrcn das Erbtheil der Mutter vorenthielt,
da verklagten sic ihn heimtückisch. Seinen größten
Schmerz aber erlebte er an seinem treuen Volk.
Denn als ihm seine Weisheit weisgemacht hatte,
daß sich Deutschland mit Frankreich oder mit Eng-
land oder mit Rußland oder mit dem Fürstenthum
Liechtenstein verbünden wolle, um die ihm ge-
fährliche Großmacht Belgien mit einer Ranone
zu beschießen, da reifte in ihm der Entschluß,
seine Stadt Antwerpen zu befestigen. Aber
ach, das Volk wollte nicht hören auf die Stimme
feines Propheten. Da beschloß Leopold der Fromme,
sich vom politischen Leben zurückzuziehen und den
Rest seiner Tage in der Abgeschlossenheit der
Hotelzimmer in stiller Anbetung zu verbringen.

Kai-lclieu

lJax rische Scschichtchcn

„Nicht jeder Liberale ist ein Lump,

Wohl aber jeder Lump ein Liberaler" —
Ein prächtig Wort! Gebucht, vorerst auf Pump
Kommt Zeit, kommt Rath. Zeit ist ein

guter Zahler!

Und sieh, sie öffnet ihre Börse schon:

In T r a u n st ein, einem nette» schwarzen Städtchen
Schrieb ein paar Jahre lang ein perr Baron
Ein recht erbaulich nettes schwarzes Blättchen.

Für Wahrheit, Sitte, Recht! EinEentrumsleu
Ein Ritter ohne Furcht und ohne Tadel!

Er richtete, verdammte ohne Scheu, —

Denn seine Tugend war ja auch von Adel.

Doch sieh, da kommt die Zeit, und zieht ihm keck
Die Larve weg vom Angesicht, dem frechen ...
Und es entpuppt sich — was? — Pfui, Nasen weg! —
Ein Ulen sch mit allen möglichen

Verbrechen.

Ei gar? verflucht! Ist so was möglich? Traun!
So schwarz sie sind, selbst ihnen kommt's

gedämmert.

wie sie den adligen „Privatmann" schan'n!
Einweilchen sind sie sehr beschorbelemmert...

Doch nicht zu lang. Volk! Scher' Dich nit darumb!
Und schrei bald wieder, schrei noch kolossaler:
„Nicht jeder Liberale ist ein Lump —

Doch jeder Lump, nicht wahr?-

ein Liberaler!*

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6zy
Index
A. D. N.: Bayrische Geschichtchen
Karlchen: Aus dem Leben Leopolds des Frommen
Krokodil: Der sterbende Konstitutionalismus
 
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