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JUGEND

6s wird HUte befahlt!

Als jüngst in München durch ein Automobil ein Radfahrer verunglückte, rief der Lhauffeur zur Be-
ruhigung des Publikums^ „Ls wird Alles bezahlt!"

Rast ein Automobil so geschwind als es will, durch die Straßen mit Schnellzugsgewalt —
Werdet nur nicht nervös vom Gestank und Getös — seid getrost: es wird Alles bezahlt!
Was ist weiter dabei, wenn man Linen zu Brei auch zerwalzt und zerstampft und zermahlt,
Daß es quietscht, daß es knarzt? Apotheker und Arzt u. s. f. — es wird Alles bezahlt!
Sei es Weib oder Kind, sei es Schaf oder Rind oder Schwein, fei es Jung oder Alt,

Sei es Hund oder Katz, was uns stört auf dem Platz — es ist hin! Doch wird Alles bezahlt!
Auch ein Pferdegespann ficht uns weiter nicht an — wenn es durchgeht, so bleiben wir kalt,
Bricht der Kutscher den Hals und das Roß ebenfalls — na, was macht's?

Ls wird Alles bezahlt!

Ist ein Zaun dort zerschellt, ein Laternpsahl gefällt, weil wir dran in der Eile geprallt,
Zählt man Dir aus dem Haus eine Lcke heraus — halt Dein Maul: es wird Alles bezahlt!
Armer Schlucker zu Fuß, der zu seinem Verdruß sich bald ganz sieht verbannt vom Asphalt —
Glaubst Du, daß Du uns hemmst, meinst Du etwa, man bremst wegen Dir, —

wenn man Alles bezahlt! —

Denn wir haben das Geld, drum gehört uns die Welt, drum wird lustig geprotzt, daß es knallt:
Linen stotten Lhauffeur irritiert kein Malheur, weil er's hat, daß er Alles bezahlt!")

Pil>s

*) Anmerkung des Setzers:

Aber oft, wie es heißt, wenn er Linen zerschmeißt, macht der schneidige Autler nicht Halt,

Sondern fährt wie der Wind um die Lcke geschwind, eben weil er sonst Alles bezahlt!

Doch wenn Volk und Gendarm ihn gepackt mit AUarm und er sieht alle Zauste geballt —

3a, dann schreibt er den Lhec, spricht: Was kostet der Dreck? — Laßt mich aus — es wird Alles bezahlt!

-Auch eine LieKesgaLe

sDer Bremer Hweigverein des vaterländischen
Zrauenvereins hat mit den Liebesgaben für unsre
Truppen in Afrika S222 antialkoholiftische Belehrungs-
Karten und. 222 Broschüren „Der Alkohol und seine
Gefahren" geschickt.)

Hurrah, der Bremer Zweigverein
Und seine Liebesgaben!

Was müssen uns're Truppen ein
Vergnügen daran haben!

Die Truppen, die in Sonnengluth
Bei. schmuh'gem Wasser dursten,

Sie sind gewiß von .Herzen gut
Den bremischen Hanswursten!

Von soviel Güte ganz geknickt
Sprech ich: „Ihr tapfren Streiter,

Hätt' Ihr ein Füßchen Wein geschickt,
Das wäre viel gescheiter.

Wenn nur die Sendung nicht dem Feind
Fällt in die schwarzen Hände,

Sonst würden die Hereros gar
Am End' noch Abstinente.

Itini

^sckeckisckes VecK!

U!it Rußland kokettierte frech
In seiner Falschheit unser Tschech',

Seit dem Dsibacle aber — ach!

Gab's in der Liaison 'nen Krach.

Nun äugelt lieb Libuscha's Sohn
NUt Etzels großer Nation,

Doch kommt dabei für ihn — o Grans I
Litt Hohenzollernprinz heraus.

Charivari

1905

Ilachblänge vom Kafholikenfag

Religiöse Epigramme von Lr!-Lri

1. Das Reservarrecht

was auch Ihr Liberalen radbrecht,

Herr Pichler thut der Welt zu wissen,

Es sei ein bayrisch Reservatrecht,

Daß Christ und Antichrist sich küssen!

2. Missionarisches

Es fand im fernen Afrika

Herrn Roerens Photogramm ein Milder.

Der schrie: „Herr Ulissionspapa!

Seht! Lauter Kleider! welch obscöne Bilder!"

3. Der tiefere Grund

Als sie den Apfel aufgegessen,

Da sahen Beide, daß sie nackt.

Drum hütet Euch vorm Apfelefsen!

Ls macht den Kunstsinn ganz vcrtrakt.

4. Veränderte Landessarben

Gar mancher Christ ward roth vor Aerger,
weil roth und schwarz die ganze Landschaft.

Sind denn wir Bayern württemberger?
wie kam das nur? — Durch

Wahlverwandtschaft!

De gustibus....

Auf dem Straßburger Ultramontanenmeeting
hat Erbprinz von Löwenstein erklärt:

In meinem Leben habe ich besonders drei
Aeußerungen des Uluths bewundert; die eine,
wenn jemand sich operieren läßt ohne Narkose;
diezweite, wenn ein junger NIann zwischen 20 und
30 Jahren im Gasthof vor und nach dem Essen
das Kreuzzeichen macht, und die dritte, wenn ein
Volksschullehrer den Mnth hat, einem
katholischen Lehrerverein beizutreten."

Uns sind im Leben besonders zwei Aeußer-
ungen von politischer Geschmacklosigkeit
unglanblich erschienen:

;. wenn ein volksschullehrer sich beim Centrum
zum Stiefelputzer des Klerus hcrabwiirdigt, welcher
den Lehrerstand seit Jahrhunderten schuriegelt und
mit Füßen tritt.

2. wenn ein Adeliger gemeinsame Sache macht
mit den bayrischen Ultramontanen, die das rüdeste
Knotenthum aus ihre Fahne geschrieben haben.

„Jugend“

/



-i

Aus der Kanone geschossen

702

A. Mrawek (München)
Index
A. Mrawek: Aus der Kanone geschossen
Pips: Es wird alles bezahlt!
Bim: Auch eine Liebesgabe
Charivari: Tschechisches Pech
Redaktioneller Beitrag: De gustibus...
Cri-Cri: Nachklänge vom Katholikentag
 
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