das wird auch Dich, mein Sahn, noch tn Helle
Wuth versetzen, wenn die Zeit kommen wird, wo
Du mir Enkel schaffen mußt."
„Hm, Enkel schaffen! Aufrichtig gesagt, habe
ich keine rechte Lust dazu. Für wen besorgst Du
eigentlich diese traurigen Geschäfte?.. . Für Dich?
Wer bist Du? Wodurch sind wir .wer'?"
„Durch das Prinzip, das stets verhunzt; da-
durch, lieber Sohn, daß wir ihnen die GotteS-
gaben der Generation verekeln, daß wir ihnen
das Stärkste, was sie besitzen, als verabscheuungs-
würdige Sachen ausmalen und verschänden. Das
haben schon unsere Vorfahren gründlich besorgt,
so gründlich, daß wir nun über ein ganzes Armee-
corps von Verbündeten bei dem Menschenvolk ver-
fügen. Es ist nichts lustiger, als zu sehen, >vie
die ganze Bande nach unserer Pfeife tanzt. Wir
haben es, zum schmerzlichen Kummer unseres großen
Widersachers, schon so weit gebracht, daß sie ihre
eigene nackte Gestalt — die ja nur ein Abbild der
göttlichen ist! — und ihr eigenes Fleisch hassen und,
anstatt es zu stärken, es nach unseren insernalischcn
Rezepten abtödten. Eine reizende Sache!"
„Das finde ich nicht. Möchte lieber selber Fleisch
und Bein sein, und wäre es nur für eine einzige
Liebesnacht. Meine ganze Kronprinzenherrlichkeit
gäbe ich dafür hin. Statt dessen suchst Du mir
perverse Begierden einzuflößen, die nur Durst und
Qual hinterlassen. Wann endlich wirst Tu mir
auch nur den Schein einer reellen Befriedigung ge-
währen?"
„Kommt schon, Prachtjunge! Freilich, duftige
Hexenbraten kann ich Dir nicht mehr versetzen, so
wenig wie Ketzerragout ä la Thomas Torquemada.
Diese Leckerbissen hat mir der große Alte durch die
verdammte Aufklärung versalzen, mit der er das
Lumpenpack ausgestattet hat, um sich gegen unsere
Kukukskünste wehren zu können. Wir müssen uns
darauf beschränken, uns an der Verzweiflung und
Selbsterniedrigung dieser infamen, über alles Ver-
dienst reichbegabten Gottesgeschöpfe zu ergötzen, an
den Wunden, die sie sich gegenseitig schlagen, an
ihrer Angst vor der Hölle, an der Furcht vor ihrer
eigenen göttlichen Nuditüt, an der drolligen Ent-
rüstung, mit der sie vor dem Anblick selbst noch
unentwickelter Geschlechtlichkeiten zurückschrecken."
„Das Alles nwg ja sür einen älteren Herrn, wie
Du bist, leidlich interessant sein. Aber ich, der ich
niich noch jung fühle, Pfeife darauf. Möchte nicht
blos .dabei sein', sondern selber zeugen, meinetwegen
Teufel, wenn's nicht anders geht. Aber zeugen,
zeugen, verstehst Du niich? Nicht immer blos zer-
stören, andern das Dasein verekeln!"
„Wie oft muß ich Dir sagen, daß Du selber nicht
zeugungssähig bist und nur durch Schmarotzerkünste
die Kosten Deiner Unterhaltung bestreiten kannst.
Wir existieren sozusagen nur von Menschendumm-
heits-Gnaden, — ein übelriechendes Nebenprodukt
menschlicher Gedankenlosigkeit, Bosheit und Schwäche.
Sozusagen die Materialisation ihres Defizits an
Würde, Muth uird Güte, ihres freiwillige» saerificio
dell’ inteletto. Erst mißbrauchen sie ihre Gottes-
gaben, dann kriegen sic Angst, nicht vor sich selber,
sondern vor dem Teufel. So gebären sie uns im-
mer von Neuem, ihre Furcht ist unser Jungbrunnen.
Halte Dich namentlich an die Pfaffen aller Art, die
selber von der Angst ihrer Mitmenschen leben. Und
bekämpfe überall, wo Du ihr begegnest, die ver-
fluchte Aufklärung und namentlich die medizinische
Wissenschaft und Alles, was nach einer pietätvollen
Verehrung der göttlichen Generation schmeckt. Lasse
nur keinen würdevollen Kultus der Schönheit auf-
kvmmen, beschütze die Heimlichkeit und ihre entnerven-
den Sünden, und wie gesagt: halte Dich an die
Angstmacher! Verachte keinen, auch nicht die Kunst-
und Literaturpsafsen. Sie sind für unsere teuflischen
Gelüste fast ebenso wichtig wie unser lieber Vetter
Alkohol und unsere brave Tante Lues."
„Und wie verhält es sich eigentlich mit der Engcl-
macherei und dem Kindermord, auf die Du so viel
hältst, lieber Papa?"
„Das hängt mit der Vorliebe der Kirche und des
kirchlich gesinnten Staates für das Ehejoch zusam-
men. Nur die Ehe darf Vollbürger produziere»,
die anderen gehören, wie jüngst ein Psäsflein richtig
kogLnlcliützo
lUorih Weinholdti
Wuth versetzen, wenn die Zeit kommen wird, wo
Du mir Enkel schaffen mußt."
„Hm, Enkel schaffen! Aufrichtig gesagt, habe
ich keine rechte Lust dazu. Für wen besorgst Du
eigentlich diese traurigen Geschäfte?.. . Für Dich?
Wer bist Du? Wodurch sind wir .wer'?"
„Durch das Prinzip, das stets verhunzt; da-
durch, lieber Sohn, daß wir ihnen die GotteS-
gaben der Generation verekeln, daß wir ihnen
das Stärkste, was sie besitzen, als verabscheuungs-
würdige Sachen ausmalen und verschänden. Das
haben schon unsere Vorfahren gründlich besorgt,
so gründlich, daß wir nun über ein ganzes Armee-
corps von Verbündeten bei dem Menschenvolk ver-
fügen. Es ist nichts lustiger, als zu sehen, >vie
die ganze Bande nach unserer Pfeife tanzt. Wir
haben es, zum schmerzlichen Kummer unseres großen
Widersachers, schon so weit gebracht, daß sie ihre
eigene nackte Gestalt — die ja nur ein Abbild der
göttlichen ist! — und ihr eigenes Fleisch hassen und,
anstatt es zu stärken, es nach unseren insernalischcn
Rezepten abtödten. Eine reizende Sache!"
„Das finde ich nicht. Möchte lieber selber Fleisch
und Bein sein, und wäre es nur für eine einzige
Liebesnacht. Meine ganze Kronprinzenherrlichkeit
gäbe ich dafür hin. Statt dessen suchst Du mir
perverse Begierden einzuflößen, die nur Durst und
Qual hinterlassen. Wann endlich wirst Tu mir
auch nur den Schein einer reellen Befriedigung ge-
währen?"
„Kommt schon, Prachtjunge! Freilich, duftige
Hexenbraten kann ich Dir nicht mehr versetzen, so
wenig wie Ketzerragout ä la Thomas Torquemada.
Diese Leckerbissen hat mir der große Alte durch die
verdammte Aufklärung versalzen, mit der er das
Lumpenpack ausgestattet hat, um sich gegen unsere
Kukukskünste wehren zu können. Wir müssen uns
darauf beschränken, uns an der Verzweiflung und
Selbsterniedrigung dieser infamen, über alles Ver-
dienst reichbegabten Gottesgeschöpfe zu ergötzen, an
den Wunden, die sie sich gegenseitig schlagen, an
ihrer Angst vor der Hölle, an der Furcht vor ihrer
eigenen göttlichen Nuditüt, an der drolligen Ent-
rüstung, mit der sie vor dem Anblick selbst noch
unentwickelter Geschlechtlichkeiten zurückschrecken."
„Das Alles nwg ja sür einen älteren Herrn, wie
Du bist, leidlich interessant sein. Aber ich, der ich
niich noch jung fühle, Pfeife darauf. Möchte nicht
blos .dabei sein', sondern selber zeugen, meinetwegen
Teufel, wenn's nicht anders geht. Aber zeugen,
zeugen, verstehst Du niich? Nicht immer blos zer-
stören, andern das Dasein verekeln!"
„Wie oft muß ich Dir sagen, daß Du selber nicht
zeugungssähig bist und nur durch Schmarotzerkünste
die Kosten Deiner Unterhaltung bestreiten kannst.
Wir existieren sozusagen nur von Menschendumm-
heits-Gnaden, — ein übelriechendes Nebenprodukt
menschlicher Gedankenlosigkeit, Bosheit und Schwäche.
Sozusagen die Materialisation ihres Defizits an
Würde, Muth uird Güte, ihres freiwillige» saerificio
dell’ inteletto. Erst mißbrauchen sie ihre Gottes-
gaben, dann kriegen sic Angst, nicht vor sich selber,
sondern vor dem Teufel. So gebären sie uns im-
mer von Neuem, ihre Furcht ist unser Jungbrunnen.
Halte Dich namentlich an die Pfaffen aller Art, die
selber von der Angst ihrer Mitmenschen leben. Und
bekämpfe überall, wo Du ihr begegnest, die ver-
fluchte Aufklärung und namentlich die medizinische
Wissenschaft und Alles, was nach einer pietätvollen
Verehrung der göttlichen Generation schmeckt. Lasse
nur keinen würdevollen Kultus der Schönheit auf-
kvmmen, beschütze die Heimlichkeit und ihre entnerven-
den Sünden, und wie gesagt: halte Dich an die
Angstmacher! Verachte keinen, auch nicht die Kunst-
und Literaturpsafsen. Sie sind für unsere teuflischen
Gelüste fast ebenso wichtig wie unser lieber Vetter
Alkohol und unsere brave Tante Lues."
„Und wie verhält es sich eigentlich mit der Engcl-
macherei und dem Kindermord, auf die Du so viel
hältst, lieber Papa?"
„Das hängt mit der Vorliebe der Kirche und des
kirchlich gesinnten Staates für das Ehejoch zusam-
men. Nur die Ehe darf Vollbürger produziere»,
die anderen gehören, wie jüngst ein Psäsflein richtig
kogLnlcliützo
lUorih Weinholdti