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Nr. 45

1905

Max Feldbauer Der Drener mit avec

OQuasst denn aa grüssen, wann er in Zivil is, llJicbl?"— „Dös glaabst! Älann
er aa damisch ausscbaugt, a Eeitnant is er deswegen doch!"

Falle dreimal wöchentlich schlafen, und niemals früher
als um Irrei Uhr. Hingegen standen sie täglich um
sieben Uhr Morgens auf und zähmten bis zum Mit-
tagessen sieben Säugethiere. Zu Mittag fraßen sie wie
die Krokodile, und Nachmittag, wenn im Beschäftigungs-
entwnrf „Fechten" stand, sangen sie das „Wirthshaus
an der Lahn" oder „Sperrt mich ein in Kesseln und
Fetten" — und der Fechtlehrcr, Oberleutnant Harro
Hutzle, spielte autodidaktisch Klavier dazu. — Die Fecht-
stunde existierte also sozusagen nur als Illusion im
Unterbcwußtscin des Equitationskommandos.

Item, Anton XVI. brannte darauf, die Fechtstunde
zu sehen. — Da er aber ein gütiger Kalif war, wollte
die Equitation beileibe nicht überfallen, sondern
schickte vorher seinen Personaleunuchen hin und ließ
sich schonend ansagen.

Oberleutnant Hutzle spielte just das Lied vom
siebenten Hinmtel und fiel daraus direkt ans den Rücken,
vielleicht sogar noch tiefer.

„Herr Rittmeister," sagte er dem Persoualadju-
tanten, „eine Inspizierung der Fechtstunde durch Se.
Exzellenz verbitte ich mir einfach. Ich bin mitten im
methodischesten Unterricht — meine Lehrzeit ist, leider
Gottes, sehr karg zugemessen — ich kann im Interesse
der Ausbildung keine Minute entbehren. — Willst Du
Se. Exzellenz nicht bewegen, vielleicht am Vormittag
zum Reiten zu kommen?"

Nein, antwortete der Rittmeister, als er am nächsten
Morgen wicderkam, Se. Exzellenz wünsche gerade dem
Fechten beizuwohnen, es sei da ein Erlaß vom Kriegs-
ministerium, wonach dem Fechtsport besondere Auf-
merksamkeit zu widmen wäre.

Das Gespräch fand auf der gedeckten Reitschule
statt. — Hutzle that einen Fluch von einer kurzen
Wand bis zur andern, wickelte ihn um den Peitschen-
stiel und lief vor Wuth kleine Touren auf der linken
Hand, bis er Strahlfäule bekam.

Als er sich so weit beruhigt hatte, ließ er die
Herren absitzen und versammelte sie um sich.

„Meine Herren," sprach er, „wer von Euch kann
fechten?"

Sabbatstillc. -

„Na — Ihr habts es doch gelernt — auf der
Akademie oder in der Kadcttenschule oder, die ehe-
maligen Freiwilligen, auf der Universität. Ich stell
mir vor, daß man da sehr viel sicht. — Also: wer
kann fechten?"

Kein Mensch.

„Nur keine falsche Bescheidenheit, meine Herren!
Ich meine ja nicht: Preisfechten. Ganz gemeines
Säbelfechten, zum Dienstgebrauch genügend, sozusagen
ein Herumraisonnieren mit der Hiebwaffe. — Na, Du,
zum Beispiel, Jäger! Du bist doch ein Riesenkerl,
bei steierischem Sterz ausgewachsen, Du hast sicher
eifrig Leibesübungen getrieben?"

„Ja, des Unterleibes," sprach Leutnant Jäger. —
Er meinte das Reiten.

„Unglaublich, wie man einen so prachtvollen Sport
vernachlässigen kann, noch dazu, wo das Ministerium
die Pflege besonders angeordnet hat! — Meine Herren,
wer hat im Fechten mehr als .genügend' gehabt?"

„Ich, Herr Oberleutnant!"

„Du, Kadett?" Das ist ja herrlich. — Was hast
denn gehabt?"

„Vorzüglich."

„Ab! Dann wirst Du Dich vor Sr. Exzellenz
produzieren. — Und wer »och? — Nysch, welche
Note hast Du gehabt?"

„Kaum genügend."

„Aber als Akademiker mußt Du doch was kennen?"

„Fleuret — ja."

„Fleuret kann ich nicht brauchen. — Also, es bleibt
dabei: der Jäger mit dem vorzüglichen Kadetten im
Vordergrund. Weiter hinten, wie Ihr einander grad
gegenüber zu steh'n kommts, meine Herren. — Alles
Andre — Ort, Zeit, Adjustierung — wird im Be-
fehl steh'n. — Ich bitt mir aus, daß Ihr einander nicht
auf die Köpf hauts, sondern auf die Klingen — es
sieht genau wie pariert aus. — Beweglichkeit und Ele-
ganz — das ist die Seele des Fechtsportes. Das Kriegs-
philisterium hat die besondere Pflege angeordnet."

Als der Schmied die rostigen SpadaS blank geputzt,
der Sattler die Masken geflickt und gesäubert hatte —
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Max Feldbauer: Der Diener mit avec
 
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