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Das war des Heilands vornehmer Geschmack:

Er haßte stets das lante Tugendpack,

Die satten, glatten Tugendflederwische,

Und setzte mit den Sündern sich zu Tische.

Auf dem Magdeburger Sittlichkeitskongreß er-
klärte Cic. Weber, daß die eigentlichen Urheber der
lex Heinze Hofprediger a. D. Stöcker und dessenFrak-
tionskollege Henning feien.

Weil nimmer selbst ihm ward des Göttlichen

Erfahrung:

Folgt er mit Sklavensinn der Bibel-Offenbarung.

III. Mein ZcKalz

(Lus dem Ziederbuche für AlttkichKeltsvereins
Schwestern,

herausgegeben von der Schamhaften Paula)

Was muß ich höre» ? Auch bei unfern Frommen
Glaubt mancher Mann, daß er der Vater ist.
Wenn endlich das ersehnte Kind gekommen,
Jndeß ein Andrer — schaudre, lieber Christi —
Ihm in das Handwerk pfuschte — sollt'

man's glauben?

Herr Pfarrer Weber — hah! — gestand es ein,
Und niemals, niemals werd' ich mir erlauben,
Solch frommen Mann der Lüge frech zu zeih'n.
Herr Roeren ist der Vater nicht; die Ehre
Gebührt Herrn Stöcker, doch nicht ihm allein;
Denn solchen Wcchselbalg zu zeugen wäre
Einer zu schwach; drum thaten sie's zu zwei'»,
Herr Stöcker und Herr Henning. Das verkrachte
Geschöpf mit Feigenblatt und Hängebauch
War also nicht katholisch, wie man dachte,
Nein, evangelisch, wie die Väter auch!

Doch gleichviel, welchen Glauben es auch hatte,
Eins lehrt uns die Geschichte sicher. Kind,

Daß die mit Bäffchen denen mit der Platte
In solchen Dingen doch noch über sind!

CrI-Crl

Was schiert mich eure „Pietät",

Die stets nur ins Vergangne späht,

Die Mumien nur will auferwecken,

Die längst schon tief im Grabe stecken!
Wann habt gestreut ihr neue Saaten?

Nur dazu seid ihr stets bereit:

Im Dienste der Vergangenheit

Die Zukunft schamlos zu verrathenl

Mein Schatz ist ein Doktor;
Der unterscheidet nur dann
Die Madel und die Buben,
Wenn sie Kleider anha'n.

Mein Schatz ist ein Lehrer,
Der komint zu mir rauf
Und gibt mir alle Tage
Zwei Gesangbuchvers' auf.

Was frommt es, daß ihr dumpf zum Himmel blickt
Und seufzend ruft: „Er hat das Leid geschickt!" —
Nein! Eller Unverstand hat es erzeugt
Und euer Leichtsinn blöd es großgefäugt.

Mein Schatz ist ein Kassierer,
Lr ist mein Kavalier.

Der übt immer Treue
Und Redlichkeit mit mir.

(An die rheinische provinziallgnode, die jüngst
ein orthodoxer Bekenntnis« abgelegt hat)

O meine Freunde am schönen Rhein,

Das macht mir wahrlich die tiefste Pein,
Daß ihr auch ließet euch schüchtern ein
Von Stöckereien und Muckerein.

Wo soll die Burg unsrer Freiheit sein,
Wenn nicht, wo glühet der goldene Wein,
Wenn nicht am Rhein, am freien Rhein?

Mein Schatz ist ein Torpsstndent
Und ich bin seine Flamm'.

Mir lesen jeden Tag den
Katechismus zufamm'.

II. 6in klurnenslrauss

(Orthodoxe Blasphemie)

Mein Schatz ist ein Küster
Und ich bin seine Dirn'.

Kommt mein Küster, dann küßt er
Mich höchstens auf die Stirn.

Denk ich an Jesu Wunderwerke,

An Luthers deutsche Heldenstärke
Und seh' euch Orthodoxen dann:

Kommt mich bei Gott ein Brechreiz an!
Ihr wohnt gleich frostgen Krüppelzwergen
An himmelhohen Flammenbergen!

Zweitausend Jahre blieb — o grauser Spott! —
Stets auf demselben Fleck der „liebe Gott"?

Was soll er dann uns Erdcnmenschen frommen?
Uns nützt kein Stillstand, nützt kein fauler Trott,
Wir müssen endlich, endlich vorwärts kommen,
Schlief auch in Ewigkeit der „liebe Gott".

Mein Schatz ist ein Gefreiter,
Stets hungrig ist er.

Geb' ich Wurst ihm, dann spricht er
Das Tischgebet vorher.

Die Kirche würde längst im tiefsten Grunde lvanken,
Wenn sie nicht stähle dreist den Ketzern die Gedanken.

Die Demuth haben sie aufs Banner dreist geschrieben;
Doch um die Herrschsucht geht's, nicht um

demüthig Lieben.

Mallker

Mein Schatz ist ein Kandidate,

Der glaubt hold und rein
An den Storch, der mich beißt, ach,

Alle Jahr in das Bein.

Frl<l<
Register
Walther: Festgaben zu Adolf Stöcker's 70. Geburtstag: Ein Blumenstrauss
Frido: Festgaben zu Adolf Stöcker's 70. Geburtstag: Mein Schatz
Cri-Cri: Festgaben zu Adolf Stöcker's 70. Geburtstag: Papa Stöcker
 
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