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Hobelbank-Verse

Um dem Zaren die Vorgänge in Scbastopo! in angenehmer Form zu
oerdeutlichen, trägt Witte allabendlich in Peierhof Hobelbank-Verse vor.
Witte: „Ist das nicht das Schwarze Meer?" —

Lhor: „Ja, das ist das Schwarze Meer!"

Witte: „Ist das nicht das Militär?"

Lhor: „Ja das ist das Militär!

Militär — Schwarzes Meer! —

O du schönes Militär
O du schönes Militär".

Der Zar, seine Familie und die Großfürsten amüsieren sich köstlich!

Oer eäle Ouläer Nikolaus

„Incldit in Scyllam, qui vult vitare Charybdim“

Demonstrationen. Schon zum zweiten Male donnerten die Kanonen
russischer Kriegsschiffe, von Revolutionären bedient, gegen das eigene Land,
schon zum zweiten Male richtete sich das Feuer russischer Kanonen gegen russische
Brüder; schon zum zweite» Male wehte von einer russischen Kriegsflotte die
rothe Fahne des Aufruhrs.

Und solche Flottendemonstrationen sollen nun dem Sultan
imponieren! _

pod

Pod fürchtet nicht die größte Schweine-Noth,
Erhöhter Fleischpreis macht ihm keine Noth.

Bor seinen Bauch stößt ihn kein Lauskanal,

Die Presse gar ist ihm durchaus egal.

Lukauus kriegt ihn jar nich bange schon,

Sein Auto steht geheizt seit lange schon-

Nur Eins macht den Champagnernipper klein,
Das ist an seinem Fuß das Zipperlein.

Und ach, nun wundert mich nicht inehr, bei Gott,
Wo sein Agrarierthum kommt her bei Pod:

Pod ist nicht Pod nur, und Agrarier —

Er ist das Höchste: Podagrarier. A. i>. n.

*

Kanteten. Der Hannover. Courier meldet über
das Schulkompromiß, es würden Kautelen vorge-
sehen werden, die die Mitwirkung der kommunalen
Setbstverwaltungsorqane bei streitigen Auffassungen
über Anträge aus Errichtung von Simultan,chulen
gegenüber der Regierung sichern. Der inzwischen
veröffentlichte Entwurf des Schulgeseßes gibt der
Auffassung des Hannover. Courier recht. Für die
Mitwirkung der kommunalen Selbstverwaltungsor-
ganc ist eine bestimmte Form gesunden. Die Ver-

treter dieser Organe haben nämlich in einem der-
artigen Falle eine Audienz bei dem Minister-Prä-
sidenten nachzusuchen. Dieser wird ihnen dann ant-
worten, die Angelegenheit schwebe bereits in dem
Stadium der Erivägungen und er gebe anheim, ob
unter diesen Umständen von der geplanten Audienz
nicht abgesehen werden solle. Beharren die Vertreter
der kommunalen Organe bei ihrem Wunsche, so wird
der Minister-Präsident sie freundlich empfangen. —

So ist denn durch dieses weitgehende
Entgeg enko in men jede Gefahr von der
Simultanschule abgewendet!



Sin modernes Märchen

Ls war einmal ein !Nann, der konnte die
Steuern nicht leiden. Jedes (Quartal ließ er sich
mahnen und pfäirden. und löste hernach die ge-
pfändeten Uköbel wieder aus. Aus purer Los-
heit. „Damits a Freud Ham auf'm Steieramt!"

Vbwohl der Mann dieses Manöver zehn Jahre
hindurch betrieb, wurden die Steuern doch nicht
abgeschafft. Sie vermehrten sich vielmehr, wie
die polacken.

Da beschloß der Mann, andere Maßregeln zu
ergreifen und alles Besteuerte zu boykottieren.
Zunächst gewöbnte er sich das Zigarrenrauchen
ab und schmauchte nur noch Rartoffelschalen, die
er selbst gezogen hatte. Dann entwöhnte er sich
des Bieres, Weines, Fleisches und Brotes. Das

ging schon bedeutend schwerer. Dann entsagte er
jeder Art von mechanischer oder pferdckräftiger
Fortbewegung Dann ließ er seinen fjunb schlachten
und kaufte sich dafür einen abgelegten Kanarien-
vogel. Da er auch die Vuittungssteuer boykottierte,
gewöhnte er sich das Bezahlen jeglicher Art von
Rechnungen ab. Dies fiel ihm noch verhältniß-
mäßig am leichtesten.

Der Mann magerte leider in Folge seiner
Lharakterstärke zusehends ab. Das Leben fing
an, ihm wenig Spaß mehr zu machen, und als
gar noch eine Junggesellensteuer geplant wurde,
beschloß er, diesem Dasein der Steuern zu ent-
fliehen und sich in ein steuerloses Jenseits hin-
überzubefördern. Linen Revolver konnte er sich
nicht leisten — wegen des Waffenscheins. tSift
verschmähte er, da die Apotheken unter staatlicher
Aufsicht stehen. Lr hatte also nur die Wahl
zwischen einem Strick und der Isar. Die Isar
ist städtisch reguliert, also wählte er den Strick.
Mit dem Ruf: „Run bin ich jeder Steuer ledig,"
steckte er den Ropf in die Schlinge und st e u e r t e
ins Jenseits.

Man kann sich dasLntsetzen des Unglücklichen
vorstellen, als ihm an der Himmelspforte Petrus
mit den Worten entgegentrat: „Sie sind ein un-
sicherer Kandidat! Ich bitte daher die Posanncn-
chor-Steuer im voraus zu bezahlen!"

Fix

Die vom Finanzminister v. pfaff beantragte Erhöhung der Hundesteuer ist vom Bayrischen Landtag abgelehnt worden. Daraufhin zogen
sämmtliche Münchner Buzis vor das Landtagsgebäude, bellten ein dreimaliges Hoch auf Herrn v. Mrterer und die Volksvertreter und überreichten unter
begeistertem Schwanzwedeln eine Dank- und Ergebenheitsadreffe. Besonders erhebend war an dieser Feier, daß sie ultramontane und liberale Bunde
in schönster Eintracht zeigt«.
Register
A. D. N.: Pod
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Hobelbank-Verse"
Monogrammist Frosch: Illustration zum Text "Der edle Dulder Nikolaus"
Monogrammist Frosch: Erhöhung der Hundesteuer
[nicht signierter Beitrag]: Kautelen
Fix: Ein modernes Märchen
 
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