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JUGEND

Mvids Liebeskunsi *)

voll Rarl Ektlingcr

Motto: Im Hexameter lieft die Schul-

Uebcrsetzung der Jüngling.
Jni Pentameter drauf schlummert
verzweifelt er ein.

Wer in der Liebeskunst noch unerfahren,

Der möge sich getrost mir anvertrau'n;

Ich will dem zagen Neuling offenbaren,

Wie man erringt die Herzen holder Frau'«.

Der Schiffahrt Kunst erschließt uns weite Fernen,
Die Strategie lehrt uns der Schlachten Brauch,

So läßt sich auch der Liebe Kunst erlernen
Als ein Beruf, wie jeder andre auch.

Frau Venus selbst trieb mich, dies Lied zu singen,
Wies mich in banger Muttersorge an,

Vernunft dem kleinen Amor beizubringen . • .

Ich thu' es gern — so gut ich's eben kann.

Zwar ist's nicht leicht. . . Trotz meiner Säugcrgabe
Hat mir der Schelm oft bitter zugesctzt,

Doch immerhin: Kupido ist ein Knabe
lind fügt sich reifem Rathe doch zuletzt.

Nur eins vor allem macht' ich nicht verhehle»
lind sag' es lieber gleich im vornherein:

Ich schreibe nicht für alte Weiberseelen —

Wer prüde ist, laß die Lektüre sein.

Willst Du der Liebe Wesen ganz ergründen,

Geliebter Leser, acht' auf dreierlei:

Zum Ersten heißt es, klug die Rechte finden,

Der Uuerfahr'ne tappt gar leicht vorbei.

Die Rechte finden! — Such mit dem Verstände,
Denn glaube ja nicht, daß Dir kreuzvergnügt
— Gleichwie die Tauben im Schlarassenlande —

Ein hübsches Mädchen in den Schnabel fliegt.

Der Fischer weiß, wo es sich lohnt zu angeln
Der Jäger, wo die scheuen Rehe stehn,

So mußt auch Du, mein Bester, nicht ermangeln,
Der Holden Lieblingsplätze zu erspähn.

Dort mußt Du weilen, wo die Auswahl groß ist,
Laß nicht dem Glücke müßig seinen Lauf,

Such' die Lokale auf, wo etwas los ist,

Und sperre sorgsam beide Augen auf.

Belebte Straßen wähl' zu Promenaden,

Verschaff' zu Cirkeln, Bällen Dir Entröe,

Laß Dich zu allen üvo-o'eloole-term laden,

Geh in's Theater, geh' in's Variötä!

Durcheil', bewaffnet mit dem Kataloge,

Museen, Galerieen in der Früh',

Zur Kirche geh', ja selbst zur Synagoge,

Kurz, spare weder Zeit noch Last und Müh'.

Auch Hoppegarten darfst Du nie versäumen,
Langweilt es Dich auch noch so ungemein,

Und bei Kempinski, wo die Gläser schäumen,

Mußt Du natürlich alter Stammgast sein.

Und findest endlich Du an solchem Orte
Ei» Mägdelein, das Dir gefällt, heraus —

So halt' im Zaum vor alleni Blick und Worte
Und fall' nicht etwa mit der Thür in's Haus.

Gib Dich als echter Gentleman und meide,

Was irgendwie sie nur verletzen kann,

Strategisch schlängle Dich an ihre Seite
Und knüpfe diplomatisch mit ihr an.

Läßt sie z. B. in der Loge fallen

Ihr Opernglas, so bücke Dich geschwind

Und reich' es ihr als hurtigster von Allen,

Denn Eva ist für Dienste niemals blind.

Jetzt, lieber Freund, zeig Dich als Virtuose —
Vorausgesetzt, daß Deine Fee allem —

Mit Vorsicht stelle Deine Diagnose,

Und leite die Behandlung sorgsam ein.

Gib stets ihr Recht! Der Trik ist unerläßlich.
Klatscht sie, horch' athemlos auf ihren Klatsch,
Spricht sie: „Dies Stück erscheint mir einfach gräßlich!"
So seufze tief: „Ja, der moderne Quatsch I"

Haucht sie: „Die Eysoldt ist heut' ganz entzückend,

Das weiße Tuchkleid steht ihr doch famos!"

Sag: „Auch als Salome ist sie berückend
Und erst die Lulu spielt sie grandios!"

Zeig' Dich als Kenner in der Welt der Bühne,
Citiere Hinz und Kunz, wenn's auch nicht paßt,
Von Büchern sprich mit unverfrorner Miene,

Die Du im Leben nie gesehen hast.

(Fortsetzung folgt in Nr. 1, 1906)

HauourLnung Lehimsche

Fm Llure des Hauses dir. 18 der Budecgafse in
der Stadt Weinberge bei Prag ist, wie man der „33o-
hernia" mittheiit, ein Plakat angebracht auf weichem
zu lesen ist: „Ls wird höflich gebeten, auf den Stiegen
nicht deutsch zu spiechen."

Urdnuug muße sein in Haus,
lvas g'hert edle Tschechen,

Ise nix erlaubt darin,

Ivertel daitsch zu sprechen!

Sakramentski, wann fe nit
Daitsche wnllen kuschen,

Gibte Behm als Hausmastä
Ihnen ans auf Gusche»!

Fulgten auch nit, wirfte sie
Hausknecht über Stiegen,

Machte anfach Thirel auf,

Daß auf Gassen fliegen!

Urdnung sulchene wann wär'

Iberall in Behmen,

Wirde daitsche I b e r m u t h
Schun ein Lude nehmen l

Salis me grüße Natiun;
pnlitik zu fihren,

Das verstehte wenzlitschek
Mit Hausknechtnianicrcn l

pokorny Prokop,
Iugend-Äurrefpundent behmische.
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[nicht signierter Beitrag]: Neues von Serenissimus
[nicht signierter Beitrag]: Studenten-Latein
Pips: Müllern sein System
Arpad Schmidhammer: Zeichnungen zum Text "Müllern sein System"
 
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