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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 11.1906, Band 1 (Nr. 1-26)

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Canto deir alleanza

Von Signore Domcnico Äagelmachcr

Geh'n sie iriöirts nix
Das Dreibund in Stücken,

Der alleanza sein
Son wieder geflicken!

Aden al nostro re
Aus gansen cuori
Einer fön' Gruß gefickt
I Imperatorl!

Js sie geblieben nit
11-e Grussen suldig —

Sein sie telegrafo
Und Papier ja geduldig!

Deswegen srei'n wir dock
Oon tntta gola:*)

„Fino al Brennero!

Bleibt der parola!“

Kann rnan an Ers von vorn'

Der porco drücken
Und es dafür von (h)int'

O rd ent lick zwicken!

So fassen wir sie auf
Der alleanza —

Das sein sie wallischer
Brauck eck usanza!

*) Ans ganzer Kehle.

*

Spuk ln Weimar

In der Ausstellung des „Deutschen Künstler-
bnndes" in Weimar wurden von unbekannter Hand
die Gemälde und Plastiken, welche nackte Gestalten
darstellen, verkritzelt, beziehungsweise verstümmelt.

hilf Gott! was schleicht um die Dämmerstund'
Als letzter Gast in den „Rünstlerbund",
Rrummdunkel geduckt saalauf, saalab,

Tippetapp?

Ist's die schwarze Frau, oder ist's eine Ratz',
Rritzekratz?

— Es spürt und schnüffelt mit leisem Gefauch
An den Bildern herum und den Statuen auch,
Schlägt dies und das einem Steinbild ab,

Rlippeklapp!

Zerkratzt jeden Akt am empfindlichsten Platz,
Rritzekratz!

— Dor dem letzten Opfer, da bleibt es noch stehn,
Mit Gekeuch — was es thut, ist nicht

deutlich zu sehn:
Doch scheint es mit einem Mal sanft und schlapp,
Schwibbeschwabb!

Und wiegt sich und biegt sich mit Znngengeschnalz,
Bilzebalz!

— Und als es auch dieses geheim vollbracht,

Da huscht es hinaus in die sinkende Nacht
Und springt ins Finstre mit feigem Satz . . .

Line Ratz'?? ~

Ich denk', daß es eher ein Schweinehund war -
Ei garl

Crispin us

Julius Diez

Eine Anekdote

(mit obiger Zeichnung)

Eines Tages, als der „Roi-Soleil“ gerade übel
gelaunt war (er hatte sich geärgert, daß der Te-
legraph noch nicht erfunden war), näherte sich sei-
nem palaste eine hohe Frauengestalt und wünschte,
den Rönig zu sprechen.

„U)er bist Du?" frug der Rönig.

„Ich bin die Run st!"

„Ah! Tres bien, die Runst 1 Ich weiß, das
ist eine Erfindung zur Verherrlichung großer Vor-
fahren!"

„Doch nicht ganz!" meinte die Runst, „ich
diene der Veredelung der Menschen!"

„Mais non!“ rief Ludwig XIV. .,das brauchst
du nicht! Dafür habe ich meine Soldaten!"

„Ich diene derSchönh eit!" fuhr die Runst fort.

„Dafür habe ich ineinen Hoffriseur!" beschied
sie der Rönig.

„Ich diene der Darstellung der Leidenschaften!"
machte die Runst einen letzten versuch.

„Dann bist du ein Lerkel!" rief der Rönig,
und winkte seinen Trabanten, die die Runst vor
die palastthüre setzten.

Seitdem hat sich die Runst nicht mehr in die
Paläste hineingetraut. Sie treibt sich obdachlos
herum. Zuletzt soll sie im Berliner Thiergarten
gesehen worden sein — ich glaube aber, da liegt
eine Verwechslung vor.

Karlchen

Ein russisches Mißverständnis;. Der
Sekretär Jogiches der Frau Rosa Luxemburg
ist mit ihr nach Rußland gereist; er hatte einen
Paß, der auf den Namen Engelmann lautet.
Beim Ueberschreiten der Grenze prüfte ein russi-
scher Beamter die Pässe der Frau Rosa Luxem-
burg und ihres Sekretärs. Er war mißtrauisch,
schien aber der deutschen Sprache nicht vollständig
mächtig zu sein. Er sah das Paar prüfend an
und fragte dann den Sekretär, ob er der Engel-
mann sei. Dieser antwortete: ja. Der Blick des
Beamten glitt staunend von dem Sekretär auf
den Paß und von dem Paß auf Frau Luxemburg;
dann fragte er wieder: „Sind Sie der Mann
von diesem Engel da?"

Entschleierte Geheimnisse

Das muß man unserer Presse lassen, sie kriegt
alles heraus; es giebt für sie keine Geheimnisse
mehr. In die Amtszimmer der Diplomaten, in
die Schlafzimer der Eheleute und Nichteheleute in
die Geheimfächer der Bankiers leuchtet sie mit
dem Scheinwerfer der Geffentlichkeit hinein. Das
hat sie jetzt wieder bei dem Depeschenwechsel
zwischen Rom und Wien bewiesen. Die Zeitungen
haben folgendes entdeckt:

h Der freundliche Ton des Depeschenwechsels
ist ein glänzender Beweis der Festigkeit des Drei-
bundes.

2. Die geschäftsmäßige Höflichkeit der Depeschen
läßt aus die größere oder geringere Festigkeit des
Dreibundes keinen Schluß zu.

3. Die geradezu kühle und abweisende Fassung
der Depesche des Rönigs von Italien sei ein Be-
weis dafür, wie locker der Dreibund geworden sei.

Auch die Entstehungsgeschichte der Depesche ist
den Zeitungen nicht verhüllt geblieben. In diesem
Punkte haben sie folgendes entdeckt:

Der Depeschenwechsel ist schon lange vorher
in einem diplomatischen Notenverkehr verabredet
und festgestellt worden.

2. Die Idee des Depeschenwechsels entsprang
der spontanen Anregung des deutschen Raisers.

3. Der Depeschenwechsel wurde durch einen
plötzlichen überraschenden Einfall des Raisers von
Oesterreich veranlaßt.

Der Depeschenwechsel war eine Improvi-
sation des Rönigs von Italien. Dieser drahtete:
„Rinderchens, telegraphiert doch ein bischen an
mich; ich habe eine so hübsche Antwortdepesche,
die ich gern verwenden möchte". Und da mußten
sie schon telegraphieren

*

Musterpädagogik

Der bremische Schulinspektor, eine Stütze der
Orthodoxie, soll, wie in der Versammlung
der bremischen Bürgerschaft behauptet
wurde, nachdem er das Vaterunser hatte hersagen
lassen, gefragt haben: was ist das Mort Vater?
hierauf wollte er die Antwort haben, Vater ist
das Mort der Liebe. Dann fragte er: Was ist
das Mort Unser und was ist der Himmel? Er
verlangte die Antwort: Unser ist der Glaube und
Himmel die Hoffnung. — Zuin Unterricht für
diesen Inspektor empfehlen wir den bremischen
Bürgern folgende Fragen:

Mas ist der Schüler? — Der Schüler ist
morgens früh zu wecken, damit er nicht zu spät
in die Schule kommt.

Mas trägt der Herr Lehrer vor? — Der Herr
Lehrer trägt vor dem Herrn Pastor die Laterne,
wenn er ihn des Abends nach Hause begleitet.

Mie heißt euer Lehrer? — Unser Lehrer heißt
den Herrn Schnlinspektor willkommen.

Mer hat wo wem was gegeben? — In der
Rlaffe hat der Letzte dem Herrn Schnlinspektor
eine falsche Antwort gegeben.

Und wo hat wer wem was darauf gegeben?
— In seinem Zorn hat der Herr Schulinspektor
dem Letzten darauf eine Ohrfeige gegeben.

warum müßt ihr den Herrn Schnlinspektor
lieben und verehren? — Ia, das möchten wir
auch wissen.

Fri(l o

Amerikanisches Marterl

Von Kassian Kluibenscfiädel, Cuifelemaler

Frommer Wandrer, lasse dich ein mächtig Grausen packen,
Allda that der amerikanische Fleischtrust zusammenhacken
verreckte Hunde aller Rassen, tote Miezekatzen,

Mäuse, Ungeziefer, von Arsenik giftgeschwollne Ratzen —
Mas in Pan-Amerika irgendwo verfaulte, gor und stank,
Als ein willkommen Futter in die wurstmaschine sank.
Rrankes Vieh mit Beulen hat man behaglich aufgeschlitzt,
Daß der Eiter als delikate Würze in den Fleischbrei spritzt.
Und ward in der unermüdlichen Produktion nervöser Haft

Auch initunter aus versehen ein Menschenkind von der Maschin' erfaßt,
So ersparte es dadurch nur Begräbniskosten sich und Totentrnh'

Und verlieh den Eonserven einen eigenartigen kannibalischen lnmt-goiit!
Damit die Wurst recht saftig werde, spuckte frisch und munter
Man zuletzt noch massenhaft zähen Tuberkelschleim darunter!

Das kommt davon, o lieber Nächster, Mensch und Ehrist,
weil du noch immer kein, reiner Vegetarianer bist!

Nunmehro wünsch' ich dir, in rohen Fleischgelüsten sattgefress'ner Sybarit,
Nach der Lektüre dieses Marterls für heute Mittag guten Appetit!

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Register
Domenico Katzelmacher: Canto dell' alleanza
[nicht signierter Beitrag]: Ein russisches Mißverständnis
Crispinus: Spuk in Weimar
Karlchen: Eine Anekdote
Kassian Kluibenschädl: Amerikanisches Marterl
Frido: Musterpädagogik
[nicht signierter Beitrag]: Entschleierte Geheimnisse
Julius Diez: Illustration zum Text "Eine Anekdote"
 
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