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1006

Nr. 26

Der Mkosopß

Lin Quidam hatte sich durch die Lektüre
Schopenhauers und Anderer mißvergnügter Grillen-
fänger eine üble Meinung über die Frauen ge-
bildet. Nun besaß er zwar ein hübsches, muntres
Liebchen, das mit der ganzen Zärtlichkeit und
Treue eines rechten Weibleins au ihm hing und
seinem Kerzen ein wahres Plaisir war. Da er
jedoch, als ein Deutscher, philosophisch eigensin-
nigen Gemüthes war und da durch ewige Reflexion
diese angelesene Meinung bald zur fixen Idee sich
verhärtet hatte, so erfüllte ihn je länger je mehr
dieser lebendige Widerspruch in seinem konse-
quenten System mit höchster Unruhe, war er
früher ein liebenswürdiger, aufmerksamer, naiver,
spendabler und lebendiger Liebhaber gewesen, so
sah er jetzt immer kritisch drein, lauerte auf die
Gegensätze, und statt sie durch Liebe zu vereinen,
setzte er sie durch Aalte recht auseinander, kehrte
sie hervor und trieb sie auf die Spitze, quälte
dos Rind mit der bissigen Philosophie, war ewig
kalt, nachlässig, mißvergnügt, knauserig und lang-
weilig, kurz: war ein ausgemachter Narr und
Stiesel. Das gute Geschöpfchen ließ sich das eine
ganze Zeit gefallen, aber schließlich lief ihr doch
das Töpfchen über, sie kehrte dem garstigen Philo-
sophen den Rücken und schenkte ihre Liebe einem
jungen Fant, der diese mit weniger philosophischem
Scharfsinn und lebendigeren Sinnen sich und den:
Liebchen zur Lust zu nützen wußte. — Als der
Philosoph nun sah, daß seine herrliche grobe
Weisheit durch die eigene Erfahrung so schön
bewiesen wordeir war, reckte er sich im stolzen
Gefühl seines Scharfsinnes auf, spuckte dreimal
gallig aus, setzte sich und schrieb die krätzigsten
Aphorismen über das Weibergeschlecht.

Auceps


Fanrilienbild aus Chicago

Rattenmutter: „Seht Kinder, den armen, lieben
alten Onkel! — Es ist ein Jammer, wie-er ausschaut!
— In eine Schachtel amerikanisches Büchsen-
fleisch wollten sie ihn hineinstecken! Nur dadurch,
daß er seinen schönen Schwanz opferte, hat er sich
noch retten können!"

Eine Berichtigung im Stile der Leipziger
Volkszeitung. Die kapitalistische Banditenpresse
macht der Rosa Luxemburg zum Vorwurf, sie sei
mit einem gefälschten Passe nach Rußland ge-
reist. was aus einem unsauberen Bourgeois-
maul kommt, stinkt natürlich; auch dieser Vor-
wurf gegen Rosa Luxemburg ist eine Stänkerei.
Die ganze Gesellschaftsordnung des verfaulten
Alasfenstaates ist eine einzige Lüge; seine Gesetze
sind Verleumdungen, seine Beamte!: Betrüger
und seine Urkunden Fälschungen. Jeder von der
Polizei des heutigen Verbrecherstaates ausgestellte
Paß ist falsch, pätte sich die Genossin Rosa
Luxemburg von dem Polizeipräsidium einen so-
genannten echten Paß ausstellen lassen, so wäre
sie die Anstifterin einer Urkundenfälschung ge-
worden. Der Paß, den sie entgegen den ver-
logenen Gesehen des Fälscherstaates benutzt, ist
echt, Habt ihr da^ verstanden, ihr heuchlerischen
Lakaienkreaturen?

Länderkunde

Wo ist der Mucker schönstes Paradies?

Amerika, wo man mit Schwert und Spieß
Bekämpft die Trinker und die Schlucker?

Ja dort, wo Wein und Bier man ängstlich flieht,
(Es sei denn, daß es niemand hört und sieht,)
Dort ist das Paradies der Mucker.

Denkt auch an England, wo die Möve girrt,

Wo an den Sonntagen verhaftet wird
Ein jeder Raucher oder Spucker, —

Doch es verblaßt all dieser Länder Ruhm
Vor unserm nationalen Muckerthum.

Hier ist das Paradies der Mucker.

Wo auf der Wacht der Synodale steht
Und hinter jedes Busen-Schildchen späht
Neugierig mit dem Operngucker,

Wo man nicht nur ein jedes nackte Bild,

Nein auch die nackte Wahrheit streng verhüllt,
Hier ist das Paradies der Mucker.

Wo der, der seine Ehre nicht befleckt,

In strenge Zeugnißzwangshaft wird gesteckt,

Wo man verhaftet selbst den Drucker,

Wo man den Pastor von dem Amt verjagt,
Nicht weil er etwas denkt, nein weil

er's sagt,

Hier ist das Paradies der Mucker.

, Frldo

Bei etwaigen Bestellungen bittet auf die man Münchner Bezug zu nehmen«

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Monogrammist Frosch: Familienbild aus Chicago
[nicht signierter Beitrag]: Eine Berichtigung im Stile der Leipziger Volkszeitung
Auceps: Der Philosoph
Frido: Länderkunde
 
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