Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


ü

io

Zu den Heden

der bayeritefeen Landtagsavgeordneten
v. Uoiimar und Müller Meiningen

Schnmnzelnd las ich die famosen Reden!
Selten hat mir-was so imponiert I
Hei, wie wundervoll habt Ihr die blöden
Nudidätenschnnffler abgeführt!

Hei, wie habt Ihr es den Kerls gegeben,

Die für jede Schönheit völlig blind,

Die allein vom Denunzieren leben
Und doch glauben, daß sie „sittlich" sind.

Köstlich zeigtet Ihr, wie beim Censieren
Sich die Polizei so gern blamiert,

Wie die Kriminalen konfiszieren,

Die ja Alle, Alle Kunst studiert.

Und der schwarzen Herren Schauermäre,

Daß die lust'ge, liebe Münchner Smdt
Deutschlands Sodom und Gomorrha wäre,
Widerlegtet Ihr uns frei und glatt.

Denn ein Sodom, — das muß jeder sagen, —
Wo mit soviel Feuer und Humor
Man die frechen Mucker nimmt beim Kragen,
So ein So d om kommt mir köstlich vor!

Kartellen

*

Sub rosa. In Worms fand neulich eine
Generalprobe zum Rosenfest statt; die Schulen
hatten Probeaufstellung in der Kaiser Wilhelm-
straße genommen und ein Polizeiinspektor, der
den Groß Herzog markierte, durchfuhr mit
leutseligem Gruße das Spalier der Rinder. Die
Sache ist so gut gegangen, daß man für das nächste
Roseufest eine Erweiterung des Programms plant,
man will sich jetzt an größere Aufgaben wagen:
Im nächsten Jahr soll der ungekrönte König
von Worms, Lederfabrikant Freiherr vonHeyl,
die Reihen der Schulkinder durchfahren. Da.diese
Aufgabe eine viel größere und schwierigere ist, so
werden mehrere Proben nöthig sein, bei denen
irgend ein regierender europäischer Mo-
narch den Herrn von Heyl markieren soll. Um
die Gvation für den letzteren vollständig zu machen,
(oll den spalierbildenden Schulkindern vorher von
ihren Lehrern das Fell gründlich gegerbt werden.

*

In Chicago wird jetzt unter dem Eindruck des
Fleischskandals die strengste Reinlichkeit durchge-
führt. Die Arbeiter sind bei schwerer Strafe ver-
pflichtet sich die Hände zu waschen, nachdem sie
das Fleisch zu Wurst verarbeitet haben.

Schon steigt am Brandenburger Thor
Lin „Bergfried" wundervoll empor!

Der russische Barbarossa

Zur: (im unterirdischen Schlosse, von: Schlafe
erwachend): „Was ist's, fliegen die Vom den
immer noch um den Verg?"

*

£um Drexfus-Proceß

Gefoltert und gekreuzigt ward die Wahrheit
Und in das Grab gelegt von Henkerbanden
Und ist vom Tode dennoch auferstanden —
Gott ist unsterblich: Und der Gott heißt:

Wahrheit.

A. D. N.

*

Romantisches Bilderbuch

1.

So segeln wir denn flott hinein
In eine Aera „Kreutzenstein."

3.

Und oben bläst ein Wächtersmann,
Der kündet jedes Denkmal an.

Die deutschen und englischen Journalisten

Ein Schrittchen näher find wir wieder:

Sie waren so nett zu einander wie Brüder.

— wie Brüder? — Ach, mit groß'rem

Behagen

würd' ich „wie Neffe und Onkel" sagenl

Bim

*

Wir finden in einem russischen regierungs-
freundlichen Blatt folgendes Feuilleton.

Ein belauschtes Gespräch

Ort der Handlung: Bjelostok.

Personen: mehrere Juden.

Der erste Jude: Ich muß sagen, ich fühl'
mich nicht mehr wohl in Rußland! Seit drei
Wochen keine Judenmetzelei mehr! Wo uns doch
nichts eine größere Freude bereitet, als gemetzelt
zu werden!

Der zweite Jude: Wie wär's, wenn wir
den Popen ermordeten?

Der erste Jude: Das langt nicht! Wir
müssen sie bis zur Besinnungslosigkeit reizen!
Bedenkt die Enttäuschung, wenn sie uns nicht
hinschlachteten! Dann hätten wir die ganze Mühe
umsonst gehabt!

Der dritte Jude: Wie wär's, wenn wir die
Kirche in Brand steckten?

Der zweite^Iude: Auch das wirkt nicht sicher!

Der erste Jude: Wenn wir eine Bomb^
in die Prozession würfen?

Die beiden Anderen (entzückt): Gott segne
Dich für diesen Gedanken! Du zweiter Salomo!
Oh, das wird wirken! Ich fühle schon, wie mir
die Augen ausgestochen werden! Welche Wonne!
Ich sehe ein Blutbad ohne Gleichen! Heil , uns,
daß wir endlich die saumseligen Christen dazu
bringen werden, uns Zu metzeln! —

Das Blatt fügt hinzu: Und so kam es denn
auch! Unser Bericht ist um so glaubwürdiger,
da ihn eben jener Agent der Regierung selbst ge-
schrieben hat, der die Bombe in die Prozession
warf. Helios

*

Letzte Worte. Den berühmten Worten
Goethes „Mehr Licht" reihen sich nun die letzten
Worte Ibsens an: „Im Gegentheil." Da mit
der allgemeinen Zunahme der Bevölkerung und
der Bildung auch die berühmten Leute zunehmen,
so wird der Bedarf an guten letzten Worten
immer mehr steigen; bald wird ein^ empfindlicher
Mangel an solchen eintreten. Wir stellen deshalb
den berühmten Leuten, die zu sterben beabsichtigen,
aus unserem Borrathe folgende Proben zur Ver-
fügung: Na und ob! — Nn und wenn schon?

— M- w. — Trotzdem. — Da capo. — Le jeu
est fait. — Halali. — Zapfenstreich. — Feier-
abend. — Besser Du als ich. — Nu grade. —
Besser geerbt als gesterbt. — Das Faß ist leer.

— Prost Rest. — Tournez. — O die Erb-
schaftssteuer! —

4.

Hell klingt — wohl zwanzig Mal am Tag! —
Der heißersehnte „Ritterschlag."
Index
[nicht signierter Beitrag]: Sub rosa
[nicht signierter Beitrag]: In Chicago
[nicht signierter Beitrag]: Romantisches Bilderbuch
[nicht signierter Beitrag]: Letzte Worte
Monogrammist Frosch: Illustrationen zum Text "Romantisches Bilderbuch"
Karlchen: Zu den Reden der bayrischen Landtagsabgeordneten v. Vollmar und Müller-Meiningen
Bim: Die deutschen und englischen Journalisten
Arpad Schmidhammer: Der russische Barbarossa
A. D. N.: Zum Dreyfus-Prozeß
Helios: Ein belauschtes Gespräch
 
Annotationen