Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (11.1906, Band 2 (Nr. 27-52))

Der neue PlutarH

„Ns, Herkules," wurde dieser gefragt, „wie
viel Rinder Käst den» da ausz'mistcn i» dem
Augiasstall?"

„Dös is scho mehr a — Saustalll"

*

Hus dem dunklen Grdtheil

Fürst Blllow will nun ebenfalls eine Kolonial-
expedition unternehmen. Vas Gebiet, das er sich
ausgesucht hat, gehört zu den unzugänglichsten
und unerforschtesten unsres ganzen Kolonialbesitzes.
Denn verschiedene Häuptlinge, welche unter
sich durch verwandtschaftliche oder sonstige Bezieh-
ungen verknüpft sind, halten es beseht und haben
bisher jede genauere Durchsuchung zu erschweren
gewußt, Hindernisse mancherlei Art, sogar sehr
hohe Hindernisse, sind aufgerichtet, um ein
tieferes Eindringen unmöglich zu machen. Daher
ist über das Gebiet nur Folgendes bekannt:

Die Bevölkerung ist gemischt. Ls gibt ganz
dunkle Existenzen und solche, welche nur einen
oder mehrere dunkle Flecken habe». Einige sind
nur an geschwärzt, andere werden dagegen,
sobald sie vor europäische Augen kommen, künst-
lich weiß gewaschen. Krankheiten sind nicht
selten: Manche leiden am Versumpffieber,
sehr viele am Wechselfieber. Die letzteren
sind gewöhnlich von hoher Geburt und suchen
sich in dem Gebiete gute Futterplätze. Die fettesten
Futterplätze besitzen natürlich die Häuptlinge,
welche sehr stolz ) sind und zahlreiche Kulis für
sich arbeiten lassen. Manche von ihnen huldigen
der Vielweiberei und fast Alle verehren einen
Götzen, mit Namen Mir-San-Mir, dem sie
sogar mitunter blutige Menschenopfer bringen,
wie denn überhaupt greuliche Zustände im Innern
herrschen sollen.

Fürst Bülow hofft bei seinem Vorgehen das
ganze Gebiet von solchen schädlichen Elementen
säubern und wieder mit tüchtigen Europäern be-
setzen zu können. Es ist wünschenswerth, daß ihm
dies gelinge. Denn cs stellt den Schlüssel zu ganz
Deutsch-Afrika dar, und nichts ist in der Thal so
wichtig, als daß die deutsche Nation zunächst dort
wieder einmal vollständig Herr ist. Man nennt
es: Die Kolonialverwaltung.

A. i). sr.

1.

Wenn'der Wichel nur Äant und Hegel liest,
Dann spricht John Lull: „Hei mir gegrüßt!
Herr Vetter, jeder Groll sei fern,

Homm an mein Herz, ich Hab' Dich gern!"

ver ezar und die russische Canaille

„Was, Iwan, — du liest ein französisches Buch?"
„Ja, Väterchen, — den »Almanach von 179)'."

(Aus „Le Rire“)

*

Das Mickrigste

Mag noch so viel und laut die Duma reden
Und drohend, ihre feste Faust geballt,

Dem Herrn Minister vor die Stirne treten —

Es läßt ihn kalt.

Und ob der Mord und Aufruhr seine Städte
Mit Blut besudelt und im ganzen Reich
Die Bonibeu wieder knallen um die Wette —

Es gilt ihm gleich.

Ja, wenn selbst hier und dort zuweilen meutert
Ein Regiment und irgendwo einmal
Ein Panzerschiff auf eigne Faust freibeutert —
Es ist egal.

Noch braucht ihn nichts zu kümmern von dem alle»,
Womit das Volk nach Recht und Freiheit schreit,
Erst, wenn einmal die Rubelknrse fallen
Dann wird es Zeit!

A. I» W.

*

Anzeige

in einem Sanatorium bei München

ist noch ein Kellerraum, sehr schön möbliert,
frei und wird an brave, bescheidene Mediziner
als Aerztewohnung abgegeben.

Genossen,

die nichts gemessen, bevorzugt I Die Arbeit ist
leicht und angenehm: Nur 150 Patienten pro

Arzt, welche willig, freundlich und anspruchs-
los sind! Es kommt kein Anstand vor!
Konsultationen werden im Ramsch gearbeitet
oder auf Accord vergeben! Aerztliche Ueber-
stunden mit hohen Prozessen*) vergütet! Kost
vorzüglich. Sehr schön gedruckte Speisekarte!
Abends Acetylen!

Beim Austritt erhält jeder ärztliche Dienstbote
einen rothen Pantoffel zum Andenken.

Die Vorstandschaft.

*) Druckfehler.

Soll wohl heissen:

*

Procenlen.
Dv Red.

Konfisziert

hat der Münchner Schutzmann Nr. uut gestern
am Viktualienmarkt mehrere Körbe .Liebesäpfel'
(Tomaten), da er vermuthete, letztere könnten einem
unsittlichen Zwecke dienen.

Der neue Vlutarch

Ein bayrischer Sirtlichkeits-Apoftcl und
Jurist, Namens Lerno, der sich auch auf
anderen Gebieten umsche» wollte, kam zu
einem Thierarzt, der eben einen männ-
lichen Hund operierte.

„Ja was thun S' da?"

„'s präventivverfahren anwcndenl"

*

Stelienjagd

Der Direktor derHamburg-Amerika-Paket-Aktien
Gesellschaft von Grumme klagt darüber, wie viel
Aristokraten sich um Stellen bei seiner Gesellschaft
bewerben; sie könne aber nur solche Leute brauchen,
die Fachkenntnisse besäßen. Unter den Bewerbern
heben wir folgende hervor:

Den Exgouverneur von Puttkamer. Seine
Familie, führt er an, stamme aus Pommern, also
von der Waterkant; außerdem besitze er Spczial-
kenntnisse auf dem Gebiete des Paßwesens.

Den Exbezirkskommandeur von Zander. Er
beruft sich für seine maritimen Qualitäten auf
seinen Namen.

Die Fürstin Wrede. Sie will in der Handels-
abtheilung arbeiten, da sie praktische Kenntnisse
auf dem Gebiete der Silberausfuhr besitze.

Den Exlentnant Schuldner von Pleitegeier.
Er kann den Sang an Aegir auswendig-

*

Heues Verkehrsregtilativ

Seitens des Zentrums soll dem bayerischen
Landtag folgender Antrag zugegangen sein:

„Wer an Sonn- und Feiertagen von München
aus einen Ausflug oder eine Reise antritk, hat
zuvor hier einen Gottesdienst zu besuchen; hierüber
wird jedermann eine Bescheinigung ausgehändigt,
die an der Perronsperre vorzuweisen ist. Bei
größeren Reisen, nach Berlin, Hamburg, Brüssel,
Paris, Budapest oder anderen Großstadtsünden-
pfuhlen haben die Reisenden vorher noch zu beichten
und zu kommunizieren, worüber ebenfalls an der
Perronsperre Nachweis zu erbringen ist, widrigen-
falls Ausschließung von der Fahrt verfügt wird."

2.

Doch wenn der Michel Schiffe baut,

Dann Klingt die Freundschaft minder laut.