Schützenlust
Reich' mir das Zeichen meiner Schützenchrc,
Das grüne Lodenhütel, reich garniert
Mit Gamsbart, Edelweiß und Spielhahnichccre,
Reich' mir die Joppe, Hirschhornknopf-geziert!
Die Jägerweste reich mir mit den Grairdeln,
Tie Silberkette, von Trophäen schwer,
Und reich' mir auch das treue Schießgewehr,
Geliebtes Weib — ich will zum Festplatz wandeln!
Mich ruft die Pflicht für's Vaterland, fiir's thenre,
Nicht das Vergnügen, nebenbei bemerkt:
Durch jede Kugel, die ich dort verfeure,
Wird unsre Wehrkraft positiv gestärkt!
Denn seh'n's die Russen, Briten und Franzosen,
Wie jede Kugel fast ins Centrum trifft,
Dann fällt den Argen, darauf nehm' ich Gift,
Das Herz in ihre respektiven Hosen!
Wie herrlich, wenn die leichten Wimpel flattern
Im farbenbunten Festplatzmastenwald,
Wo hageldicht die Meisterschüsse knattern
lind, wenn wo wer was trifft, der Böller knallt!
Wo eifrig hin und wieder hüpft der Zieler —
Und wo der Fremdling nahezu erschrickt,
Wenn aus der Höhe riesengroß erblickt
Bavaria's gigantisches Profil er!
Schnell fleht um günstiges Geschick zur Parze
Der Deutsche, der den Schießsport sich erlaubt
Und schmettert dann sein rasches Blei ins Schwarze
Auf Ehrenscheibe, Feld, Fest, Glück und Haupt.
O hehre Lust, das Siegerglück zu kosten,
Erschießt man sich den Becher und die Uhr —
Da spürt der Mann erst seine Vollnatur,
Betrug der Einsatz auch 'neu hübschen Posten!
Es tritt der Norden näher an den Süden,
Wenn der Borusse nah' dem Bayern schießt,
Dann Seit' an Seite mit dem Arbeitsmüden
Die Labung hinter seine Binde gießt;
llud Württemberger, Pfälzer und Badenser,
Rheinländer, Sachsen spüren's: fest und stramm
Schließt sozusagen um den ganzen Stamm
Der Deutschen sich der grüne Schützenspenser I
Wie schäumt im schlichten grauen Steingefäße
Das Edelnaß, durch Münchens Kunst gewürzt!
Wie wird der Stunden Flug durch gute Späße,
Durch Weiblichkeit und Blechmusik gekürzt!
Geschichten, daß das Haar zu Berge schaudert,
Erzählt der Waidmaun, stets der Wahrheit treu,
Und Viel auch wird, was seltsam ist und ne»,
Vom bloßen Scheibenschützen ausgeplaudert!
Vom Rednerpult in ungeheurem Flusse
Strömt der Versammlung die Begeist'ruug zu;
Dem Menschen naht der Mensch zum Bruderkusse,
Mit feuchten Augen trinkt man Du und Du;
Der Kantus braust, vom Bombardon begleitet;
„Lieb' Vaterland, Du magst ganz ruhig sein!"
Wie dröhnt der Baß, gesalbt mit Bier und Wein,
Wie fühlt das Herz des Sängers sich gcweitel!
Ein Schuft nur spart die Reichsmark in der Tasche —
Trunk, Schuß und Lied ja gilt dem Vaterland!
Drum knallt auch später die Champagnerflasche —
Und manch' ein Glas fliegt splitternd an die Wand,
lind kommt ein Trinkspruch auf die Frau'n, diezarten,
So denk' ich Deiner auch niit treuen: Sinn —
Und wenn ich nicht um Acht zuhause bin,
Sollst mit dem Frühstück Tu auf nüch nicht warten!
Biedermeier mit ei
Vorsichtig
A. Schmidhammer
„Der Herr Forstmeister läßt fragen, ob der
Herr Oberlandesgerichtsrath anr nächsten Mitt-
woch net mit auf ü' Jagd woilat?"
„Mer kommt denn sonst noch?"
„Der Herr Lnndesgerichtsrath Pomeisl, der
Herr Amtsrichter Kätscher...
„Nein, nein — ich danke. Mit Hinter
männern im Avancement gehe ich nicht auf
die Jagd."
Die Ehrenscheibe
In einer Ecke meines Arbeitszimmers hängt
eine farbenverblaßte Scheibe. Darauf ist ein Bursch
und ein Madel in Gebirglcrtracht abgebildet, die
sich eng umschlungen halten. Und das Gesichtel
der ehr- und tngendfamen Jungfrau verbirgt sich
in unzweideutiger Weise hinter dem grünen Jäger-
Hut des ehrengeachteten Jünglings. In der nun
armendeu Stellung des Letzteren ist jene Kraft
fcstgehalten, die den männlichen Bewohnern unseres
Hochlandes bei solchen und ähnlichen Anlässen eigen
ist. Ein Rosenstrauch mit knallrothen Blüten ver-
deckt den Hintergrund und am Boden im Gras
liegt neben einem Stutzen eine recht schöne blaue
Fahne, wohl der errungene Preis. Außerdem
verzieren noch einige Angellöchcr das Bild, von
denen sich eines mit boshafter Tücke in die krach-
lederne Kehrseite des ehrengeachteten Jünglings
gebohrt hat. Besagten Aörperthcil hatte man
nämlich in humorvoller Weise znm Eentrnm aus-
erlesen, und das tückische Kugelloch in der Alitte
stammt von mir.
Es war das einzige Mal in meinem Leben,
daß ich eine Ehrenscheibe herausgeschossen habe
und reicht dieses Ereigniß schon hübsch weit zu-
rück, denn ans der schwarzen Umrandung des
Scheibenbildes steht geschrieben: so. Mai Z86H.
An einem Sonntage war es und die Fener-
schützengescllschaft des Marktfleckens gab ihr Mai-
feftschießen. Und ein sonniger, weißblauer Tag
brachte die rechte Festfreude, Wälder und Wiesen
standen in jnnggrünec Frische, der See glänzte
wie eine blankgescheuerte Spiegelscheibe und die
Berge ragten klar und kantig in den Himmel,
Und doch lag über Allein jener feine, milchige
Dunst, der eine Beständigkeit des schönen Wetters
verspricht.
Also es war ein richtiger Maiensonntag und
vor der Schießstätte wogte ein buntes Durchein-
ander von vielfarbeiren Röcken und Miedern,
schlohweißen Heindärmeln und bunten Hutzieren,
Und es roch nach Pnlverqnalm, Ledcrhosen und
frischem Fichtenreisig. Ans einer Laube heraus
schmetterten die Musikanten ihre geräuschvollen
Weisen »tid die Stutzen krachten lustig dazwischen:
— putsch — ätsch, putsch — atsch! — erst der
Anall und dann der Augelschlag von draußen,
wo die weißschwarzcn Scheiben in der Sonne
leuchteten. Und hin und wieder rollte ein Böller-
gruß in den Wald hinaus »tid juchzte räder-
schlagend der Zieler in seiner rot!;- und weiß-
karriertcn Bajazzclgcwandnng. Und dies geschah
jedesmal, wenn einer ein Fahncnblattl in's
Schwarze gedrechselt hatte!
Ich bin noch nie ein guter Scheibenschütz ge-
wesen und damals mit meinen zwanzig Jahren
war ich es erst recht nicht. Mir fehlte die be
dachtsame Ruhe und ich hatte auch kein Interesse
daran, auf die leblos glotzenden Scheiben zu knallen.
Ich vermißte das lebensvolle Element dabei, den
Zng vom Herzen zu Auge und Hand. — Ja auf
der Jagd, das war ander Ding!
Auch an jenem Tage hatte ich bald genug
und ging aus den Schießständen in's Freie. (Duke!
Lonstantin-Fel ix fluchte eben in den gewähltesten
Ausdrücken, weil ihm der Ladftock im Laufe feines
Stutzens stecken geblieben war und Gnaden der
Herr Landrichter Berglachner ans Garmisch blies
mit pnterrothem Gesicht in das verstopfte Piston
seines widerspenstigen Lieblings. — Selige vorder-
laderzcit!
Also ich ging hinaus und da fiel mir eine
schlanke, weiße Mädchengestalt auf, die mir den
Rücken kehrte und ans die Scheibe» hinaussah. Wer
die wohl war? Die kannte ich garnicht -— Sommer-
frischler gab es damals mir wenige bei uns —
also?
Da drehte sic sich um — Sakrament I — mehr
habe ich nicht gedacht, aber es langte gerade. —
War die schön! Schweres blondes Haar, ein
feines, fesselndes Gesicht, tiefblaue, große Angen
und auch das Ucbrige — ein recht wohnliches
Mädel.
Ich sah ihr keck ins Gesicht und dachte, daß
sie jetzt roth werden würde, wie das doch Sitte
war. — Ja Schnecken, die lachte mich belustigt
an und sagte so ganz von oben herab: „Ein
ganz nettes Büble!"
Jetzt war cs mir aber zuviel — ich ein Büble,
ich der Hans-Aarl, der künftige Standesherr! Ich
stellte mich steif und förmlich vor mit allem Zier-
rath der guten Kinderstube. Sie verbeugte sich
nur leicht und meinte wieder ein wenig von oben
— ich müßte entschuldige», aber die Berglertracht!
Dann sprachen wir aber doch von allen: Mög-
lichen und sie erzählte, daß sie mit ihrer Mutter
zur Erholung hier sei und daß sie Schauspielerin
werden wolle. Ich horchte auf — also „so Eine"
— aha, ich begriff — darum also! Macht aber
nix, im Gegentheil, für mich etwas Neues, der
Reiz einer unbekannten Frucht und bildhübsch ist
sie auch. Plötzlich frug sie mich ganz unvermittelt:
„Bekommen Sie eigentlich einen Preis?"
Und ich übermüthig darauf: „Aber natürlich
und ich schenke Ihnen denselben als Andenken."
Ich hatte einmal gehört, daß man Schau-
spielerinnen immer etwas schenken müsse. — Also
ein Preis mußte her und plötzlich war er in nur,
der Zug vom Herzen zu Auge und Hand. Die
Iägerlnst, der Beutedrang — blonde Haare, blaue
Augen, rothe Lippen-ein Preis muß her!
Also Daumen halten!" sagte ich noch lachend,
dann trat ich in den Stand. Draußen flimmerte
die Ehrcnscheibe in bunten Farben — ich hob den
Stutzen-- Herz, Auge, Hand — blondes Haar,
blaue Augen, rothe Lippen —• Pnng! krachte der
Schuß und draußen der Böller kurz nachher und
das Räderschlagen des Zielers wollte kein Ende
nehmen.
Ein Punkt war's, ein fast abgezirkelter Punkt,
und ich wurde auch nicht mehr hernntergeschoffen.
Der Vater und Duke! Lonstantin-Felir schüttelten
lachend die Köpfe: „Wie der Hans-Karl zu was
kommt, hineingewackelt, weiter nichts!"
Nach der preisvertheilung zeigte ich Lotte —
so hieß sie nämlich — die Scheibe mit der durch-
schossenen Krachledernen.— „Mitten drauf, was?"
— „Lin Meisterschuß!" lachte sie — „und ans
einen niedlichen Fleck." — — —
Wir wurden noch güte Freunde, ich und die
„so Eine". Aber ich hätte später lange Zeit jedem
ebenso auf die Krachlederne geschossen, wie den:
ehrengeachteten Scheibenjüngling, der diesen Aus-
druck für sie gebraucht hätte. —
Das Leben ist fortgerollt, wie der Böllergruß
an jenem Tag in den Waid hinaus, die Erinnerung
ist verblaßt, aber auf dem Bilde küßt der Bursch
mit dem Kngelloch ans der Kehrseite noch inuner
mit gleicher Kraft seine ehr- und tngendsame
Jungfrau. Ja, gemalte Küsse haben Bestand! —
Hans vom Makde
Reich' mir das Zeichen meiner Schützenchrc,
Das grüne Lodenhütel, reich garniert
Mit Gamsbart, Edelweiß und Spielhahnichccre,
Reich' mir die Joppe, Hirschhornknopf-geziert!
Die Jägerweste reich mir mit den Grairdeln,
Tie Silberkette, von Trophäen schwer,
Und reich' mir auch das treue Schießgewehr,
Geliebtes Weib — ich will zum Festplatz wandeln!
Mich ruft die Pflicht für's Vaterland, fiir's thenre,
Nicht das Vergnügen, nebenbei bemerkt:
Durch jede Kugel, die ich dort verfeure,
Wird unsre Wehrkraft positiv gestärkt!
Denn seh'n's die Russen, Briten und Franzosen,
Wie jede Kugel fast ins Centrum trifft,
Dann fällt den Argen, darauf nehm' ich Gift,
Das Herz in ihre respektiven Hosen!
Wie herrlich, wenn die leichten Wimpel flattern
Im farbenbunten Festplatzmastenwald,
Wo hageldicht die Meisterschüsse knattern
lind, wenn wo wer was trifft, der Böller knallt!
Wo eifrig hin und wieder hüpft der Zieler —
Und wo der Fremdling nahezu erschrickt,
Wenn aus der Höhe riesengroß erblickt
Bavaria's gigantisches Profil er!
Schnell fleht um günstiges Geschick zur Parze
Der Deutsche, der den Schießsport sich erlaubt
Und schmettert dann sein rasches Blei ins Schwarze
Auf Ehrenscheibe, Feld, Fest, Glück und Haupt.
O hehre Lust, das Siegerglück zu kosten,
Erschießt man sich den Becher und die Uhr —
Da spürt der Mann erst seine Vollnatur,
Betrug der Einsatz auch 'neu hübschen Posten!
Es tritt der Norden näher an den Süden,
Wenn der Borusse nah' dem Bayern schießt,
Dann Seit' an Seite mit dem Arbeitsmüden
Die Labung hinter seine Binde gießt;
llud Württemberger, Pfälzer und Badenser,
Rheinländer, Sachsen spüren's: fest und stramm
Schließt sozusagen um den ganzen Stamm
Der Deutschen sich der grüne Schützenspenser I
Wie schäumt im schlichten grauen Steingefäße
Das Edelnaß, durch Münchens Kunst gewürzt!
Wie wird der Stunden Flug durch gute Späße,
Durch Weiblichkeit und Blechmusik gekürzt!
Geschichten, daß das Haar zu Berge schaudert,
Erzählt der Waidmaun, stets der Wahrheit treu,
Und Viel auch wird, was seltsam ist und ne»,
Vom bloßen Scheibenschützen ausgeplaudert!
Vom Rednerpult in ungeheurem Flusse
Strömt der Versammlung die Begeist'ruug zu;
Dem Menschen naht der Mensch zum Bruderkusse,
Mit feuchten Augen trinkt man Du und Du;
Der Kantus braust, vom Bombardon begleitet;
„Lieb' Vaterland, Du magst ganz ruhig sein!"
Wie dröhnt der Baß, gesalbt mit Bier und Wein,
Wie fühlt das Herz des Sängers sich gcweitel!
Ein Schuft nur spart die Reichsmark in der Tasche —
Trunk, Schuß und Lied ja gilt dem Vaterland!
Drum knallt auch später die Champagnerflasche —
Und manch' ein Glas fliegt splitternd an die Wand,
lind kommt ein Trinkspruch auf die Frau'n, diezarten,
So denk' ich Deiner auch niit treuen: Sinn —
Und wenn ich nicht um Acht zuhause bin,
Sollst mit dem Frühstück Tu auf nüch nicht warten!
Biedermeier mit ei
Vorsichtig
A. Schmidhammer
„Der Herr Forstmeister läßt fragen, ob der
Herr Oberlandesgerichtsrath anr nächsten Mitt-
woch net mit auf ü' Jagd woilat?"
„Mer kommt denn sonst noch?"
„Der Herr Lnndesgerichtsrath Pomeisl, der
Herr Amtsrichter Kätscher...
„Nein, nein — ich danke. Mit Hinter
männern im Avancement gehe ich nicht auf
die Jagd."
Die Ehrenscheibe
In einer Ecke meines Arbeitszimmers hängt
eine farbenverblaßte Scheibe. Darauf ist ein Bursch
und ein Madel in Gebirglcrtracht abgebildet, die
sich eng umschlungen halten. Und das Gesichtel
der ehr- und tngendfamen Jungfrau verbirgt sich
in unzweideutiger Weise hinter dem grünen Jäger-
Hut des ehrengeachteten Jünglings. In der nun
armendeu Stellung des Letzteren ist jene Kraft
fcstgehalten, die den männlichen Bewohnern unseres
Hochlandes bei solchen und ähnlichen Anlässen eigen
ist. Ein Rosenstrauch mit knallrothen Blüten ver-
deckt den Hintergrund und am Boden im Gras
liegt neben einem Stutzen eine recht schöne blaue
Fahne, wohl der errungene Preis. Außerdem
verzieren noch einige Angellöchcr das Bild, von
denen sich eines mit boshafter Tücke in die krach-
lederne Kehrseite des ehrengeachteten Jünglings
gebohrt hat. Besagten Aörperthcil hatte man
nämlich in humorvoller Weise znm Eentrnm aus-
erlesen, und das tückische Kugelloch in der Alitte
stammt von mir.
Es war das einzige Mal in meinem Leben,
daß ich eine Ehrenscheibe herausgeschossen habe
und reicht dieses Ereigniß schon hübsch weit zu-
rück, denn ans der schwarzen Umrandung des
Scheibenbildes steht geschrieben: so. Mai Z86H.
An einem Sonntage war es und die Fener-
schützengescllschaft des Marktfleckens gab ihr Mai-
feftschießen. Und ein sonniger, weißblauer Tag
brachte die rechte Festfreude, Wälder und Wiesen
standen in jnnggrünec Frische, der See glänzte
wie eine blankgescheuerte Spiegelscheibe und die
Berge ragten klar und kantig in den Himmel,
Und doch lag über Allein jener feine, milchige
Dunst, der eine Beständigkeit des schönen Wetters
verspricht.
Also es war ein richtiger Maiensonntag und
vor der Schießstätte wogte ein buntes Durchein-
ander von vielfarbeiren Röcken und Miedern,
schlohweißen Heindärmeln und bunten Hutzieren,
Und es roch nach Pnlverqnalm, Ledcrhosen und
frischem Fichtenreisig. Ans einer Laube heraus
schmetterten die Musikanten ihre geräuschvollen
Weisen »tid die Stutzen krachten lustig dazwischen:
— putsch — ätsch, putsch — atsch! — erst der
Anall und dann der Augelschlag von draußen,
wo die weißschwarzcn Scheiben in der Sonne
leuchteten. Und hin und wieder rollte ein Böller-
gruß in den Wald hinaus »tid juchzte räder-
schlagend der Zieler in seiner rot!;- und weiß-
karriertcn Bajazzclgcwandnng. Und dies geschah
jedesmal, wenn einer ein Fahncnblattl in's
Schwarze gedrechselt hatte!
Ich bin noch nie ein guter Scheibenschütz ge-
wesen und damals mit meinen zwanzig Jahren
war ich es erst recht nicht. Mir fehlte die be
dachtsame Ruhe und ich hatte auch kein Interesse
daran, auf die leblos glotzenden Scheiben zu knallen.
Ich vermißte das lebensvolle Element dabei, den
Zng vom Herzen zu Auge und Hand. — Ja auf
der Jagd, das war ander Ding!
Auch an jenem Tage hatte ich bald genug
und ging aus den Schießständen in's Freie. (Duke!
Lonstantin-Fel ix fluchte eben in den gewähltesten
Ausdrücken, weil ihm der Ladftock im Laufe feines
Stutzens stecken geblieben war und Gnaden der
Herr Landrichter Berglachner ans Garmisch blies
mit pnterrothem Gesicht in das verstopfte Piston
seines widerspenstigen Lieblings. — Selige vorder-
laderzcit!
Also ich ging hinaus und da fiel mir eine
schlanke, weiße Mädchengestalt auf, die mir den
Rücken kehrte und ans die Scheibe» hinaussah. Wer
die wohl war? Die kannte ich garnicht -— Sommer-
frischler gab es damals mir wenige bei uns —
also?
Da drehte sic sich um — Sakrament I — mehr
habe ich nicht gedacht, aber es langte gerade. —
War die schön! Schweres blondes Haar, ein
feines, fesselndes Gesicht, tiefblaue, große Angen
und auch das Ucbrige — ein recht wohnliches
Mädel.
Ich sah ihr keck ins Gesicht und dachte, daß
sie jetzt roth werden würde, wie das doch Sitte
war. — Ja Schnecken, die lachte mich belustigt
an und sagte so ganz von oben herab: „Ein
ganz nettes Büble!"
Jetzt war cs mir aber zuviel — ich ein Büble,
ich der Hans-Aarl, der künftige Standesherr! Ich
stellte mich steif und förmlich vor mit allem Zier-
rath der guten Kinderstube. Sie verbeugte sich
nur leicht und meinte wieder ein wenig von oben
— ich müßte entschuldige», aber die Berglertracht!
Dann sprachen wir aber doch von allen: Mög-
lichen und sie erzählte, daß sie mit ihrer Mutter
zur Erholung hier sei und daß sie Schauspielerin
werden wolle. Ich horchte auf — also „so Eine"
— aha, ich begriff — darum also! Macht aber
nix, im Gegentheil, für mich etwas Neues, der
Reiz einer unbekannten Frucht und bildhübsch ist
sie auch. Plötzlich frug sie mich ganz unvermittelt:
„Bekommen Sie eigentlich einen Preis?"
Und ich übermüthig darauf: „Aber natürlich
und ich schenke Ihnen denselben als Andenken."
Ich hatte einmal gehört, daß man Schau-
spielerinnen immer etwas schenken müsse. — Also
ein Preis mußte her und plötzlich war er in nur,
der Zug vom Herzen zu Auge und Hand. Die
Iägerlnst, der Beutedrang — blonde Haare, blaue
Augen, rothe Lippen-ein Preis muß her!
Also Daumen halten!" sagte ich noch lachend,
dann trat ich in den Stand. Draußen flimmerte
die Ehrcnscheibe in bunten Farben — ich hob den
Stutzen-- Herz, Auge, Hand — blondes Haar,
blaue Augen, rothe Lippen —• Pnng! krachte der
Schuß und draußen der Böller kurz nachher und
das Räderschlagen des Zielers wollte kein Ende
nehmen.
Ein Punkt war's, ein fast abgezirkelter Punkt,
und ich wurde auch nicht mehr hernntergeschoffen.
Der Vater und Duke! Lonstantin-Felir schüttelten
lachend die Köpfe: „Wie der Hans-Karl zu was
kommt, hineingewackelt, weiter nichts!"
Nach der preisvertheilung zeigte ich Lotte —
so hieß sie nämlich — die Scheibe mit der durch-
schossenen Krachledernen.— „Mitten drauf, was?"
— „Lin Meisterschuß!" lachte sie — „und ans
einen niedlichen Fleck." — — —
Wir wurden noch güte Freunde, ich und die
„so Eine". Aber ich hätte später lange Zeit jedem
ebenso auf die Krachlederne geschossen, wie den:
ehrengeachteten Scheibenjüngling, der diesen Aus-
druck für sie gebraucht hätte. —
Das Leben ist fortgerollt, wie der Böllergruß
an jenem Tag in den Waid hinaus, die Erinnerung
ist verblaßt, aber auf dem Bilde küßt der Bursch
mit dem Kngelloch ans der Kehrseite noch inuner
mit gleicher Kraft seine ehr- und tngendsame
Jungfrau. Ja, gemalte Küsse haben Bestand! —
Hans vom Makde