Nr. 29
1906
Frage wachsen. Mb nun der Satan oder Sankt
Georg Korpskommandant wird, nach Zitomir zur
detachirtcn Eskadron kommt sicher keiner von den
beiden.
Und als Exzellenz von Kattermann, ehemals
Präses der Schießversuchskommiffion, General-
gewaltiger zu Lemberg wurde, da focht das den
braven penegast immer noch nichts an.
Und als Exzellenz von Kattermann, der neue
Korpskommandant, Befehle auf Befehle hinaus-
gab, das Schießwesen sei besonders bei der Ka-
vallerie zu heben, da hob der brave penegast das
Schießwesen von Zitomir nicht, sondern ließ es
genau so, wies gewesen war (ungefähr knöchel-
hoch über dem Niveau von Berthold Schwarz),
setzte geduldig und mit Maaß die Remonten seiner
Eskadron in Athem, bildete um eine Nuance
ungeduldiger seine Rekruten aus, hieß sie wacker
Pferde putzen, weil 's Putzen doch das halbe
Futter ist und benahm sich iiberhauxt und im
ganzen so, wie sich seit Menschengedenken alle
Rittmeister benommen hatten.
Jede Schwadron hat fünf Schwestern, die zum
selben Regiment gehören und mehr oder weniger
weit von einander kampiren. Als Baron Peno-
gast einst an einem schönen Frühlingsnachmittag
nach Trembowla bügelte, um wieder einmal
Menschen zu sehen, da fand er nicht weniger als
fünf andre Rittmeister dort, die zu demselben
Zweck gekommen waren und alle sprachen vom
General Bum.
„Komisch," dachte sich penegast, „von dem
General Hab ich noch mein Lebtag nichts gehört,"
hütete sich aber, es verlauten zu lassen, um nicht
durch Bildungsmangel anfznfallen.
„Bum hat inspizirt," „Bum wird inspiziren,"
„Buni versteht nichts vom Reiten," „Bum küm-
mert sich ums Schießen," so ging es fort und fort.
„Er versteht, nichts vom Reiten," überlegte
penegast, „die Beschreibung paßt so ziemlich auf
jeden General; da er sich aber mit dem Schießen
abgibt, muß er wohl ein bemitleidenswerth niedrig
organisiertes Lebewesen sein, eine Art Infanterist
oder dergleichen." penegast kaufte sich einen Allasch
und gab sich nicht weiter mit Sachen ab, die ihn
offenbar nichts angingen.
Da trat der Regimentsadjutant ein und brachte
das neue Verordnungsblatt. — „Perr Gott," rief
er, „bei den Picmontdragonern muß rein der Rotz
ausgebrochcn fein, vier Schwadronchefs hat man
in Pension geschickt."
„Aha, der General Bum fangt mit'm Ab-
schießen an," sagte jemand.
Baron penegast wußte plötzlich, wer General
Bum war.
Es kommt in aller Welt, was kommen muß;
es kam auch in Zitoniir der Vorabend des In-
spizierungsschießens.
penegast fühlte eine leichte Kriegspsychose
und wäre am liebste» nicht vorhanden gewesen,
wenigstens morgens nicht, „Wachtmeister Drapal,"
fragte er, „haben Sie meine Anordnungen befolgt?
Können alle Leute schießen?"
„Kennen 's, Po Rittmeister."
„Sind Sie genau nach der Instruktion vor-
gegaugcn, Drapal? paben Sie die Leute zuerst
mit Gxerzierxatronen blind schießen lassen?"
JUGEND
„Pab ich, Pc Rittmeister, meid ich ghursamst".
„Sind die Patronenhülsen gesammelt worden,
und liegen alle Pülsen iin Magazin?"
„Liegen s', Pe Rittmeister."
„Werden wir uns morgen beim Scheiben-
schießen nicht blamieren, Drapal?"
„wem me nix, pe Rittmeister."
„paben wir alles vorbereitet, was dazu gehört,
Drapal?"
„pam me alls, pe Rittmeister."
„Sind dieZieler ordentlich ausgebildet? werden
sie nicht zur Unzeit die Schädel- herausstecken?
Und werden unsere Leute auch was treffen, aus-
genommen Seine Exzellenz und die Zwischenvor-
gesetzten?"
„pe Rittmeister, meid ich ghursamst, Hab ich
Leit so scheu ausgebildet, daß wern S' pe Ritt-
meister große Freid Ham."
„Sie, Drapal!" sprach penegast, als Seine Ex-
zellenz von Zitomir gegangen war.
„Fehlen S', per Rittmeister?"
„Drapal, jetzt ist die Sache vorbei, jetzt beichten
SieI"
„Fehlen S', pe Rittmeister?"
, „Beichten sollen Sie, verstehen Sie? Seine Ex-
zellenz hat die ausgeschossenen pülsen der Ererzier-
patronen zu sehen verlangt."
„pam me ihm zeigt, pe Rittmeister."
„Ja, Drapal, die haben wir ihm gezeigt."
„Alsdann hat e wollen, soll me schießen auf
Scheiben, pam me schossen, pe Rittmeister, pam
me auch troffen, manchesmal nix, manchesmal
etwas, manchesmal gor nix".
„wir haben g u t geschossen, Drapal, es waren
ganz unchristliche Trefferprozente. Seine Exzellenz
war entzückt, und wenn er keine zündende An-
sprache gehalten hat, ists nur mit Rücksicht auf
die vielen feuergefährlichen Mnnitionsverschläge
unterblieben."
„war viel Munition, pe Rittineister, is e
aber kein Unglück nicht gschegen."
„Nein Drapal, Unglück ist keins geschehen."
„Zieler san gsund, Exlcnz gsund, pe Ritt-
meister gsund, pe Leitnant glund, Trumpeter
gsund, ich gsund."
„Ja, Drapal. Aber .... das wunderbarste,
ein Dragoner, ich glaub es war der piwoszalek .. "
„Piwoszalek hat e mir mitten in Guschen
schossen."
„Mitten ins Gesicht, Drapal."
„Schad nix, pe Rittineister. pat e Dragoner
Powondra deni pe Exlenzgeneral einnial grod
auf wadel zielt."
„Ja, Drapal. Ich wollt hinspringen, zu spät.
Der Schuß war schon gefallen."
„Schad nix, pe Rittmeister, pat e eine ganze
Salve losgongen, wie is Trumpeter auf Kugel-
fang gstanden. Schad nix, pe Rittmeister. Is
e buch nix gschegen, und ane jede sexte Schuß
war eine Treffer af Figur."
„Ja, Drapal, jeder sechste Schuß, ganz genau,
ich habe beobachtet, wie ist das möglich, Drapal ?"
„pab ich Zielern gesagt: jede sexte Schuß is
Figur, jede zwölfte Bval, wann is e nicht, kriegst
so parr Brrfeigen, daß wirst glauben, Mond is
e eine Markierlöffel."
„Ja, aber die Scheiben?"
„MH, Scheiben waren s vullcr Lecher, scho»
seit Freitag, pat e unser Sattler hineinmadff
mit ein Stickl polz."
„Und die Patronen?"
„GH, Patronen waren s alle blinde. Mech
ich doch nicht lassen von dumme Dragoner scharf
schießen, daß s' alle Menschen hinmachen. Mit
die scharfe Patronen Hab ich schon im Frihjahr
lassen s Panembohem- Salven schießen af Eiscir
bahndamm, daß me haben vurgschriebene leere
Pilsen in Magazin."
„Wachtmeister Drapal, ich bestrafe Sie wege»
Irreführung Ihres Vorgesetzten mit einem strenge»
verweis beim Rapport. Und daß mir eine solche
Schießerei nicht mehr vorkommt, sonst sperr ich
Sie unbarmherzig ein. Da haben Sie fünfzig
Gulden, Drapal, fahren Sie auf Urlaub nach
Leniberg, und wenn Sie nicht mehr besoffen sind,
kommen Sie wieder."
»
SchUtzm-Merkerln
Mik lumaralei Kugeln
l.aäst allwell Del vüchs:
Dö Oan’ geht In’s Schmarre,
Dö flndr’ trifft nix.
Cs is blos der Celfl:
von außn kennst Koane.
Oft moanst, ’s is dö flndr’,
Daweil wars dö Oane.
Sage mir, wie Du mit Deinem Sewehr
umgehst und Ich will Dir sagen, wie Du
schießt.
fürs schlechte Schießen gibts viele öründ’:
Das elende licht, der sakrische wind,
Der verfluchte Stuhu, die alte Patron’,
Der lärm, der Zieler, die damische Ditz',
Ueberijaupri der „ganz’ Cag“ . . .
Nur nie: — der Schütz’.
Del schlechten Schützen verpulvern sich die
Kenten, bei guten rentiert sich das Pulver.
Man kann Schützenmeister sein und
doch gut schießen.
fl scharss Ouckerl,
fl feste band,
fl ruhiger Stand
Und a sichere viix —
— Dann nur no dös richtige Rudierl . . .
weiter drauchts nix.
lach Keinen aus, der schlecht schießt, fr
gewinnt jedeusalls den Lhreupreis.
A. De Sora
luiufscheibe „Der ungerade 20 £nder“
1906
Frage wachsen. Mb nun der Satan oder Sankt
Georg Korpskommandant wird, nach Zitomir zur
detachirtcn Eskadron kommt sicher keiner von den
beiden.
Und als Exzellenz von Kattermann, ehemals
Präses der Schießversuchskommiffion, General-
gewaltiger zu Lemberg wurde, da focht das den
braven penegast immer noch nichts an.
Und als Exzellenz von Kattermann, der neue
Korpskommandant, Befehle auf Befehle hinaus-
gab, das Schießwesen sei besonders bei der Ka-
vallerie zu heben, da hob der brave penegast das
Schießwesen von Zitomir nicht, sondern ließ es
genau so, wies gewesen war (ungefähr knöchel-
hoch über dem Niveau von Berthold Schwarz),
setzte geduldig und mit Maaß die Remonten seiner
Eskadron in Athem, bildete um eine Nuance
ungeduldiger seine Rekruten aus, hieß sie wacker
Pferde putzen, weil 's Putzen doch das halbe
Futter ist und benahm sich iiberhauxt und im
ganzen so, wie sich seit Menschengedenken alle
Rittmeister benommen hatten.
Jede Schwadron hat fünf Schwestern, die zum
selben Regiment gehören und mehr oder weniger
weit von einander kampiren. Als Baron Peno-
gast einst an einem schönen Frühlingsnachmittag
nach Trembowla bügelte, um wieder einmal
Menschen zu sehen, da fand er nicht weniger als
fünf andre Rittmeister dort, die zu demselben
Zweck gekommen waren und alle sprachen vom
General Bum.
„Komisch," dachte sich penegast, „von dem
General Hab ich noch mein Lebtag nichts gehört,"
hütete sich aber, es verlauten zu lassen, um nicht
durch Bildungsmangel anfznfallen.
„Bum hat inspizirt," „Bum wird inspiziren,"
„Buni versteht nichts vom Reiten," „Bum küm-
mert sich ums Schießen," so ging es fort und fort.
„Er versteht, nichts vom Reiten," überlegte
penegast, „die Beschreibung paßt so ziemlich auf
jeden General; da er sich aber mit dem Schießen
abgibt, muß er wohl ein bemitleidenswerth niedrig
organisiertes Lebewesen sein, eine Art Infanterist
oder dergleichen." penegast kaufte sich einen Allasch
und gab sich nicht weiter mit Sachen ab, die ihn
offenbar nichts angingen.
Da trat der Regimentsadjutant ein und brachte
das neue Verordnungsblatt. — „Perr Gott," rief
er, „bei den Picmontdragonern muß rein der Rotz
ausgebrochcn fein, vier Schwadronchefs hat man
in Pension geschickt."
„Aha, der General Bum fangt mit'm Ab-
schießen an," sagte jemand.
Baron penegast wußte plötzlich, wer General
Bum war.
Es kommt in aller Welt, was kommen muß;
es kam auch in Zitoniir der Vorabend des In-
spizierungsschießens.
penegast fühlte eine leichte Kriegspsychose
und wäre am liebste» nicht vorhanden gewesen,
wenigstens morgens nicht, „Wachtmeister Drapal,"
fragte er, „haben Sie meine Anordnungen befolgt?
Können alle Leute schießen?"
„Kennen 's, Po Rittmeister."
„Sind Sie genau nach der Instruktion vor-
gegaugcn, Drapal? paben Sie die Leute zuerst
mit Gxerzierxatronen blind schießen lassen?"
JUGEND
„Pab ich, Pc Rittmeister, meid ich ghursamst".
„Sind die Patronenhülsen gesammelt worden,
und liegen alle Pülsen iin Magazin?"
„Liegen s', Pe Rittmeister."
„Werden wir uns morgen beim Scheiben-
schießen nicht blamieren, Drapal?"
„wem me nix, pe Rittmeister."
„paben wir alles vorbereitet, was dazu gehört,
Drapal?"
„pam me alls, pe Rittmeister."
„Sind dieZieler ordentlich ausgebildet? werden
sie nicht zur Unzeit die Schädel- herausstecken?
Und werden unsere Leute auch was treffen, aus-
genommen Seine Exzellenz und die Zwischenvor-
gesetzten?"
„pe Rittmeister, meid ich ghursamst, Hab ich
Leit so scheu ausgebildet, daß wern S' pe Ritt-
meister große Freid Ham."
„Sie, Drapal!" sprach penegast, als Seine Ex-
zellenz von Zitomir gegangen war.
„Fehlen S', per Rittmeister?"
„Drapal, jetzt ist die Sache vorbei, jetzt beichten
SieI"
„Fehlen S', pe Rittmeister?"
, „Beichten sollen Sie, verstehen Sie? Seine Ex-
zellenz hat die ausgeschossenen pülsen der Ererzier-
patronen zu sehen verlangt."
„pam me ihm zeigt, pe Rittmeister."
„Ja, Drapal, die haben wir ihm gezeigt."
„Alsdann hat e wollen, soll me schießen auf
Scheiben, pam me schossen, pe Rittmeister, pam
me auch troffen, manchesmal nix, manchesmal
etwas, manchesmal gor nix".
„wir haben g u t geschossen, Drapal, es waren
ganz unchristliche Trefferprozente. Seine Exzellenz
war entzückt, und wenn er keine zündende An-
sprache gehalten hat, ists nur mit Rücksicht auf
die vielen feuergefährlichen Mnnitionsverschläge
unterblieben."
„war viel Munition, pe Rittineister, is e
aber kein Unglück nicht gschegen."
„Nein Drapal, Unglück ist keins geschehen."
„Zieler san gsund, Exlcnz gsund, pe Ritt-
meister gsund, pe Leitnant glund, Trumpeter
gsund, ich gsund."
„Ja, Drapal. Aber .... das wunderbarste,
ein Dragoner, ich glaub es war der piwoszalek .. "
„Piwoszalek hat e mir mitten in Guschen
schossen."
„Mitten ins Gesicht, Drapal."
„Schad nix, pe Rittineister. pat e Dragoner
Powondra deni pe Exlenzgeneral einnial grod
auf wadel zielt."
„Ja, Drapal. Ich wollt hinspringen, zu spät.
Der Schuß war schon gefallen."
„Schad nix, pe Rittmeister, pat e eine ganze
Salve losgongen, wie is Trumpeter auf Kugel-
fang gstanden. Schad nix, pe Rittmeister. Is
e buch nix gschegen, und ane jede sexte Schuß
war eine Treffer af Figur."
„Ja, Drapal, jeder sechste Schuß, ganz genau,
ich habe beobachtet, wie ist das möglich, Drapal ?"
„pab ich Zielern gesagt: jede sexte Schuß is
Figur, jede zwölfte Bval, wann is e nicht, kriegst
so parr Brrfeigen, daß wirst glauben, Mond is
e eine Markierlöffel."
„Ja, aber die Scheiben?"
„MH, Scheiben waren s vullcr Lecher, scho»
seit Freitag, pat e unser Sattler hineinmadff
mit ein Stickl polz."
„Und die Patronen?"
„GH, Patronen waren s alle blinde. Mech
ich doch nicht lassen von dumme Dragoner scharf
schießen, daß s' alle Menschen hinmachen. Mit
die scharfe Patronen Hab ich schon im Frihjahr
lassen s Panembohem- Salven schießen af Eiscir
bahndamm, daß me haben vurgschriebene leere
Pilsen in Magazin."
„Wachtmeister Drapal, ich bestrafe Sie wege»
Irreführung Ihres Vorgesetzten mit einem strenge»
verweis beim Rapport. Und daß mir eine solche
Schießerei nicht mehr vorkommt, sonst sperr ich
Sie unbarmherzig ein. Da haben Sie fünfzig
Gulden, Drapal, fahren Sie auf Urlaub nach
Leniberg, und wenn Sie nicht mehr besoffen sind,
kommen Sie wieder."
»
SchUtzm-Merkerln
Mik lumaralei Kugeln
l.aäst allwell Del vüchs:
Dö Oan’ geht In’s Schmarre,
Dö flndr’ trifft nix.
Cs is blos der Celfl:
von außn kennst Koane.
Oft moanst, ’s is dö flndr’,
Daweil wars dö Oane.
Sage mir, wie Du mit Deinem Sewehr
umgehst und Ich will Dir sagen, wie Du
schießt.
fürs schlechte Schießen gibts viele öründ’:
Das elende licht, der sakrische wind,
Der verfluchte Stuhu, die alte Patron’,
Der lärm, der Zieler, die damische Ditz',
Ueberijaupri der „ganz’ Cag“ . . .
Nur nie: — der Schütz’.
Del schlechten Schützen verpulvern sich die
Kenten, bei guten rentiert sich das Pulver.
Man kann Schützenmeister sein und
doch gut schießen.
fl scharss Ouckerl,
fl feste band,
fl ruhiger Stand
Und a sichere viix —
— Dann nur no dös richtige Rudierl . . .
weiter drauchts nix.
lach Keinen aus, der schlecht schießt, fr
gewinnt jedeusalls den Lhreupreis.
A. De Sora
luiufscheibe „Der ungerade 20 £nder“