nach dem zweiten Beisammensein mit dem Schreiben
gar nicht mehr vorwärts kamen, sondern immer
nur Spaß trieben, die Schuld trägt sie mit. Wir
blieben zwar immer an der Maschine (dies für
de», der da meint, es wäre AergereS passiert),
aber wenn ich zu diktieren begann, z. B. Anfang
des zweiten Kapitels „Das Jahr ging feinem
Ende entgegen" und sagte dies und sah dann auf
das Papier, so stand nur „Da —a—a —a —a,"
sonst nichts. Darüber lachten wir beide, aber
vorwärts brachte es uns nicht.
jjlm, sieht schon, so ging es wieder nicht. Die
verfluchte Schäkerei hinderte mich am Berühmt-
werden. Ich war schwach, zugegeben, aber mir
f.hlte nicht die Einsicht. Also: Schluß machen
mit diesem nutzlosen Zeitvergenden.
Mit Ermahnungen richtete ich nichts ans.
Dabei lachte ich selbst. Stellte ich mich ärgerlich,
dann lachte sie. Nein. So ging es nicht.
Aber ei» paar Tage darauf ging es doch.
Seil einigen Nachmittagen nämlich nahm das
liebe Geschöpf ihre Ainschine gar nicht mehr ins
Bureau, in dem sie die Morgenstunden gearbeitet
hatte, und gestand mir dann, sie batte mir zuliebe
die (Stellung dort ansgcgebcn. „Ich kann dann
noch öfter zu Dir koitlmen," meinte sie treuherzig-
Entzückend. Was? Sie wollte sich gleich ganz
einnisten.
„Hopla," denke ich und bitte so ganz harmlos
um ihre Wohnnngsadrefsc. Sie lacht, wohl iveil
sie glaubt, ich wolle bei ihren Eltern vorsprechen.
Etsch. Ich kam nicht, dasür hatte sie am
nächsten Tag die Niaschine. Ich weiß. Man wird
mich gefühllos nennen. Gut. Aber bedenken Sie,
daß die Kunst vorangeht, lind wollte ich iveiter-
kommeil, so mußte dieser kurze, rasche Abschied sein.
Rn» ivar ich denn wieder allein, hatte mein
unleserliches Alanuskript noch immer nicht reinge-
schrieben iliid bekam dafür jeden achten Tag einen
Mahnbrief des Verlegers.
Was thun?
Ich grübelte lange, dann fand ich etwas und
sagte mir:
Dit hast doch Gönnerinnen, wie jeder Dichter,
vornehine, reiche Damen, die sich für dich inter-
essieren, die dir verrückte, dumme Briese schreiben
und denen eS eine Freude sein wird, dir zu helfen.
Nun detm. Ohne iveitere lleberlegung. Ich ging
zu meinem Freund, diktierte ihm an meine reichste
Gönnerin einen gefühlvollen Brief, in dem ich
zuerst von ihrer bekannten Güte, von Förderung
der deutschen Literatur sprach und dann so etwas
wie von einem Schreibkanipf einflocht, der mich
an jeder dichterischen Arbeit hindere- Ich hätte
schon daran gedacht, mir eine Schreibmaschine
anznschaffen indessen seien diese Apparate noch ein
ivenig thcuer rc.
Das genügte. Die Gönnerin verstand. Es
dauerte nicht lange und die Post brachte eine
Kiste, in der eine snnkelnagclitene Hainmond stand.
„Hailoh," sagte ich, setzte mich davor und
trommelte, da ich noch nicht darauf Zll schreiben
verstand, voiderhand einen Marsch. Dann suchte
ich in der Stadt herum »ach jemand, der mich
die Kunst des Schreibens lehrte. Eine solche Kraft
fand sich bald. Es ivar iviedcr ein Maschincn-
mädchen, und beinahe wäre wieder etwas passiert.
Aber weil sie doch nicht besonders hübsch ivar und
zudem falsche Zähne halte, ließ ich sie laufen.
Drei Wochen hatte ich mich geplagt. Jetzt
konnte ich es.
„Honorar, mein Fräulein?"
„50 Kronen."
„50 Kronen? Sie glauben wohl, ich hätte
Pierson znm Verleger?"
„Pierson? Net», ich weiß nicht, was das ist."
„Nun also. Pierson ist ein Verleger, der seine
Autoren zu Millionären macht."
Ich zahlte, fragte aber doch: „Haben Sie wohl
keinen Schaden?"
Sie entschuldigte sich, das lei ihr Tarif, und
überdies hätte das Lerne:! bei mir besonders lang
gedauert.
Mistfrntz. Wollte sie mich noch als begriff»
stützig hinstellen I Immerhin, vielen Dank, sie
könnte gehen. Ich verstünde es nun selbst zu
tippen.
Halloh —te—te—tetete-
So ging cs den ganzen Tag Jawohl, nie
war ich io fleißig, wie damals. Ich tippte, legte
ein neues Blatl ein, tippte wiener, und ein Blatt
»in das andere siel, fehlerfrei beschrieben, in den
Korb. Ja, das klappte. In dieser Zeit schrieb
ich niich berühmt.
Bitte, kein Lächeln.
Die Reinschrift meines Buches war fast be-
endet, als ich innerhalb drei Wochen nun schon
den vierten Brief der Gönnerin bekam. Jedes
dieser Schreiben enthielt das gleiche, fing an:
„Mein lieber Meister," bestand dann bis znm
Schlüsse ans Vorwürfen, daß ich jetzt überhaupt
nichts inehr von mir hören ließe, und endete mit
einer Ermahnung, mich doch wenigstens für das
Geschenk erkenntlich zu zeige».
Den ersten derartigen Brief behandelte ich wie
eine Rechnung. Das heißt, ich legte ihn in eine
entlegene Schublade. Den zweiten faßte ich als
Nkahnung auf, und Mahnungen zerreiße ich grund-
sätzlich. Der dritte ärgerte niich, der vierte ln»j-_
weilte niich und als dann der fünfte ankain, ivarf
ich ihn zu Bodeii, trat darauf herum und schrie:
„Das ist zu viel — zu viel. Ich lasse mir
keine Wohlthnten Vorhalten " Dann setzte ich mich
nieder, trommelte noch einen letzten Brief an die
Gönnerin, packte die Maschine in die Kiste, ver-
schaffte mir lebensfähige Wanzen, that sie dazu
und schickte alles portofrei der Gönnerin wieder.
In dem Begleitschreiben aber stand etwas von
künstlerischer Unabhängigkeit und die Einladung,
selber auf der Maschine zu dichten oder sich ans-
zuhängen. Beides sei mir gleich. Schliiß.
So. Jetzt sab ich also wieder ohne Schreib-
maschine lind hätte doch so »othwendig eine ge-
braucht. Mich wieder an ein Schreibniaschinen-
bnrean wenden und schlampige Reinschriften thcuer
zahlen zu niüssen? Rein. Wieder ein Tip-Tip-
inädel ins Hans nehmen, wieder verliebt werden
und die Zeit vertrödeln. Auch nicht. Eine an-
dere Gönnerin um eine Maschine angehn?
Die Lildern. Sie thun es ja doch nur wegen
der Briefe, die man ihnen wöchentlich schreiben soll.
Nein- Das alles war nichts. Ein einziges
blieb übrig. Nichts Anderes, als meine Hand-
schrift zu verbessern, daß ich von den Teufels-
inaschinen unabhängig werde.
Also suchte ich mir einen tüchtigen Kalligraphie-
lehrcr, die Stunde zu eine Krone, und nach zwölf
Stunden war ich soweit, daß er glaubte, in weiteren
zwölf Stunden könnte man meine Schrift lesen.
Der Mann hakte recht.
Aber — um ganz offen zu sein — sein Be-
wenden kann es dabei nicht haben Denn da ich
mir vorgenomnicii habe, von jetzt ab für „Die
Woche" zu schreiben, (Angebot: Das Kilo Salon-
roman 300 Mark), habe ich übermäßig viel zu
thun und werde mit meinen Fingern nicht nnch-
konnne».
Darum trachte ich doch, noch einmal eine
Schreibmaschine znm Geschenk zu bekommen, von
irgend jemand, der sich wegen dieser Lappalie dann
nicht so patzig macht, und frage:
Welcher edle Menschenfreund — — ?
„Wo," sagt die Redaktion.
Liede Jugend!
Fn der Kindervorstellung eines Stadt-Theaters
wird „Aschenbrödel" gegeben.
Als der Vorhang fällt, fragt Klein-Tischen:
„Mama, geht das Aschenbrödel jetzt wieder
in's Bilderbuch?"
*
Bräutigam: Sag mal, hast Du eigentlich
noch nie von mir geträumt?
Braut: Doch, grad heut Nacht znm erstenmal.
Bräutigam (zärtlich): lvas denn, Liebste?
Braut: Ja, weißt Du, ich träumte, man
sähe Deine Glatze jetzt sogar unter Deinem tönt
heranslcuchten. Sah das koniifch ans l
Jm Aonzert
„Sieh mal, Tante, was hat die Sängerin für
einen großen BusenI"
„So darfst Du nicht sagen, Anna, das nennt
man Herzverfettung."
HB •
kW- •
Jk *’• V-«
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Deckenbild im Amtsgericht Berlin - Pankow
Der Drachentöter
Fritz Erler (München)
gar nicht mehr vorwärts kamen, sondern immer
nur Spaß trieben, die Schuld trägt sie mit. Wir
blieben zwar immer an der Maschine (dies für
de», der da meint, es wäre AergereS passiert),
aber wenn ich zu diktieren begann, z. B. Anfang
des zweiten Kapitels „Das Jahr ging feinem
Ende entgegen" und sagte dies und sah dann auf
das Papier, so stand nur „Da —a—a —a —a,"
sonst nichts. Darüber lachten wir beide, aber
vorwärts brachte es uns nicht.
jjlm, sieht schon, so ging es wieder nicht. Die
verfluchte Schäkerei hinderte mich am Berühmt-
werden. Ich war schwach, zugegeben, aber mir
f.hlte nicht die Einsicht. Also: Schluß machen
mit diesem nutzlosen Zeitvergenden.
Mit Ermahnungen richtete ich nichts ans.
Dabei lachte ich selbst. Stellte ich mich ärgerlich,
dann lachte sie. Nein. So ging es nicht.
Aber ei» paar Tage darauf ging es doch.
Seil einigen Nachmittagen nämlich nahm das
liebe Geschöpf ihre Ainschine gar nicht mehr ins
Bureau, in dem sie die Morgenstunden gearbeitet
hatte, und gestand mir dann, sie batte mir zuliebe
die (Stellung dort ansgcgebcn. „Ich kann dann
noch öfter zu Dir koitlmen," meinte sie treuherzig-
Entzückend. Was? Sie wollte sich gleich ganz
einnisten.
„Hopla," denke ich und bitte so ganz harmlos
um ihre Wohnnngsadrefsc. Sie lacht, wohl iveil
sie glaubt, ich wolle bei ihren Eltern vorsprechen.
Etsch. Ich kam nicht, dasür hatte sie am
nächsten Tag die Niaschine. Ich weiß. Man wird
mich gefühllos nennen. Gut. Aber bedenken Sie,
daß die Kunst vorangeht, lind wollte ich iveiter-
kommeil, so mußte dieser kurze, rasche Abschied sein.
Rn» ivar ich denn wieder allein, hatte mein
unleserliches Alanuskript noch immer nicht reinge-
schrieben iliid bekam dafür jeden achten Tag einen
Mahnbrief des Verlegers.
Was thun?
Ich grübelte lange, dann fand ich etwas und
sagte mir:
Dit hast doch Gönnerinnen, wie jeder Dichter,
vornehine, reiche Damen, die sich für dich inter-
essieren, die dir verrückte, dumme Briese schreiben
und denen eS eine Freude sein wird, dir zu helfen.
Nun detm. Ohne iveitere lleberlegung. Ich ging
zu meinem Freund, diktierte ihm an meine reichste
Gönnerin einen gefühlvollen Brief, in dem ich
zuerst von ihrer bekannten Güte, von Förderung
der deutschen Literatur sprach und dann so etwas
wie von einem Schreibkanipf einflocht, der mich
an jeder dichterischen Arbeit hindere- Ich hätte
schon daran gedacht, mir eine Schreibmaschine
anznschaffen indessen seien diese Apparate noch ein
ivenig thcuer rc.
Das genügte. Die Gönnerin verstand. Es
dauerte nicht lange und die Post brachte eine
Kiste, in der eine snnkelnagclitene Hainmond stand.
„Hailoh," sagte ich, setzte mich davor und
trommelte, da ich noch nicht darauf Zll schreiben
verstand, voiderhand einen Marsch. Dann suchte
ich in der Stadt herum »ach jemand, der mich
die Kunst des Schreibens lehrte. Eine solche Kraft
fand sich bald. Es ivar iviedcr ein Maschincn-
mädchen, und beinahe wäre wieder etwas passiert.
Aber weil sie doch nicht besonders hübsch ivar und
zudem falsche Zähne halte, ließ ich sie laufen.
Drei Wochen hatte ich mich geplagt. Jetzt
konnte ich es.
„Honorar, mein Fräulein?"
„50 Kronen."
„50 Kronen? Sie glauben wohl, ich hätte
Pierson znm Verleger?"
„Pierson? Net», ich weiß nicht, was das ist."
„Nun also. Pierson ist ein Verleger, der seine
Autoren zu Millionären macht."
Ich zahlte, fragte aber doch: „Haben Sie wohl
keinen Schaden?"
Sie entschuldigte sich, das lei ihr Tarif, und
überdies hätte das Lerne:! bei mir besonders lang
gedauert.
Mistfrntz. Wollte sie mich noch als begriff»
stützig hinstellen I Immerhin, vielen Dank, sie
könnte gehen. Ich verstünde es nun selbst zu
tippen.
Halloh —te—te—tetete-
So ging cs den ganzen Tag Jawohl, nie
war ich io fleißig, wie damals. Ich tippte, legte
ein neues Blatl ein, tippte wiener, und ein Blatt
»in das andere siel, fehlerfrei beschrieben, in den
Korb. Ja, das klappte. In dieser Zeit schrieb
ich niich berühmt.
Bitte, kein Lächeln.
Die Reinschrift meines Buches war fast be-
endet, als ich innerhalb drei Wochen nun schon
den vierten Brief der Gönnerin bekam. Jedes
dieser Schreiben enthielt das gleiche, fing an:
„Mein lieber Meister," bestand dann bis znm
Schlüsse ans Vorwürfen, daß ich jetzt überhaupt
nichts inehr von mir hören ließe, und endete mit
einer Ermahnung, mich doch wenigstens für das
Geschenk erkenntlich zu zeige».
Den ersten derartigen Brief behandelte ich wie
eine Rechnung. Das heißt, ich legte ihn in eine
entlegene Schublade. Den zweiten faßte ich als
Nkahnung auf, und Mahnungen zerreiße ich grund-
sätzlich. Der dritte ärgerte niich, der vierte ln»j-_
weilte niich und als dann der fünfte ankain, ivarf
ich ihn zu Bodeii, trat darauf herum und schrie:
„Das ist zu viel — zu viel. Ich lasse mir
keine Wohlthnten Vorhalten " Dann setzte ich mich
nieder, trommelte noch einen letzten Brief an die
Gönnerin, packte die Maschine in die Kiste, ver-
schaffte mir lebensfähige Wanzen, that sie dazu
und schickte alles portofrei der Gönnerin wieder.
In dem Begleitschreiben aber stand etwas von
künstlerischer Unabhängigkeit und die Einladung,
selber auf der Maschine zu dichten oder sich ans-
zuhängen. Beides sei mir gleich. Schliiß.
So. Jetzt sab ich also wieder ohne Schreib-
maschine lind hätte doch so »othwendig eine ge-
braucht. Mich wieder an ein Schreibniaschinen-
bnrean wenden und schlampige Reinschriften thcuer
zahlen zu niüssen? Rein. Wieder ein Tip-Tip-
inädel ins Hans nehmen, wieder verliebt werden
und die Zeit vertrödeln. Auch nicht. Eine an-
dere Gönnerin um eine Maschine angehn?
Die Lildern. Sie thun es ja doch nur wegen
der Briefe, die man ihnen wöchentlich schreiben soll.
Nein- Das alles war nichts. Ein einziges
blieb übrig. Nichts Anderes, als meine Hand-
schrift zu verbessern, daß ich von den Teufels-
inaschinen unabhängig werde.
Also suchte ich mir einen tüchtigen Kalligraphie-
lehrcr, die Stunde zu eine Krone, und nach zwölf
Stunden war ich soweit, daß er glaubte, in weiteren
zwölf Stunden könnte man meine Schrift lesen.
Der Mann hakte recht.
Aber — um ganz offen zu sein — sein Be-
wenden kann es dabei nicht haben Denn da ich
mir vorgenomnicii habe, von jetzt ab für „Die
Woche" zu schreiben, (Angebot: Das Kilo Salon-
roman 300 Mark), habe ich übermäßig viel zu
thun und werde mit meinen Fingern nicht nnch-
konnne».
Darum trachte ich doch, noch einmal eine
Schreibmaschine znm Geschenk zu bekommen, von
irgend jemand, der sich wegen dieser Lappalie dann
nicht so patzig macht, und frage:
Welcher edle Menschenfreund — — ?
„Wo," sagt die Redaktion.
Liede Jugend!
Fn der Kindervorstellung eines Stadt-Theaters
wird „Aschenbrödel" gegeben.
Als der Vorhang fällt, fragt Klein-Tischen:
„Mama, geht das Aschenbrödel jetzt wieder
in's Bilderbuch?"
*
Bräutigam: Sag mal, hast Du eigentlich
noch nie von mir geträumt?
Braut: Doch, grad heut Nacht znm erstenmal.
Bräutigam (zärtlich): lvas denn, Liebste?
Braut: Ja, weißt Du, ich träumte, man
sähe Deine Glatze jetzt sogar unter Deinem tönt
heranslcuchten. Sah das koniifch ans l
Jm Aonzert
„Sieh mal, Tante, was hat die Sängerin für
einen großen BusenI"
„So darfst Du nicht sagen, Anna, das nennt
man Herzverfettung."
HB •
kW- •
Jk *’• V-«
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Deckenbild im Amtsgericht Berlin - Pankow
Der Drachentöter
Fritz Erler (München)