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©d. ©liun (Jlnticofi)

Wozarimesse in C-moll

Lauschend diesen heil'gen Klängen,
Die aus andern Welten stammen,
Wo befreit voni Erdenstaube
Sel'ge Geister sich ergeh'»,

Denk' ich einer kleinen Kirche.

Durch die bunten Fensterscheiben
Fällt die Helle Frühlingssonne
Zittert um des Altars krauses
Wunderliches Schnörkelwerk.

Schämig blickt die Gottesmutter
Nieder ans die weißen Brüste,

Dran das Jesuskind sich schwiegt.
Und im"Licht der Frühlingssonne,
Funkeln blutig die Rubinen
In den leeren Augenhöhlen
Moderbrauner Heil'genschädel. . . .
Weihrauchduft erfüllt die Kirche,
Rosenkränze hör' ich rascheln
Und der Priester betet leise.

In die feierliche Stille
Klingt die altersschwache Orgel,

Auf des Chores schnialcr Rundung
Tauchen Kindcrköpfchcn auf.
Kinderköpfchen, liebe, kleine
Blond und braune Kinderköpfchcn.
Eine süße Mädchenstinime,
Lerchenhell und glaubensinnig,

Klingt enipor und kündet jubelnd
„Credo in unum Deum.“

Und die Sonne, fast erschrocken,
Sendet ihre schönsten Strahlen
Auf zum Chore und sie weben
Um des Mädchens braune Haare
Eine lichte Gloriole.

Jahre sind dahingegangen.

Jene rothen Mädchenlippen,

Die so innig Credo sangen,

Haben sich schon oft zu andern
Fremden Göttern laut bekannt,
Götter nicht von Himmels Gnaden,
Keine christlich frommen Götter.. ..
Doch in meinen Träumen lebt sie,
Und sie geht durch meine Tage,

Wie ich sie geseh'n in jener
Frühlingslichten kleinen Kirche,
Sonnenglanz im braunen Haar.

(Üeorff &cliaii«n!>erg:

Htppce

von Arthur Schubart
Das Telephon

Wir saßen behaglich in der wohlig marinen
Hütte: der Jagdherr, Ela? der Alle und ich.
Unser einfaches Mahl war beendet; die Pfeifen
gualmtcn, auf deiit knisternden Herde brodelte
feuriger Rothpunsch, die Kuckucksuhr tickte und
vie Zither tönte anheimelnd durch den trau-
lichen Raum.

Draußen aber in der bitterkalte», glitzern-
den Novembernacht war der Vollmond leise
über die verschneiten Zacken und Zinnen
heraufgestiegen und schaute theilnahmsloS
stumm hernieder auf die winterliche Welt.

Fröstelnd stoh mein Blick von diesem durch-
schauernden Bild, da« mich anmuthete wie

eine in bunten Flitter gehüllte Leiche. Doppell
werth und vertraut war mir die sichere Hütte,
geschaffen von meinesgleichen, inmitten dieser
alles Leben bedrohenden Schneewüste, die vom
Hauche des Todes erstarrt schien, lind klar
wie selten empfand ich, daß wir Menschen alle
in brüderlicher Treue zusammenstehen müsse»
gegen den gemeinsamen Feind, die erbarmungs-
lose Natur...

Da gellte in der Ncbenkammer schrilles
Geklingel.

„Du hast doch nicht gar.. . ?" rief ich bei-
nahe erschrocken.

„Ein Telephon, freilich!" lächelte der Jagd-
herr aufstehend, „meine Frau will uns wahr-
scheinlich gute Nacht sagen ..."

„Was Schöns is's scho um so a Ding-
dös muaß ma scho sagn ..nickte beifällig
der alte Clas- —

Ich aber schwieg enttäuscht und zugleich
erstaunt über den seltsamen Widerspruch meines
Gefühls. Zerstört war mir mit einem Mal
das stolze befreiende Bewußtsein, Aug in Aug
mit der Urnatur zu wohnen, erdentrückt, über
den Alltag erhoben, und voll banger Wehmuth
dachte ich, daß die Stunde nimmer fern ist,
wo der Mensch den scheuen Geist der Wildniß,
dessen Gesellschaft uns Kulturmenschen so
wundersam lockt und beglückt, auch aus dem
letzten Asyl vertrieben haben wird, das er aus
Erden bewohnte...

Der Regenwurm

Im Hofgarten sah ich kürzlich eine Amsel,
die einen Regenwurm unter einer triefenden
Rosenhecke hervorzerrte. Durch meine Nähe
im behaglichen Schmause gestört, flog sie mit
ihrer Beute auf einen nahen Baum. Und
während der arme Wurm sich verstümmelt in
ihrem Schnabel wand, zwitscherte die Amsel,
leis nur, aber so süß-melancholisch, daß die
Vorübergehenden unwillkürlich ausblickten.

„Nein, wie schön, wie wunderbar schönt"
sagte eine gefühlvolle Dame zu ihrem Begleiter.

Der Wurm freilich, der in Todesqual zuckte,
war wohl weniger erbaut von diesem seinen:
Requiem, und das doch wohl auch mit einigem
Recht — das heißt — ich hätte beinahe ver-
gessen, daß er damit bedauerlichen Mangel an
Objektivität vcrrieth . ..

Herkskakend

Sieh, wie der Tag sich heimlich fortgeschlichen,
Wie alles Leben in den Schatten sank.
Vergossen nun der Stunden gold'uer Trank,
Erloschen alle Farbe und verblichen.

Ein Duften nur blieb in den Lüften schweben,
Zart wie der Traum, der uns're Nacht beglückt,
Ein Kuß von Blumen, der dem

Wind gegeben.

Sieh, wie der Wald voll milden Ernstes blickt,
Ein treuer Vater, der das müde Leben
Der letzten Blüthe» fest ans Herz gedrückt.

Laß mich die Stirn an Deine Schulter presse»;
Ich sehne mich nach warmen Herzensschlagen,
Nach einer Stimme, die mich sanft

umschmeichelt,

Nach einer Hand, die meine Haare streichelt,
Nach Armen, die sich schützend um mich legen.
Laß mich den Tag und seine» Glanz vergessen!

Josefa Hets

Ör«muö
Register
Josefa Metz: Herbstabend
[nicht signierter Beitrag]: Der Regenwurm
Arthur Schubart: Nippes
Eduard Okun: Oremus
Georg Schaumberg: Mozartmesse in C-moll
 
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