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Fritz Tersch (München)

Der VladmvrtnMa-

(Ml Zeichnung von ZuUus Die;)

Nu» hält die Nacht den dunklen Monolog
Vor dem gewölbten Ohr des Alls. Am Himmel
Auf ihrem alabasterweißen Schimmel
Sprengt Luna her, die, ach, mein Herz betrog.

Durch der Planeten silbernes Gewog,

Durch der Milliarden Sterne Lichtgewimmel
Sprengt sie dahnDdMch festliches Getümmel,
Der nachzuschaun ein Fluch mein Herz bewog.

Einst war der Tag mein Gott. Nun geh ich bang
Durch sein zu grelles Licht und sehne mich
Empor, empor, wo Lnnas Schleier wehen,

Nach ihrem Menschenohr verwehrtem Sang;
Und lieb' dich, Luna, und verfluche dich
llitd möcht in deinem Reich verloren gehen.. .

Hugo Salus

VHrtria Magdalena

Und verdammt zu heißen Trieben
Bin ich doch ihm treu geblieben,

Lieb' ihn unter tausend Schmerzen,
Treu in meinem innern Herzen.
Niemals werde ich vergessen
Seine Liebe ungemessen,

Seine tiefe Gütigkeit:

Wie es ihm die Brust erfüllte,

Ihm aus ganzer Seele guillle,
Abgrundtief und himmelweit. . .

Ludwig Schars

Rränze

Den lauten Schreiern mit den Fechterpvsen
Hat Pöbelgunst den Lorbeer stets gebracht,
Indessen lenkt mit selbstgepflürklcn Rosen
Ein Ritter schweigend aus der Siegerschlacht

Gustav Falke

Fragmente aus einer Philosophie
der Liebe

i.

Bei der Liebe eines Mädchens, die schon in
erotischen Sehnsüchten und Träumen gelebt hat,
ist es dem Manne relativ leicht, sich ihr gegenüber
dauernd auf der Höhe zu halten, ihr dauernd als
der Liebe würdig zit erscheinen. Denn das Ideal,
das sie vorher erträumt hat, mag noch so hoch
und über alle Erfahrung hinaus liegen — die
Wirklichkeit hat als solche ihm gegenüber eine
einzigartige Kraft, die Ueberlcgeuheit der Drei-
dimensionalität über den Schatten. Der Mann
ist hier sozusagen gar nicht verpflichtet, die vor-
gezeichneten Umrisse jenes Ideals einzuhalten, er
setzt einen ganz neuen, unvergleichlichen Wert
diesem gegenüber ein. Anders aber und für ihn
viel gefährlicher liegt es, wenn das Mädchen über-
haupt erst durch die Liebe zu ihm Berührung mit
dem erotischen Gebiet gewinnt, wenn keine allge-
meine Sehnsucht und Jdealbildung vorangegangen
ist, sondern er sozusagen zugleich das Allgemeine
und das Belondre, das Ideal und die Wirklich-
keit ihrer Erotik ist. Denn in diesem Fall wird
über ihn nicht das jenseits seiner erwachsene
Ideal gesetzt, dem gegenüber er leicht Recht behält,
sondern das Ideal seiner selbst, vesse» Forderungen
er sich nicht entziehen kan». Das Mädchen sieht
in ihm und verlangt von ihm das Höchste seines
eigenen Wesens, er hat jetzt selbst den Wechsel
ausgestellt, den sie ihm präsentiert, das Höchste,
das sie nun überhaupt will, ist an ihm selbst er-
wachsen; seine Wirklichkeit hat keine siegreiche
Präponderanz mehr gegenüber einem bloß er-
träumten Ideal, sondern sie wird an einem
gemessen, das das Ideal eben dieser Wirklichkeit
selbst ist.

II.

Bei dem Abschluß jedes Handelsgeschäftes ist
derjenige von vornherein im Vorteil, dem iveniger
als dem Andern an diesem Abschluß liegt. Sehr
parador; wiederholt sich dies innerhalb der Liebe.
In jedem Liebesverhältnis hat der weniger Lie-
bende ein Nebergewicht, er kann sozusagen seine
Bedingungen stellen, der Andre ist ihm ausgeliefert:
denn diese» verhindert die innerliche Gebunden-
heit der Liebe, seine Vorteile zu bemerken, die
bemerkten ausziinutzen. In der Ehe pflegt, unter
sonst gleichen Umständen, der zu herrschen, der
das geringere Gefühl einsetzt. Da dies hier, und
ebenso in freien Verhältnissen, in der Regel der
Mann ist, so scheint mir darin ein wesentlicher

Erklärnngsgrnnd für die allgemeine Präponderanz
der Männer über die Frauen zu liegen. Vielleicht
aber entbehrt dies doch nicht ganz der Gerechtig-
keit. Denn in dem Liebesverhältnis genießt der
tiefer Liebende ein soviel tieferes Glück, daß es
am Ende in der Ordnung ist, wenn der Andre
dafür in der Hinsicht des Herrschens rtnd in allem,
was sozusagen an der Peripherie des Verhältnisses
liegt, im Uebergewicht bleibt.

III.

Unter allem, was ein Mensch überhaupt tun
kann, vom Edelsten bis zum Gemeinsten, vom
Klügsten bis zum Dümmsten, gibt es Nichts,
was nicht aus Liebe zu einem Andern geschehen
könnte — mit einer einzigen Ausnahme: daß er
ihn liebt, kann nicht aus Liebe zu ihm geschehn!
Man preist die Liebe als die Wurzel alles mensch-
lichen Altruismus. Gut, sie mag seine Wurzel
sein — aber seine Frucht kann sie niemals fein
Niemals kann ich einen Menschen um seiner selbst
willen lieben — denn dann müßte ich ihn doch
schon geliebt haben, bevor ich ihn liebte I Wenn
ich dich liebe, mag diese Liebe jede Spur von
Egoismus dir gegenüber aus meiner Seele hin-
wegläutern; aber daß ich dich liebe, kann ich nicht
schon aus Liebe zu dir tun. Oder sollte dieser
Ursprung der Liebe ans dem Egoismus — und
sie allein kann nur aus dem Egoismus hervor-
gehn, wen» sich ihr Gedanke nicht im Kreise dreh»
und die Wirkung zur Ursache machen will— sollte
dieser Ursprung der Liebe nicht auch in ihre Wir-
kungen und Früchte etwas von ihrem Wurzel-
safte. da ihre Wurzel nun einmal unvermeidlich
Egoismus ist, einfließen lassen?

IV.

Vielfach züchten soziale Zweckmäßigkeiten, die
heute vielleicht noch unentbehrlich sind, den Glau-
ben an Einheitlichkeiten nud unbedingte Zusammen-
gehörigkeiten auf diesem Gebiet, während die tat-
sächliche Entwicklung die Elemente schon anseinan-
derzulegen und zu verselbständigen beginnt. Vor
allcm ist es hier die Form der Monogamie, a»
der die Entwicklung so ihre Nealkritik vollzieht-
Weun zwei Mensche» sich aus der vollkommne»
Tiese und Echtheit ihres Wesens heraus lieben-
jenseits alles bl: ß sinnlich - momentanen Auf-
flammens und jenseits aller Illusion über sich
und den Andern — so scheint es sich ganz von
selbst zit verstehen, daß die lebenslängliche Ehe der
angemessene Ausdruck ihrer innerlichen Beziehung
ist. In Wirklichkeit ist dies keineswegs immer
der Fall. Die Ehe fordert vielmehr von dem Ei»'
zelnc» und von dem inneren Verhältnis der beide»
Register
Gustav Falke: Kränze
Fritz Tersch: Zierleiste
S.: Fragmente aus einer Philosophie der Liebe
Ludwig Scharf: Maria Magdalena
Hugo Salus: Der Nachtwandler
 
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