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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 12.1907, Band 1 (Nr. 1-27)

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Nr. 27
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Nr. 27

JUGEND

1907

das Große blieb groß. Ls war keine Weltfrage,
ob der Hamlet in diesem oder jenem Jahr ge-
schrieben wurde, aber ob Shakespeare katholisch
oder protestantisch empfand, war wichtig. Jinmer
ging der weg vom Aesthetischen zum politischen,
Ethischen, Religiösen, zu den weltfragen. Das
ist Mannesart.

Lin Philosoph muß ein Mann sein, wie
umgekehrt eigentlich jeder richtige Mann in seiner
Art ein Philosoph ist. Welche Galerie von
Männerköpfen, diese Plato, Aristoteles, Zeno,
Spinoza, Kant, Pegel I Ls gehört ein Wille dazu,
»in bis zum letzte» hinauszudenkcn, und in diesem
flutende» Strom der Welterscheinungen einen Stand-
punkt zu nehmen und ihn festzuhalten, pinauf
auf deii Berg, mit rastloser Durcharbeit der Ver-
gangenheit bis zum vollen Ilmblick und dann oben
in der Linsamkeit und kalten Luft ausgehalteu,
um die wesentlichen Züge des Weltbildes in sich
aufzunehmen, vischers Aesthetik ist so „auf der
pöhe", daß sie in dem mächtigen Ueberblick über
alles vorher Gedachte, in der weitausschauenden
Erwägung fast aller Möglichkeiten so vieles, was
seither auf diesem Gebiet getan worden ist, in
der Geburt schon antiquiert. Das hat sie von dem
mächtigen, philosophischen Zug ihres Urhebers.

Gibt es niemand in Deutschland, der dieses
trockene gigantische Knochengerüste von Para-
graphen mit dem organischen Wunderstoff der
Erläuterungen in einen Verjüngungskessel zu-
sammenhackt und daraus die Aesthetik unserer
Zeit schafft?

vischcr war Selbstkritiker genug, zu sehen, daß
die eigene Aesthetik ihm ihrer Form nach unter
der Band veraltete. Aber die Kraft seines Alters
reichte nicht aus zu einem Neubau des Riesen-
werkes. Er gab als die Frucht seines Alters die
Lyrischen Gänge, den dritten Faust und sein
dichterisches Pauptwerk, den „Auch Liner," so wie

der alte Schartenmayer anno den deutschen
Krieg gesungen hatte. Für den an die Strenge
des abstrakten Gedankens Gewöhnten, wars wie
ein glückliches Ausruhen, Feierstunden des Abends,
ein Schwanengesang, geschwellt von allen schönen
Lebenserinnerungen. So belastet mit Gedanken,
mit Problemen, init Lehren, mit Absichten und
Tendenzen konnte dieser Geist nur in der Prosa
des Romans sein Bestes geben; so voll Zweifeln
an der Gegenwart, so voll Sorgen über die Zu-
kunft nur in der gebrochenen Stimmung des
pumors sich ausleben. „Auch Liner" hat als
dichterisches Werk einige Mängel. Aber diese
Mängel können die eine Tatsache nicht umbringen,
daß ihn ein Mann geschrieben hat. Lin Mann,
der seinen Geist zur vollen Tiefe, zur höchste»
weite entwickelt hat, zur größten Freiheit des
Blicks, über die Dinge hin, zum reinsten und
lautersten Gefühl des echt und wahrhaft Mensch-
lichen.

Bischer wird für lange einer unserer erste»
Schriftsteller bleiben. Sein Stil ist der lebendige
Ansdruck seiner Doppelbegabung Er ist voll
schlagender vergleiche, farbiger Anschauungen.
Bischer ist ein Künstler in der Wissenschaft. Zu-
weilen hat er einem der staubigen Gelehrten auf
dem pochschulkathedcr vorgcworfen, daß man über
Kunst nicht schreiben dürfe, wie über das Recht,
daß etwas von dem Glanz der Kunst in die
Darstellung übcrfließcn müsse. Daran fehlt es nie
bei ihm. Am Anfang war der Stil mehr ge-
dankenmäßig, leffingisch, klar, scharf, blank, ein
knappes obwohl blinkendes Gewand des Ge-
dankens. Je älter er wird, um so gefühlter,
ästhetischer wird seine Sprache. Er steht über
seinen Gedanken, ordnet sie wie veeresabteilnngen,
dirigiert sie »ach rechts und links. Der Mann,
der schärfer als die meisten den Unterschied des
gesprochenen und geschriebenen Wortes erkannte,

kann doch auch in seinem schriftlichen Vortrag die
Gewohnheit des Sprechens nicht verleugnen. Man
hört ihn immer reden; nur fließt es glatter, als
in seinem gesprochenen Wort, und zuweilen hört
man in den gerundeten Perioden seiner späteren
Werke auch die leichte Beziehung auf die eigene
Person, eine kleine Selbstgefälligkeit, ein Bewußt-
sein der Kunst, mit der das alles gesagt ist. Der
Stil ist der Mann, sagt das bekannte Wort, und
man merkt cs dem Altersstil vischers an, daß
dieser Mann gern redete und sich vor allem nicht
gern unterbrechen ließ . ..

Und ein ganz kleines Zöpfchcn hing dem
Schwaben, dem alten Stiftler, hinten. Das Mo-
ralische verstand sich ihm beinahe zu sehr von
selbst. So sehr, daß man vergessen könnte, wie
langweilig doch die Welt mit dem bloß Mora-
lischen werben könnte. Er verehrte Mphelia noch
tiefer als pamlet. der sie doch mit so spitzigen
Redensarten kitzelte; und wußte fast besser, als
pamlet, wie es mit ihrer Tugend bestellt war.
Habest sibi. Niemand steckt ungestraft fünf Jahre
hinter Stiftsinauern und steht nngestraft fünfzig
Jahre auf dem Katheder. Aber niemand auch
wetzt den Geist ohne großen Gewinn in engem
Umgang mit solchen Mitkämpfern, wie die Strauß,
Märklin u. s. w., und steht ohne Nutzen so breit auf
der Erde, so tiefatmend in der Luft seines Heimat-
landes, wie er in seinem Schwaben gestanden ist.

Max Diez (Stuttgart)

Zur gefl. Beachtung!

DaS Gedicht „Bald" von Fr. Th. Bischer auf
nebenstehender Seite entnahmen wir mit gütiger
Erlaubnis des Verlags, dem Bande „Lyrische
Gänge" von Fr. Th. Bischer, Deutsche Berlags-
Anstalt, Stuttgart und Leipzig.

Die Ubr.

eine gute Taschen - Uhr, die ihrer Konstruktion und ihrer Form
nach auf der pöhe unserer Zeit steht, ist für jeden modernen
Menschen ein sich täglich, ja stündlich geltend machendes Bedürfnis.
Line solche Uhr bringt Brdnung und Klarheit in unser Schaffen
und in unsere Arbeit, sie bringt Behaglichkeit und Sicherheit in unser
vergnügen und in unser» Genuß. Sie ist das regulierende Instrument
unseres äußeren Lebens und die unabläßig mahnende pelfcrin zum
Erfolg. Je besser die Uhr ist, umso besser erfüllt sie diese Aufgabe.
Die vielen billigen Uhren, mit denen der Markt überschwemmt wird,
die in bezug auf Minderwertigkeit und Unzuverlässigkeit des Werkes,
auf Sinnlosigkeit und Geschmacklosigkeit der Form miteinander wett-
eifern, sind deshalb für die Praxis so gut wie wertlos; sie sind aber
außerdem auch in Wirklichkeit die teuersten Uhren wegen der vielen
immer wiederkchrenden Reparaturkosten. Die tägliche Gcbranchsuhr,
wie sie die Gegenwart verlangt, muß

;. ein solides, feines, unbedingt zuverläßiges und exaktes Werk
modernster Konstruktion besitzen,

2. in allen Teilen vom besten Material hergestellt, dauerhaft,
praktisch und bequem sein.

2. durch einfach - stilvolle

Schönheit und Eleganz der _
künstlerischen Kultur unserer Zeit
Rechnung tragen.

Diese Ligenschaften sind zum ersten Male
auf das vollkommenste vereinigt und verkörpert
in der „Nomos"-vbr.

Die „ Nomos “ bedeutet eine Reform auf
dem Gebiete der Talchen-Uhr: sie ist die feinste,
schönste und modernste Uhr. — Mit der „Nomos“-
Uhr ist endlich die in jeder pinsicht technisch wie künstlerisch voll-
kommene Präzisions-Uhr geschaffen, wie sie den hohen Anforderungen
und den vielseitigen Bedürfnissen des modernen Kultur-Menschen aufs
sinnreichste und intimste entspricht.

Line solche Uhr fehlte bis jetzt! —

verlangen Sie die soeben erschienene, reich ausgestattcte Aufklärungs-
Broschüre „Die moderne Taschen-Uhr", die jedem Interessenten
auf Wunsch von der Nomos-Uhr-Gesellschaft, Glashütte i. Sa. (J. I.)
gratis und franko zugesandt wird!

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Redaktioneller Beitrag: Redaktionelle Notiz
 
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