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Grub van Frauenchiemsee*)

Uom alten Klosterturme hämmert's — vier.

Um diese Stunde sab ich sonst bei dir,

Und sah dir zu, wie gastlich du instand
Dein Tischlein setztest mit gewandter Hand.

Im blanken Kessel summte dann dein Tee;

Heut summt sein rauschend Lied der weite See.

Und statt des Kusses, den ich sonst erhielt,

Spür' ich die Bergluft nur, die mich umspielt.

Doch Lindendüfte bringt sie mir zugleich;

Du weifet, dies Eiland ist an Linden reich!

Und jetzt, wo über ihm Hochsommer lacht,

Hängt über allen Zäunen Rosenpracht.

Die alte Traumwelt, die der Sonnenschein
Hier immer zaubert, spinnt auch heut mich ein.

Die alte Traumwelt! fleh, du kennst sie gut!
Einschläfernd legt sie sich auf Herz und Flut.

Hindämmern läfet sie uns und lässig schau'n,

Wie Wellen glitzern und wie Berge blau'n.

Und aller Kampf und alle Lebenshast
Wird taglang hier vergessen und verpafet.

Man liegt hier wie in einem Rosengrab;

Und was das Dasein uns zu kämpfen gab,

Entflieht wie Schaumesspiel im Wellentanz,

Wie ein Bedicht in Sommerwolkenglanz!

Du traute Seele, die du Alles kennst,

Und jedes Ding mit seinem Worte nennst:

Heut flogst du über ferner Wälder Saum
Daher und träumst mit mir den gleichen Traum!

Ich fühle dich in diesem Sonnenschein;

Uns Beide spinnt der gleiche Zauber ein!

Max Haushofer f

•) Das Gedicht — eines der lelzlen Max Haushofers
wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Wir verdan-
ken es der Witwe des verstorbenen.

M der Seisser Jllp

/Wfr war im Gängeviertcl in Hamburg geboren, Hinrich Pctersen, in
einer jener engen, dumpfen, höhleuartigcn Gassen, in die nie die
Sonne kommt und i» der keine Blume gedeihen kann. Und er hatte
die Blumen für sein Leben gern, von seiner frühsten Kindheit an
waren sie seine Freunde gewesen, und er konnte es nie begreifen,
warum der Großvater, der auf dem Dorfe noch einen eigenen Garten
gehabt hatte, in die Stadt gezogen war. Fand er eine halbvcrwelktc
Blume auf der Straße, so hob er sie sorglich auf, und stellte sie
heimlich — die Uluttcr durfte es nicht wissen — in ein Wasserglas.
Wen» er au de» stillen Sommerabenden die Zeitungen in der Vorstadt
austrug, brauchte er immer doppelt so viel Zeit als seine Kameraden.
Er konnte von den Bluiueubeetcu nicht loskommen und stand oft
vicrtclstuudeulaug am Gitter, um sich die Augen an ihrer Schönheit
voll zu saugen. Könnt ich einmal mit der Hand über sie hiufahren,
dachte er, könnt ich mir doch einmal einen Strauß pflücken I

Da stand plötzlich im Abcuddämmcr eine hohe bleiche Frau vor
ihm — „Blumen?" fragte sie leise.

Er sah sie mit großen erschrockenen Augen an. als ob sic ihn
auf einem Diebstahl ertappt hätte. Aber sie sah so gut aus, daß er
tiet aufatmete: .^a, ja Blumen!"



Ein 5chwarm SommEFvögEl

Hans Beatus Wieland [München]
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