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10t

Moclernlstisckes Marterl

von Kassian Kluibensckäcleh Tuifelemaler

D frommer Wanderer, betracht' mit Schaudern diesen Galgung dir,

an den zur Züchtigung

Zur seine unterschiedlichen Zreveltaten man einen argen Bösewicht

von Modernisten hunq>

Herr, sei seiner verruchten Seele gnädig und laß' den armen

Sünder im Frieden ruh'n -

Für uns ist er erledigt, dieweilen er nimmer wird zu einem

wörtlein sein Maul austun!
Nur sein vollstes Necht widerfuhr ihm .. . was machte dieser gotteslästerliche Gauch
Trotz eindringlichster Warnung seiner Vorgesetzten von seinem

Gehirn verbotenen Gebrauch!
Lehrt doch schon klar des heiligen Vaters nicht genug zu beherzigende Enzyklika:
Das Gehirn, insonderheit das der Theologen, ist absolut nicht zum Denken da!
Db dieses schmählichen Lndes ihres Widersachers freuen sich alle Herren Jesuiten
vergnügten Zäunen gleich und hören nicht auf, den Himmel

inständig also zu bitten:

D Lenker der Welten, wir flehen in tiefster Inbrunst zu dir tagtäglich,

Schenke uns doch einen mächtigen Galgen, so hoch als möglich,

Dazu den stärksten Strick, mit einer Schlinge, bequem hindurchzuschlüpfen,
Geeignet, die uns so verhaßte und gefährliche freie Wissenschaft dran auszuknüpfen!
Und stecke den Kragen obbesagter Inkulpatin in die Schlinge

barmherziglich uns du ...

Das Uebrige laß' unsere Sache sein . .. wir ziehen die Schlinge

alsdann schon selber zu

vor der ganzen sündigen Welt in deinem Namen
Ad majorem Dei gloriam. Amen.

V-

“Cc.

sppin .

Walther Caspari

Die Gouvernante

„In zwanzig Häusern bin ich nun gewesen, — in neun-
zehn haben mir die Herren nachgestellt. Der zwanzigste
konnte nicht, der lag gerade in Agonie!"

Epigramme

Uon Karl Ettlinger
Betrachtung

Klatsch und Verleumdung abzuweisen,
Braucht's nicht Duell noch Schiedsgericht:
Die Wanze kann den Menschen beißen,
Doch ihn beleidigen kann sie nicht-

Nimm an, es war'

Ein Dichter, der die tiefsten Worte fände,
Und ein Verleger, der sie würdig zahle,
Und dann ein Publikum, das sie verstände,
— Halt ein! Du hast zu

viele Ideale!

Einem Hofpneten

Mit Unrecht ist der Preiser
Als Patriot bekannt:

Er sagt zu häufig „Kaiser",

Zu selten „Vaterland".

Komischer Sprak

Ein Lump ist, wen der Hunger treibt
Zu pumpen ein paar Gulden.

Doch wer am Spieltisch schuldig bleibt,
Der niacht nur — Ehrenschulden.

fld notam

Naturalistisch schreiben — überwunden!
Soll, Dichter, deine Kunst dem

Leser munden.

So stimm' die Leyer auf Romantik ein:
Es ist jetzt Mode, unmodern zu sein.

Philosophie

Mit dieser Wissenschaft laßt mich in Ruh!
Ihr bringt des Daseins kurze Frist

im Fieber

Mit Grübeln nach dem Zweck

des Lebens zu —

Ich lebe lieber!

Liebe Jugend!

Lin bekannter Stabsarzt wurde von einer
sehr korpulenten Metzgermeisterin konsultiert.
Der Arzt ersuchte die Frau, ihre Lebensweise
zu erzählen, insbesondere was sie arbeite und
wie viel sie esse. Die Patientin begann:

„In da Fruah uma Fünfi muaß i auf-
stehn und nacha geh' i in Ladn und trink a
paar Haferln Kaffee mit a drei oder a vier Gar«
weckln zum Linbrock'n. Nacha kemma d'
Kund'n um's Fleisch und uma Stebnt bringt
ma mei Mo drei frische Schdockwürscht, de
wern schö langsam schnabuliert bei da Arbeit.
Uma Zehn! kimmt na 's Fruahschtuck, a
g'sottene Kroll oder a Tellerfleisch, und dazua
trilik i drei Vuartl Bier. Na wird weita
g'arbeit und wenns Zwölfe laut', wird richti
Mittag geffen und a Bier dazua trunka, ver-
steht si — nacha machell ma a Schlaferl und
wenn ma ausg'schlaf'n Ham, trink' ma an
Kaffee. Am Nachmittag müass'n ma d'Wirts-
kundschaft b'suach'll und da müass'n ma was
aufgeh' lassen — Schinken, Kas, Wurscht, und
no allerhand müass'n ma llullterschluck'n und
a bissel nachschwoab'n mit all Bier. No und
am Abend, da ess'll ma wieder richti bafjoam
und trinka zwoa mal drei (Luartl Bier dazua
nlld uma Neuni, da geh'll ma ill's Bett! Va
ham's mein ganzen Lebenslauf, Herr Dokta.

Der Herr Doktor ist aufgestaildell, hat seine
Mütze aufgesetzt und sagte: „Da kann ich
Ihnen nicht helfen, da müssen Sie zu einem
Spezialisten, zu einem Lhirurgen gehen, der
Ihnen einen zweiten Magen einsetzt!

*

Die Renommierkarte
Kommerzienrätin: „Wir müffen auch
einmal daran denken, die Visitenkarte
Prinzen erneuern zu lassen; sie *
null beinahe zehn Jahre in der Schale un
scholl ganz gelb."

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Register
Kassian Kluibenschädl: Modernistisches Marterl
[nicht signierter Beitrag]: Die Renommierkarte
Walter Caspari: Die Gouvernante
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Karl Ettlinger: Epigramme
 
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