1907
JUGEND
Nr. 52
Wahre Geschichcchen
Oberleutnant z. See XI. hatte mehrfach das Unglück, als Führer seines Torpedo-
bootes Havarien zu veranlassen. 5. I1T. der Kaiser bezeichnet ihn seit dieser Zeit
als „mein Torpedobootszerstörer XI.“
*
Man erzählt sich iit Kiel auch folgendes: S. M. Schiff „36" fyatte einen Anker
verloren. — Der Verlust eines Ankers ist wegen des hohen wertes eines solchen
Ausrüstungsstücks sehr unangenehm und hat die Folge, daß das betr. Schiff am
Sonntag nicht den pafen anlaufen darf, sondern nach dem Anker suchen muß. —
während diese Tätigkeit die Mannschaft und Offiziere S. M. S. „3c" in Atem hielt,
wurde zum Gottesdienst an Bord befohlen. Der einzige an der Suche nicht Beteiligte
war der Schiffsarzt. Diesein wurde daher das Amt der Seelsorge an dem betr.
Morgen übertragen. De. 36., ein humorvoll veranlagter perr, bezeichnete als zu
singendes Lied: „Nun haben wir den Grund gefunden, der unfern Anker ewig hält"
und — bekam einige Tage Kammerarrest für seine Witzigkeit.
Liebe Jugend!
CEiit Religionslehrer legte im Examen einem ihm besonders unsympathischen
Abiturienten die besonders heikle Frage vor: „wie stellen Sie sich zu den biblischen
wunderil?"
Der Primaner weiß sich aus der Schlinge zu ziehen und antwortet im Brustton
der Neberzeugung: „Ich glaube alles."
*
Professor 3c., Dozent an einer Techn. pochschule, besieht die etwas kümmerlich
geratene Zeichnung eines Bierstudenten, Nachdem er längere Zeit in den Anblick
der Zeichnung versunken gewesen ist, meint er: „Iaa, wenn das noch der selige K.
sehen könnte, der würde sich im Grabe nicht umdrehen, nein — rotieren würde er."
. *
Das \ \ jährige Pünschen kam dieser Tage aus der Schule. Er warf die
Bücher auf den Tisch und meinte unwirsch zu seinem Papa: „pm, ich bin unserem
Kaiser jetzt ganz böse. In England läßt er die ganzen Kinder zu sich kommen
und lädt sie zum Tee ein und spricht mit ihnen, wenn er aber mal nach Dienerdorf
kommt, dann geht es immer „töff-töff" und er ist weg!"
s
Von der flßüncbmr I)ofoper
In Dräsdßn
G. Hertting
„Ihre Krankheit hat sich so weit gebessert, daß Sie von nächster Woche ab
wieder auftreten können!"
„Schön, perr Doktor. Jean, besorg' 'ne Schiffskarte nach Amerika."
„Ich will ja nischd gegen das Soldatenläm Sachen,
aber eegendlich is 's e Bnndrast: e gemiedlicher
Sachse mid so'm Mnrdinschdrumend an der Seide!“
Die Büchernot
Rauf, o Mitmensch, bitte, Deine Mähne,
Denn die Zeiten sind entsetzlich schwer.
Ach, verschmachten muß der Geist, der schöne'
Es erscheinen keine Bücher mehr!
Mangels von Talenten, neuentdeckten,
Krieg ich täglich franko in das paus
Nur noch drei- vierhundert von Prospekten —
Ach, wo soll die Büchernot noch 'raus?
Kaum zehntausend Bücher sind's gewesen.
Die erschienen sind zum weihnachtsfest.
Sprich, was soll der arme Deutsche lesen,
Sieht er diesen kümmerlichen Rest?
Nein, so kann es nicht mehr weiter gehen,
Weil man gänzlich auf den pund sonst kimmt.
Unbedingt muß da etwas geschehen,
Daß die Büchernot ein Ende nimmt.
_ wie nach Brot die pungrigen, die bleichen,
So nach Büchern Deutschland bittend schreit,
Drum, o Leser, lasse Dich erweichen:
Schreib'Du eins! —Es ist die höchste Zeit!
Kartellen
3m Arrest
Bayerisches Soldatenlied von A. de Nora
Die Sonn' tut draußen blitzen
Und ich muß drinnen sitzen
Hier in der Dunkelheit
wie in der Ewigkeit.
wenn's beim Menaschcfassen
Sich Andre wohl sein lassen,
Rrieg ich, Du lieber Gottl
Nichts wie mein leeres Brot.
Die Andern tun zum Saufen
In die Rantinc laufen,
Ich trinke keine Maß,
Das Wasser ist so naß.
Die Andern gehn zum Tanzen,
Ich hupf mit Flöh und Wanzen
Auf meiner pritsch' herum,
Bis daß der Morgen kummt.
Es ist nichts Schön's heroben,
Bios Eines muß ich loben:
Daß ich derweil halt auch
Nicht z' exerzieren brauch.
Und bin ich wieder draußen,
So können sie mich lausen
Am Buckel allesamt,
General und Leitenant.
*
Liebe Jugend!
Fritz und seine Eousine Grete unterhalten
sich darüber, welche Mutter sich zum Ball am
feinsten gemacht hätte. Grete sagt: „Mein Mutti
war aber fein, sie hatte ein weißes Kleid am
alles fein mit Bändern und Perlen." Stolz er-
widert pans: „Mein Mutti war viel schöner, die
hatte nicht mal ein pemd an!"
Die Mutter war dekolletiert.
I 2 I I
JUGEND
Nr. 52
Wahre Geschichcchen
Oberleutnant z. See XI. hatte mehrfach das Unglück, als Führer seines Torpedo-
bootes Havarien zu veranlassen. 5. I1T. der Kaiser bezeichnet ihn seit dieser Zeit
als „mein Torpedobootszerstörer XI.“
*
Man erzählt sich iit Kiel auch folgendes: S. M. Schiff „36" fyatte einen Anker
verloren. — Der Verlust eines Ankers ist wegen des hohen wertes eines solchen
Ausrüstungsstücks sehr unangenehm und hat die Folge, daß das betr. Schiff am
Sonntag nicht den pafen anlaufen darf, sondern nach dem Anker suchen muß. —
während diese Tätigkeit die Mannschaft und Offiziere S. M. S. „3c" in Atem hielt,
wurde zum Gottesdienst an Bord befohlen. Der einzige an der Suche nicht Beteiligte
war der Schiffsarzt. Diesein wurde daher das Amt der Seelsorge an dem betr.
Morgen übertragen. De. 36., ein humorvoll veranlagter perr, bezeichnete als zu
singendes Lied: „Nun haben wir den Grund gefunden, der unfern Anker ewig hält"
und — bekam einige Tage Kammerarrest für seine Witzigkeit.
Liebe Jugend!
CEiit Religionslehrer legte im Examen einem ihm besonders unsympathischen
Abiturienten die besonders heikle Frage vor: „wie stellen Sie sich zu den biblischen
wunderil?"
Der Primaner weiß sich aus der Schlinge zu ziehen und antwortet im Brustton
der Neberzeugung: „Ich glaube alles."
*
Professor 3c., Dozent an einer Techn. pochschule, besieht die etwas kümmerlich
geratene Zeichnung eines Bierstudenten, Nachdem er längere Zeit in den Anblick
der Zeichnung versunken gewesen ist, meint er: „Iaa, wenn das noch der selige K.
sehen könnte, der würde sich im Grabe nicht umdrehen, nein — rotieren würde er."
. *
Das \ \ jährige Pünschen kam dieser Tage aus der Schule. Er warf die
Bücher auf den Tisch und meinte unwirsch zu seinem Papa: „pm, ich bin unserem
Kaiser jetzt ganz böse. In England läßt er die ganzen Kinder zu sich kommen
und lädt sie zum Tee ein und spricht mit ihnen, wenn er aber mal nach Dienerdorf
kommt, dann geht es immer „töff-töff" und er ist weg!"
s
Von der flßüncbmr I)ofoper
In Dräsdßn
G. Hertting
„Ihre Krankheit hat sich so weit gebessert, daß Sie von nächster Woche ab
wieder auftreten können!"
„Schön, perr Doktor. Jean, besorg' 'ne Schiffskarte nach Amerika."
„Ich will ja nischd gegen das Soldatenläm Sachen,
aber eegendlich is 's e Bnndrast: e gemiedlicher
Sachse mid so'm Mnrdinschdrumend an der Seide!“
Die Büchernot
Rauf, o Mitmensch, bitte, Deine Mähne,
Denn die Zeiten sind entsetzlich schwer.
Ach, verschmachten muß der Geist, der schöne'
Es erscheinen keine Bücher mehr!
Mangels von Talenten, neuentdeckten,
Krieg ich täglich franko in das paus
Nur noch drei- vierhundert von Prospekten —
Ach, wo soll die Büchernot noch 'raus?
Kaum zehntausend Bücher sind's gewesen.
Die erschienen sind zum weihnachtsfest.
Sprich, was soll der arme Deutsche lesen,
Sieht er diesen kümmerlichen Rest?
Nein, so kann es nicht mehr weiter gehen,
Weil man gänzlich auf den pund sonst kimmt.
Unbedingt muß da etwas geschehen,
Daß die Büchernot ein Ende nimmt.
_ wie nach Brot die pungrigen, die bleichen,
So nach Büchern Deutschland bittend schreit,
Drum, o Leser, lasse Dich erweichen:
Schreib'Du eins! —Es ist die höchste Zeit!
Kartellen
3m Arrest
Bayerisches Soldatenlied von A. de Nora
Die Sonn' tut draußen blitzen
Und ich muß drinnen sitzen
Hier in der Dunkelheit
wie in der Ewigkeit.
wenn's beim Menaschcfassen
Sich Andre wohl sein lassen,
Rrieg ich, Du lieber Gottl
Nichts wie mein leeres Brot.
Die Andern tun zum Saufen
In die Rantinc laufen,
Ich trinke keine Maß,
Das Wasser ist so naß.
Die Andern gehn zum Tanzen,
Ich hupf mit Flöh und Wanzen
Auf meiner pritsch' herum,
Bis daß der Morgen kummt.
Es ist nichts Schön's heroben,
Bios Eines muß ich loben:
Daß ich derweil halt auch
Nicht z' exerzieren brauch.
Und bin ich wieder draußen,
So können sie mich lausen
Am Buckel allesamt,
General und Leitenant.
*
Liebe Jugend!
Fritz und seine Eousine Grete unterhalten
sich darüber, welche Mutter sich zum Ball am
feinsten gemacht hätte. Grete sagt: „Mein Mutti
war aber fein, sie hatte ein weißes Kleid am
alles fein mit Bändern und Perlen." Stolz er-
widert pans: „Mein Mutti war viel schöner, die
hatte nicht mal ein pemd an!"
Die Mutter war dekolletiert.
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