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1

Def gebildete Einjährige

B. Hertting [DrEden]

„Jnädigstß, wie denken Sie über Nietzsche?“ —

„Is dös der Blonde von dö schweren Reiter?“

's Draah'n

Nimmst d' um d' Mitten a Wei',

Bua, na' fl lagst aa scho' glei' —

Aber alles steht frei,

Wannsd' as rrrmdraahst dabei!

Is im Draah'n denn a Macht,

Daß ma's anders betracht't,

Daß ma' z'fried'n is, und lacht,

Ohne jeden Vadacht?

Ja, dös is ja a Schand'! —

Und i hab's net derkannt,

Und war ganz ausanand' —

Aber jetz' Hab i's g'spannt.

Woaßt: bei'n Draah'n is's a G'wind',

Bis ma' durcha si' find't,

Und solang' ma' si' schind't,

Bua, da gibt's halt koa' Sund'!

Wastl

*

Liebe Jugend I

Auf einem Truppenübungsplatz erscheint zur
Besichtigung ein höherer Kavalleriegeneral, der
im Feldzüge ein Auge verloren hat und dafür
gläsernen Ersatz trägt. Einen Diener auf seinen
Dienstreisen mitzunehmen, verschmäht der flotte
Reitersmann und Veteran. Er läßt zu seiner
Bedienung stets eine Ordonnanz kommandieren.
Am Abend beim Zubettegehen meldet sich der
Husar bei dem General, hilft ihm beim Aus-
kleiden, zieht ihm die hohen Stiefel aus und fragt
nach weiteren Befehlen. „Bring die Schüssel dort
mit Wasser her, mein Sohn!" Der „Sohn" bringt

sie vorsichtig. „So, jetzt hältst Du mir die Schüssel
unter das linke Auge." Ein Druck, und das Glas-
auge fällt ins Wasser. Entsetzt will der Bursche
zurückweichen, seine Kniee zittern; er faßt sich

aber sofort und-hält die Waschschüssel unter

das andere Auge....

»

Mahres 6esckick1cken

Herr Dünnemann, der seit einiger Zeit an
Stuhlverstopfung leidet, wendet sich schließlich in
seiner Ratlosigkeit an einen Arzt. Dieser nimmt
die Sache zunächst auf die leichte Achsel und rät
ihm zu den bekannten Schweizerpillen, mit der Auf-
forderung, nach drei Tagen wieder vorzusprechen.
Nach acht Tagen kommt Herr Dünnemann wieder,
muß aber zu seinem größten Leidwesen miiteilen,
daß das Uebel sich keineswegs gebessert habe. Der
Arzt greift nunmehr zu einem gröberen Mittel
und schärft Herrn Dünnemann ein, unbedingt am
nächsten Tag sich wieder sehen zu lassen, wieder-
um vergehen drei Tage. Endlich kommt Ejerr
Dünnemann. Doch der gewünschte Erfolg ist
wieder ausgeblieben. Der Arzt verschreibt ihm
nun das letzte und seiner Meinung nach unbe-
dingt sicher wirkende Mittel und entläßt ihn mit
der Anweisung, binnen zwei Stunden wieder bei
ihm zu erscheinen. Endlich, am nächsten Tag,
erscheint Herr Dünnemann und versichert, daß
„es wieder nichts gewesen sei." Der Arzt ver-
zweifelt ganz an seiner Kunst und fragt schließ-
lich: „Nun sagen Sie mir doch mal, Herr Dünne-
mann, was sind Sie denn eigentlich?"

„Schulamtskandidat," lautete die Antwort.

„Ja — — —, Sie Aermster, das hätten Sie
mir aber eher sagen sotten; hier haben Sie zu-
nächst einen Taler, setzen Sie sich in die nächste
Kneipe und essen Sie erst mal ordentlich, dann
wird die Sache schon von selbst wieder in Ordnung
kommen!" «.St.

Z2

Das „Siegesfest"

Kürzlich sollte ich bei einer jungen Haupt-
mannsfrau ein ärztliches Gutachten über den
Befund und mutmaßlichen Geburtstag von Num-
mer z abgeben, was mir durch die Diskretion
der Patientin jedoch so erschwert wurde, daß ich
zuletzt schier unwillig bat, sie möge doch vorerst
noch einmal an das Erinnerungsvermögen des
Herrn Hauptmanns appellieren.

Daran schien sie noch nicht gedacht zu haben.
Gleichzeitig erhellen sich ihre nachdenklichen Züge,
sie erhebt sich rasch, trippelt ein, zwei Zimmer
weiter, öffnet leise eine Tür und flötet: „Du,
Männe, der Doktor möchte gerne wissen, wann
Deine Kompagniebesichtigung war!"

*

Die Feiernden im Süden

Nun macht der Moskato die Runde,

Die durstige Stunde erwacht
Und kündet mit lachendem Munde:
Dionysos geht durch die Nacht!

— So laßt uns den Göttlichen feiern,
Und preist seine Segnungen laut!

Wir wollen ihm jauchzend entschleiern
Das Heute, die fürstliche Braut.

Wir pfeifen auf Lahmannsches Leben,
Auf das ganze marode Geschlecht
Und heben die Humpen und geben
Dem Efeu wieder sein Recht!

Margarete Beutler
Index
[nicht signierter Beitrag]: Das "Siegesfest"
Margarete Beutler: Die Feiernden im Süden
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
G. N.: Wahres Geschichtchen
Georg Hertting: Der gebildete Einjährige
Wastl: 's Draah'n
 
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