Nr. 27
JUGEND
1908
Renaissance
„Welch schöne Zieraten, beim Pluto!
Man sieht's an der Scheide: du bist
Eiu Künstler, Benvenuto —
Laß', sehn, wie die Klinge ist!"
Die Freunde machten ein Wesen —
Der Meister vor Lachen sich bog.
„Heraus deinen Ferrarescn!
Zieh blank!" — Cellini zog.
„Da seht ihr die Klinge der Klingen,
Nie ward eine bess're gemacht —
Mit der kann Cellini bezwingen
Jedwede Erdenmacht!
„Mit der bring' ich zum Schweigen,
Was immer mir feindlich sei —
Mit der werd' ich standhaft mich zeigen
Einsam und rückenfrei!
„Meinem Mädchen zum Schutz soll sie blinken,
Zuin Schutze der Bildkunst mein:
Und sie in der Hand will ich trinken
Auf das, was ich liebe allein!"
Doch, die ihm den Weinkrng reichte,
Die flüstert' in bangem Mut,
Derweil sie erglüht' und erbleichte:
„Wem bist du allein denn gut?"
Da sprach er: „Immer aufs neue
Treibt Liebe hinab ins Meer —
Wer blieb' mir der Freund, der treue,
Wenn ich der nicht selber war'?"
Und er griff sich vom Teller ein Täubchen,
Steckt' ein den Degen blank,
Umarmte kräftig sein Weibchen,
Und küßte und lachte und trank.
(Nach dem Schwedischen des Gustav Fröding)
Hanns von Gunippenberg
Junges Lelcl
So rein, so stumm wie erster Schnee,
Herbeigesehnt zur Kuabenzeit,
Hüllt junger Sehnsucht süßes Weh
In stille Wintereinsamkeit.
Die Seele friert und will verderben
— Kein Glöcklein läutet ihrem Sterben —:
Ist ja für Menschengruß nicht feil,
Klimmt einsam hoch und holt sich Heil
Vom eignen Gott, so stark und mild,
Vom eignen Wundergnadenbild —
Und sinnt und weiß den Grund nicht klar,
Daß Mutterschmerz sie froh gebar,
Späht hoch nach fernem Firnenlicht
Und sieht im Tal die Heimat nicht.
Ilen<5 Prtfvöt
Die Prinzessin
Port Hans von Hoffensthal
Ich habe den Fürsten nur einmal gesehen.
Ich blieb stehen, als er mir gezeigt wurde, zog
mein Hütchen ehrfürchtig und grüßte tief. Der
Fürstin und der Prinzessin bin ich nie auf der
Straße begegnet, obwohl ich gerade um dieser
willen viele rasche und heimliche Wege gegangen
und manche Stunde versäumt habe.
Ich habe ja manches von ihr gehört, bat
Mutter oft und oft, mir von ihr zu erzählen,
und wurde dabei rot. Ich malte mir ein Bild
von ihr, schön und sehr vornehm, und von dem
träumte ich und gewann es lieb. Denn sie, die
ich nie gesehen und deren Namen ich nicht kannte,
war rneine Sehnsucht, das schwärmerische ver-
langen meiner elf Jahre. Und das nahm ich
mir vor: wenn ich sie zu Gesichte bekäme, dann
wollte ich sie so demütig grüßen, als es nur ginge,
noch tiefer, noch ehrfürchtiger als den Fürsten.
Aber ich erriet es nie, wenn sie ausging, nie,
nicht ein einziges Mal.
Der fürstliche Palast stand im dichtesten Häuser-
gewirr der alten, kleinen Stadt. Nach der Straße
zu sah nur die graue, hohe Front, vielleicht zwei
Dutzend Fenster, nicht mehr, die selten einmal
und nur auf kurze Zeit sich öffneten. Und das
große Tor dort war immer geschloffen und blickte
so ernst auf jeden, der vorüber kam, daß ich nie
den Mut gehabt hätte, auch nur eine kleine weile
davor zu fteherr. Da ersann ich mir andere Wege
zu ihr, und die führten versteckt und heimlich
hinter den Däusern durch die Gärten.
Das Häuschen meiner Eltern hockte nieder,
bescheiden und eng in einer Ecke. Da war es
eingebaut zwischen behäbigen Herrschaftsgebäuden,
neben deren Gärten unser Gärtlein freilich nur
armselig und dürftig aussah. Denn es war wenig
gepflegt und schmal, aber doch so lang wie die
anderen und grenzte wie diese an die ziegelgedeckte
Mauer des fürstlichen Parkes. Dort aber gab es
Blumenbeete und prächtige Bäume in Menge und
einen Springbrunnen, der unermüdlich stieg und
stieg und rauschte.
Bis dahin, die ganze Binnenseite der Däuser
entlang, war ein wunderlicher Wirrwar, ein Durch«
einander von kleinen, hartgepflasterten Höfen, aus
denen Treppen zu buckeligen holzbalkonen führten,
ein wechselndes Gefüge von braunen und grau
verwitterten Dächern, Dächern von Gartenhäus-
chen und Schüpfchen mit abenteuerlich geschwun-
genen Giebeln. Da gab es Türen aus schwerem
Holz und verrostetem Eisen, Decken, die geduckt
neben moosigen Mauern liefen, Versenkungen,
mit ausgeflinsten Steinstiegen zu Gewölben und
muffigen Kellern. — vielleicht von dort aus —
ich wußte nicht, woher sie kanten — rankten sich
die zähetr Glizinien empor, kletterten von Mauer
zu Mauer und über Fenster, daß diese verschlossen
aussahen und verwachsen wie Augen von Blinden.
Und überall, besonders drüben in den fürstlichen
Gärten hoben Hunderte von Bäumen ihre schönen
Kronen, Zedern und Buchen, breit blattige Paw-
lownien und Götterbäume mit ihren: schlanken,
schmalen Gefieder. — Es war ein unregelmäßiges
Gewirr von Mauern, Dächern, Giebeln und
Bäumen, eine Abenteuererwelt für einen Knaben.
Hub. Wilm
Tatzen spazierten über die Dächer, die beiden
gelben der Nachbarin und unsere weiße. Und
jeden Tag krochen noch fremde über die Mauer
blinzelten in der Sonne und schlichen wieder heim.
Die wußten die verborgenen Wege dieses Wirr-
niffes, kannten jede Pforte, jeden Durchlaß und
liefen gewiß auch im Garten des Fürsten hin
und her. Aber ich kannte die Wege und Pforten
nicht.
Jede freie Zeit habe ich nach der Prinzessin aus-
gespäht, stundenlang umher gesucht, Türen geöffnet,
daß ihre rostigen Angeln klagten, und wieder furcht-
sam geschlossen. Ich stand ratlos vor versperrten
Toren, habe Mauern überklettert, den Katzen nach,
und mich dort vorgebeugt, um Ausblick zu haben
und sah sie doch nicht. Ich habe gewartet, ge-
duldig mit verhaltenem Atem, daß ich meinte,
das Herz stände mir still, und bin in den Büschen
an der Mauer so leise gesessen, daß die Vögel
mich nicht sahen und dicht neben mir sangen.
Aber davon wurde mein Herz nur noch un-
ruhiger vor Sehnsucht, nur noch begieriger, sie
zu sehen.
Endlich einmal, zur Zeit der Fliederblüte, sah
ich sie. Ich saß auf der letzten Mauer und
lugte durch die Zweige hinab in den Park. Da
kam sie auf mich zu. Sie ging langsam, in einem
weißet: Kleid, das den hals freiließ, und trug
keinen Hut auf dem blonden haar.
Mein Atem stand still. So schön fand ich sie,
so schon und zart, lieblicher noch, als ich es ge-
träumt. Ihr Gang war etwas Feines und Be-
sonderes für sich. Dent: sie ging still, trat so
leise auf wie in einem Märchen und hielt den
Kopf dabei vornehm, kaum merklich geneigt.
Erst saß ich still, bis sie nahe genug war.
Dann richtete ich mich halbauf, daß ich mich ver-
beugen konnte und tat dies so tief, als es nur
ging. Es tat mir leid, daß ich keilt Hütchen
hatte, um dieses zu ziehen, und wollte dafür einen
Gruß sagen. Aber die Stimme folgte mir nicht,
und ich war ganz verwirrt vor Schrecken, Ent-
zücken und Glück.
Sie hob den Kopf ein wettig und gab mir den
Gruß leise lächelnd wieder. Das sah ich noch,
oder ich fühlte es vielleicht nur, dettn da ich er-
schreckt und verlegen war, nahm ich mir nicht
Zeit, darauf zu achten, sondern hastete und sprang
mit einem Satz, blutrot vor Scheu, von der Mauer.
von dieser Begegnung habe ich Mutter nichts
gesagt und keinem einzigen Kameraden. Dettn
ich schämte mich, mein Glück jemandettt zu ge-
stehet:, und hütete das Gedenket: daran wie ein
süßes, liebes Geheimnis. Ich dachte in der Schule
an die Prittzeffin und war glühend vor Stolz,
daß ich sie kannte, und war manchesmal so zer-
streut, daß einmal der Lehrer fragte, was mir sei.
Aber auch zu brause hat mich IHntter oft dabei
ertappt, daß ich glättzettde Augett bekam und ver-
loren vor mich hinsann uttd doch auf keine Frage
zu saget: wußte, warum.
Der Flieder war verblüht, und die blecke stand
nun dichtbelaubt und gab Schatten. Auf Blatt
und Halm spielten des Sommers tiefe, frohe
Farben, die Vögel sangen nimmermüd und auch
die Alpettsegler waren gekommen und schriet: um
Giebel und Türme. Die Schule war aus. Nun
konnte ich fast den ganzen Tag auf der Mauer
sitzen, die Stundet: vergehen lassen uttd warten,
bis ich sie wiedersähe. Mehr als eitnnal rief
Mutter vom Hause herüber sorgend turntet:
Namen. Da kroch ich still herab und schlich
längs der schmalen Hecke zurück und gab erst
vom Hofe aus Antwort.
„was ift's, Mutter? Ich bin ja im
Garten."
„Dann ist's schon recht."
Und ich suchte wieder meine warte auf
und spähte hinüber in det: Park und sah sie
doch nicht. Oft wa s ich Blumen ans unserem
Gärtlein hinab auf den weg und hoffte zu
Gott, sie möchte vorüber kommen und darauf
treten müssen. Aber sie kam nicht. Ich saß
auch auf meinem Platz, wettn es regnete.
Meine Kleider wurdet: naß, der Reget: tropfte
JUGEND
1908
Renaissance
„Welch schöne Zieraten, beim Pluto!
Man sieht's an der Scheide: du bist
Eiu Künstler, Benvenuto —
Laß', sehn, wie die Klinge ist!"
Die Freunde machten ein Wesen —
Der Meister vor Lachen sich bog.
„Heraus deinen Ferrarescn!
Zieh blank!" — Cellini zog.
„Da seht ihr die Klinge der Klingen,
Nie ward eine bess're gemacht —
Mit der kann Cellini bezwingen
Jedwede Erdenmacht!
„Mit der bring' ich zum Schweigen,
Was immer mir feindlich sei —
Mit der werd' ich standhaft mich zeigen
Einsam und rückenfrei!
„Meinem Mädchen zum Schutz soll sie blinken,
Zuin Schutze der Bildkunst mein:
Und sie in der Hand will ich trinken
Auf das, was ich liebe allein!"
Doch, die ihm den Weinkrng reichte,
Die flüstert' in bangem Mut,
Derweil sie erglüht' und erbleichte:
„Wem bist du allein denn gut?"
Da sprach er: „Immer aufs neue
Treibt Liebe hinab ins Meer —
Wer blieb' mir der Freund, der treue,
Wenn ich der nicht selber war'?"
Und er griff sich vom Teller ein Täubchen,
Steckt' ein den Degen blank,
Umarmte kräftig sein Weibchen,
Und küßte und lachte und trank.
(Nach dem Schwedischen des Gustav Fröding)
Hanns von Gunippenberg
Junges Lelcl
So rein, so stumm wie erster Schnee,
Herbeigesehnt zur Kuabenzeit,
Hüllt junger Sehnsucht süßes Weh
In stille Wintereinsamkeit.
Die Seele friert und will verderben
— Kein Glöcklein läutet ihrem Sterben —:
Ist ja für Menschengruß nicht feil,
Klimmt einsam hoch und holt sich Heil
Vom eignen Gott, so stark und mild,
Vom eignen Wundergnadenbild —
Und sinnt und weiß den Grund nicht klar,
Daß Mutterschmerz sie froh gebar,
Späht hoch nach fernem Firnenlicht
Und sieht im Tal die Heimat nicht.
Ilen<5 Prtfvöt
Die Prinzessin
Port Hans von Hoffensthal
Ich habe den Fürsten nur einmal gesehen.
Ich blieb stehen, als er mir gezeigt wurde, zog
mein Hütchen ehrfürchtig und grüßte tief. Der
Fürstin und der Prinzessin bin ich nie auf der
Straße begegnet, obwohl ich gerade um dieser
willen viele rasche und heimliche Wege gegangen
und manche Stunde versäumt habe.
Ich habe ja manches von ihr gehört, bat
Mutter oft und oft, mir von ihr zu erzählen,
und wurde dabei rot. Ich malte mir ein Bild
von ihr, schön und sehr vornehm, und von dem
träumte ich und gewann es lieb. Denn sie, die
ich nie gesehen und deren Namen ich nicht kannte,
war rneine Sehnsucht, das schwärmerische ver-
langen meiner elf Jahre. Und das nahm ich
mir vor: wenn ich sie zu Gesichte bekäme, dann
wollte ich sie so demütig grüßen, als es nur ginge,
noch tiefer, noch ehrfürchtiger als den Fürsten.
Aber ich erriet es nie, wenn sie ausging, nie,
nicht ein einziges Mal.
Der fürstliche Palast stand im dichtesten Häuser-
gewirr der alten, kleinen Stadt. Nach der Straße
zu sah nur die graue, hohe Front, vielleicht zwei
Dutzend Fenster, nicht mehr, die selten einmal
und nur auf kurze Zeit sich öffneten. Und das
große Tor dort war immer geschloffen und blickte
so ernst auf jeden, der vorüber kam, daß ich nie
den Mut gehabt hätte, auch nur eine kleine weile
davor zu fteherr. Da ersann ich mir andere Wege
zu ihr, und die führten versteckt und heimlich
hinter den Däusern durch die Gärten.
Das Häuschen meiner Eltern hockte nieder,
bescheiden und eng in einer Ecke. Da war es
eingebaut zwischen behäbigen Herrschaftsgebäuden,
neben deren Gärten unser Gärtlein freilich nur
armselig und dürftig aussah. Denn es war wenig
gepflegt und schmal, aber doch so lang wie die
anderen und grenzte wie diese an die ziegelgedeckte
Mauer des fürstlichen Parkes. Dort aber gab es
Blumenbeete und prächtige Bäume in Menge und
einen Springbrunnen, der unermüdlich stieg und
stieg und rauschte.
Bis dahin, die ganze Binnenseite der Däuser
entlang, war ein wunderlicher Wirrwar, ein Durch«
einander von kleinen, hartgepflasterten Höfen, aus
denen Treppen zu buckeligen holzbalkonen führten,
ein wechselndes Gefüge von braunen und grau
verwitterten Dächern, Dächern von Gartenhäus-
chen und Schüpfchen mit abenteuerlich geschwun-
genen Giebeln. Da gab es Türen aus schwerem
Holz und verrostetem Eisen, Decken, die geduckt
neben moosigen Mauern liefen, Versenkungen,
mit ausgeflinsten Steinstiegen zu Gewölben und
muffigen Kellern. — vielleicht von dort aus —
ich wußte nicht, woher sie kanten — rankten sich
die zähetr Glizinien empor, kletterten von Mauer
zu Mauer und über Fenster, daß diese verschlossen
aussahen und verwachsen wie Augen von Blinden.
Und überall, besonders drüben in den fürstlichen
Gärten hoben Hunderte von Bäumen ihre schönen
Kronen, Zedern und Buchen, breit blattige Paw-
lownien und Götterbäume mit ihren: schlanken,
schmalen Gefieder. — Es war ein unregelmäßiges
Gewirr von Mauern, Dächern, Giebeln und
Bäumen, eine Abenteuererwelt für einen Knaben.
Hub. Wilm
Tatzen spazierten über die Dächer, die beiden
gelben der Nachbarin und unsere weiße. Und
jeden Tag krochen noch fremde über die Mauer
blinzelten in der Sonne und schlichen wieder heim.
Die wußten die verborgenen Wege dieses Wirr-
niffes, kannten jede Pforte, jeden Durchlaß und
liefen gewiß auch im Garten des Fürsten hin
und her. Aber ich kannte die Wege und Pforten
nicht.
Jede freie Zeit habe ich nach der Prinzessin aus-
gespäht, stundenlang umher gesucht, Türen geöffnet,
daß ihre rostigen Angeln klagten, und wieder furcht-
sam geschlossen. Ich stand ratlos vor versperrten
Toren, habe Mauern überklettert, den Katzen nach,
und mich dort vorgebeugt, um Ausblick zu haben
und sah sie doch nicht. Ich habe gewartet, ge-
duldig mit verhaltenem Atem, daß ich meinte,
das Herz stände mir still, und bin in den Büschen
an der Mauer so leise gesessen, daß die Vögel
mich nicht sahen und dicht neben mir sangen.
Aber davon wurde mein Herz nur noch un-
ruhiger vor Sehnsucht, nur noch begieriger, sie
zu sehen.
Endlich einmal, zur Zeit der Fliederblüte, sah
ich sie. Ich saß auf der letzten Mauer und
lugte durch die Zweige hinab in den Park. Da
kam sie auf mich zu. Sie ging langsam, in einem
weißet: Kleid, das den hals freiließ, und trug
keinen Hut auf dem blonden haar.
Mein Atem stand still. So schön fand ich sie,
so schon und zart, lieblicher noch, als ich es ge-
träumt. Ihr Gang war etwas Feines und Be-
sonderes für sich. Dent: sie ging still, trat so
leise auf wie in einem Märchen und hielt den
Kopf dabei vornehm, kaum merklich geneigt.
Erst saß ich still, bis sie nahe genug war.
Dann richtete ich mich halbauf, daß ich mich ver-
beugen konnte und tat dies so tief, als es nur
ging. Es tat mir leid, daß ich keilt Hütchen
hatte, um dieses zu ziehen, und wollte dafür einen
Gruß sagen. Aber die Stimme folgte mir nicht,
und ich war ganz verwirrt vor Schrecken, Ent-
zücken und Glück.
Sie hob den Kopf ein wettig und gab mir den
Gruß leise lächelnd wieder. Das sah ich noch,
oder ich fühlte es vielleicht nur, dettn da ich er-
schreckt und verlegen war, nahm ich mir nicht
Zeit, darauf zu achten, sondern hastete und sprang
mit einem Satz, blutrot vor Scheu, von der Mauer.
von dieser Begegnung habe ich Mutter nichts
gesagt und keinem einzigen Kameraden. Dettn
ich schämte mich, mein Glück jemandettt zu ge-
stehet:, und hütete das Gedenket: daran wie ein
süßes, liebes Geheimnis. Ich dachte in der Schule
an die Prittzeffin und war glühend vor Stolz,
daß ich sie kannte, und war manchesmal so zer-
streut, daß einmal der Lehrer fragte, was mir sei.
Aber auch zu brause hat mich IHntter oft dabei
ertappt, daß ich glättzettde Augett bekam und ver-
loren vor mich hinsann uttd doch auf keine Frage
zu saget: wußte, warum.
Der Flieder war verblüht, und die blecke stand
nun dichtbelaubt und gab Schatten. Auf Blatt
und Halm spielten des Sommers tiefe, frohe
Farben, die Vögel sangen nimmermüd und auch
die Alpettsegler waren gekommen und schriet: um
Giebel und Türme. Die Schule war aus. Nun
konnte ich fast den ganzen Tag auf der Mauer
sitzen, die Stundet: vergehen lassen uttd warten,
bis ich sie wiedersähe. Mehr als eitnnal rief
Mutter vom Hause herüber sorgend turntet:
Namen. Da kroch ich still herab und schlich
längs der schmalen Hecke zurück und gab erst
vom Hofe aus Antwort.
„was ift's, Mutter? Ich bin ja im
Garten."
„Dann ist's schon recht."
Und ich suchte wieder meine warte auf
und spähte hinüber in det: Park und sah sie
doch nicht. Oft wa s ich Blumen ans unserem
Gärtlein hinab auf den weg und hoffte zu
Gott, sie möchte vorüber kommen und darauf
treten müssen. Aber sie kam nicht. Ich saß
auch auf meinem Platz, wettn es regnete.
Meine Kleider wurdet: naß, der Reget: tropfte