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Kirche und Staat in Bayern r,eors Ganss

(3ur Beurlaubung Schnitzers)

„So tadellos funktioniert Kalt doch kein anderer Automat, wie
die NIarke -wehner^!"

%

Holzbock's Belage

Mir ist's zu wohl ergangen,
Drum nahm's auch bald ein End'!
Wie fest bin ich gehangen
Am alten Regiment!

Mit einer Weihrauchwolke
Umgab ich Majestät;

Die ward im Sturm vom Volke
Zerrissen und verweht!

Nun wird Er gar zum Schweiger
Und schließt sich ein zu Haus —

O Leib-Lokal-Anzeiger,

Mit unserm Ruhm ist's ans!

Die Reisespesen schwinden!
Vorüber ist der Glanz,

Vorbei das Zeilenschinden
Zm Dienste von Byzanz!

Statt daß ich nun voll Stolz hock'
Zm Sonderzug mit Ihm, —

Als abgesägter „Holzbock"

Lieg' da ich anonym! Beda

Rammerdiener und Ranzler

„was befehlen Durchlaucht im neuen Jahr: Kürassierstiesel
oder Lackstiesel?"

„Ich verstehe immer: Stiefel, Stiefel! Um Gotteswillen,
Mensch, nur überhaupt keinen Stiefel mehrl"

Ein Märtyrer

Die heilige Katharina ward, weil sie bei einem Opferfest des
Kaisers Maxentius den Götzendienst für töricht erklärte, in den Kerker
geworfen, auf ein mit Nägeln gespicktes Rad geflochten und zuletzt
enthauptet. — Der heilige Sebastian, weiland Hauptmann in der Prü-
torianergarde unter Diokletian, ward, weil er sich weigerte, seinen Glau-
ben abzuschwören, von mauretanischen Bogenschützen mit Pfeilen durch-
bohrt und zu Tode gestäupt.

So ging es unter Diokletian und Maxentius zu, aber unter Wil-
helm I I. ist es viel schlimmer geworden: Lebte da in Metz ein frommer
Mann, namens Benzler, den sie wegen seines gottgefälligen Lebens-
wandels zum Bischof gekürt hatten. Der ergrimmte in seiner schlichten
Rechtlichkeit über den Pfarrer Thilmont, der eine Erziehungs-
anstalt gegründet hatte und ihm, dem Bischof, die Rechnungslegung
verweigerte. Da verkündete der ergrimmte Bischof öffentlich, daß der
Mann sich aus den Mitteln der Erziehungsanstalt 118000 Mark an-
geeignet habe. Darauf verübte dieser vertierte Unmensch ein Attentat
gegen seinen Seelenhirten, indem er ihn hinterrücks vor dem Schöffen-
gericht der Beleidigung anklagte. Und das Schöffengericht trat zu-
sammen und kein Pontius Pilatus wusch seine Hände, als er das Urteil
verkündete. Benzler, der fromme Seelenhirt, ward einem entsetzlichen
Martyrium unterworfen, gegen das die Qualen des heiligen Sebastian
und der heiligen Katharina eitel Lust und Wonne waren; er wurde
nicht nur zu 20 Mk. verurteilt, sondern soll auch noch die Kosten
bezahlen. An demselben Tage, an dem der Teufel die Seelen des
Amtsrichters und der beiden Schöffen holen wird, wird der fromme
Märtyrer unter dem Namen der heilige Zwanzigmarkus
kanonisiert werden. i,j<, <»

Grd innig muß fein!

Ein Fabrikant künstlicher Augen in Wiesbaden hatte im Aufträge
der Eisenbahnverwaltung für einen verletzten Bahnarbeiter ein künst-
liches Auge gefertigt und sandte der Eisenbahnbehörde seine Rechnung
ein. Er erhielt zur Antwort, er möge zur Rechnung „ein eisenbahn-
seitiges Formular" benutzen, das auf der Station für zwei Pfennige
zu kaufen fei. Der vaterlandslose Geselle weigerte sich dessen.

Sein Verhalten ist tief bedauerlich. Jeder patriotische Untertan
weiß, daß er nach einem Formular geboren wird, daß er sich nach
einem Formular verheiratet, daß er nach einem Formular Kinder zeugt,
und daß er nach einem Formular stirbt. Was weniger bekannt ist,
ist der Unrstand, daß die Formulare in einseitige, zweiseitige, dreiseitige,
vierseitige und eisenbahnseitige zerfallen. Das Formular ist das Zeichen
der Zivilisation; Eskimos und Schimpansen haben kein Formular.
Wer seine Rechnung nicht nach dem bei der Behörde approbierten
Formular aufstellt, der ist ein Jakobiner. Von der Verachtung des
Formulars bis zum Königsmord ist nur ein Schritt. Das muß doch
jeder vernünftige Mensch sehen; wenn der Fabrikant in Wiesbaden
es nicht sieht, so kann es nur darin liegen, daß der Mann — wahr-
scheinlich, um für sein Fabrikat Reklame zu machen — zwei künstliche
Augen trägt.

*

Monumentum Bavariae

Von Kaffian KluibenfcfjäDel, Culfelemaler

(mit untenstehender Zeichnung)

VTanincf>ro führet wiederum der Vatikan im frumben Bapernlandel
Das angestammte Löwentier an seinem schwarzen Gängelbandel.
Das Wappenviecherl ist so zahm wie eine treue Zofe,

Es hat das Brüllen ganz verlernt und wedelt mit dem Schwofe.
Glicht nur dem Doktor Schnitzer hat die Rurie das Wort genommen,
Sogar der Lowe und Herr wehner Han darob

den D a t t c r i ch bekommen!
Betrachtet, andachtsvolle Christen, mit heiligem Staunen um und um
D es neueste von Rom gewirkte riesige Mirakulum!

Der Tcrlisniarin

„Nu, Dir hab'n se bei
die Razzia nich mitje-
iiomineu?" — „ Nee;

ick trag' een paar von
die kronprinzlichen Nlan-
schettenknöppel"

*

Weihnächte!; 1908

„Papa, warum hat
denn das Lhriftkindl noch
Flügel!? Das kann
doch jetzt mit Zeppelin
fahren!"

„Gnä

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Index
[nicht signierter Beitrag]: Weihnachten 1908
[nicht signierter Beitrag]: Ordnung muß sein!
[nicht signierter Beitrag]: Der Talisman
Beda: Holzbock's Klage
Monogrammist Hammer: Illustration zum Text "Monumentum Bavariae"
Georg Ganss: Kirche und Staat in Bayern
Frido: Ein Märtyrer
Kassian Kluibenschädl: Monumentum Bavariae
Monogrammist Frosch: Kammerdiener und Kanzler
 
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