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Bülow Cut Reichstag: „Ebenso, wie es Frauen gibt, die keine Schminke nötig haben, so gibt es Staaten, die stark genug sind, um auf etei
unfruchtbare kleinliche Prestigepolitik zu ihrem eigenen Vorteil verzichten zn können."

KA&L

ARNOLD

Karl Arnold

3m Boudoir der frau Germania

Gnädige Frau, etwas Schminke gefällig?" — „Ich brauche keine Schminke, ick brauche pinke-pinke!

Der serbische Rronprin; und die
Damen bei der Hoftafel

Er kneift bei Tisch sie irgendwo,

Am Arm, am Busen, am —,

2luf jede Sitte tut er pfeifen,

Er wird wohl auch im Rriege — kneifen!

Kilian

Völker Guropas!

Die gelbe Gefahr, sie naht! Nachrichten
kommen aus Japan, die jeden Vaterlandsfreund
mit Trauer erfüllen müssen: Dort hat die Zensur
Molieres Werke, „Paris" von Zola, den „Vicar
von Wakefield" und Macaulays englische Ge-
schichte verboten. Merkt ihr was?

Unsere Uniformen haben sie uns nachge-
macht, unsere Heeresorganisation haben sie ko-
piert, unserer Industrie haben sie ihre Fabri-
kationsgeheimnisse abgelauscht, unsere Weine
trinken sie, unsere Universitäten besuchen sie und
jetzt haben sie uns gar unsere Zensur abge-
guckt! Wie scharfsichtig und weitblickend war
der Mahner, der einst gerufen hat: „Völker
Europas wahrt eure heiligsten Güter!"
Gibt es etwas Heiligeres als die Zensur?

Das diamantene Zeitalter

Hurra! Nun hat die Not ein Ende,

In Mammon schwimmt der Michael
Und voll von Gold sind alle Hände
Und alle Herzen kreuzfidel!

Der Dernburg sagt's und glauben muß es
Ein Jeder, denn es ist kein Witz:

Uns fließt ein Quell des Ueberflusses
Fern an der Bucht des Lüderitz!

Man findet dort die Oktaeder
Der Diamanten massenhaft —

Die Hosentaschen hat sich Jeder
Im Augenblicke voll gerafft.

Die Steine braucht man nicht zu brechen
Aus hartem Fels, wie anderswo:

Man liest sie von den Oberflächen —

Das macht der Wind von selber so!

Ja, manche, die man aufgegriffen —

Der mir's erzählt, ist kein Phantast! —

Die waren schon vom Wind geschlissen
Und manche schon in Gold gefaßt!

Sie haben wunderbares Feuer,

Der Kleinste ist ein Kohinoor —

Kurzum: Der Schatz ist ungeheuer,

Komnff's Manchem auch unglaublich vor!

Nun weg mit den Finanzreformen
Und aller Steuerplackerei —

Mit diesem Schatz, dem ganz enormen,

Sind wir in Bälde schuldenfrei!

Nun kam: man eine Flotte rüsten,
Unüberwindlich und immens —

Man schreibt nur schnell nach jenen Küsten
Um hundert Kilo Eullinans.

Nun wird Kultur und Wohlstand blühen
In allen Hütten wie am Thron,

Und Jeder kriegt jetzt ohne Mühen
In Deutschland seine Staatspension.

Der Sozi wird zum Staatserhalter,

Denn nichts ist mehr zum Nörgeln da —

Uns bringt das Diamanten-Alter
Der Dernburg aus Südafrika!

p*p*

*

Zur gefl. Beachtung I

Mit nächster Nummer beschließt die " das

vierte Quartal J908.

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Index
[nicht signierter Beitrag]: Völker Europas!
Karl Arnold: Im Boudoir der Frau Germania
Pips: Das diamantene Zeitalter
Kilian: Der serbische Kronprinz und die Damen bei der Hoftafel
 
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