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„Kaptein, ick kreg all ümmer beit’
Zischen Wöter in De Ghrens, un öat
geiht mich nid) rut.“

und die Frau ihren Kavalier vorstellen mußte.
Sie erzählte bei dieser Gelegenheit die Geschichte
mit dem Stier noch einmal und angesichts des
mißtrauisch dreinschauenden Gatten, der selbst
wie ein Stier aussah, wurde das Waldtier zum
rasenden Ungeheuer und der friedfertige Bank-
beamte zum Torero. Mit gesenkten Hörnern,
schnaubend vor Wut, war der Stier aus Darinka
losgerannt, im Galopp; aber Dux hatte sich
ihni entgegengeworfen und durch einen einzigen
wohlgezielten Schlag über die Augen das Un-
geheuer zur Umkehr gezwungen. Der Master
nickte, er wußte diesen Schlag zu schätzen. Und
mit jener Liebenswürdigkeit, die das Schicksal
der Ehemänner besiegelt, bat er den Bank-
beamten, ihn in Agram zu besuchen, und sich
seiner Frau auch iu Zukunft anzunehmen. Dux
ergriff seine Hand, und Darinka schaute ihn
an, mit glänzenden Augen, die noch im Feuer
der erregenden Erzählung brannten. Sie brauchte
ihm jetzt gar nichts mehr zu sagen, noch er ihr:
Der Stier hatte alles gemacht.

Und Dux ging ihn noch einmal, noch ein
letztes Mal, den Weg hinter die Bühne. . .

Auf dem Schreibtisch des Herrn Dux steht,
neben anderen Reliquien und Weihgeschenken,
seit einiger Zeit ein kleiner Stier aus Bronze.
Und wenn der Bankbeamte gut gelaunt und
ein intimer Freund zugegen ist, so pflegt er die
Geschichte zu erzählen, auf der der Brief-
beschwerer wie ein Grabstein liegt — diefe
Geschichte. Er schließt sie regelmäßig mit den
lachenden Worten:

„Und dabei war es gar kein Stier — sondern
eine Kuh!"

Es ist übrigens anzunehmen, daß dies auch
Frau Darinka weiß und — mußte. Aber da
sie eine Frau ist, wird man in dieser Richtung
Bestimmtes wohl nie erfahren.

l)eilkuncle

„Do weit ick ’n gauD's Mittel,
Hinrich."

Anagramme

Rulturfortfchritt

Den Weg, wo wir die Eiben sahn,
Durchrast jetzt wild die Eisenbahn;
Verpestend unsrer Basen Hain
Zerquetscht sie manches Hasen Bein.

Aus einer literarischen Vorlesung

Nach diesem Werk, dem wunderschönen.
Von Meister Christoph Grimmelshausen,
Muß ich — allmächtig Himmelsgrausen!
Noch manchen argen Schund erwähnen.

Ein wahres Beifalls-Grunzen aber
Entringt sich uns vor Anzengruber,

Des Volksgemüts Goldunzengraber.

Krzfragbiindl

In einer waldhürre

O laß den Sturm die schlanken Tannen biege»,
Schau: unsre Spur verweht der reine Schnee,
Und unsre Sehnsucht darf sich enger schmiegen,
Und unsre Liebe tut nun nicht mehr weh.

Laut brüllt der Sturm: Ich bin der Tod —
O schaure nicht, o glaub ihm nicht!

Der Flamme glaub, der Flamme warm und licht.
Die freudig schlagt in unsre Winternot
Und Sonne spiegelt auf dein lieb Gesicht
lind raunt: Ich halt an eurem Glücke Wache,
Ich bi» das Leben, — seht mir, wie ich lache!

Renä prävöt

Erich Wilke (München)

„Dank ok schön, Käptein, — t'is
all rut."

Aphorismen

von Dr. Bacv (Dberdorf)

Es gibt Menschen, die für alles Zeugen
haben; sie verdienen volles — Mißtrauen.

Das bringen nur Frauen fertig, unter-
wegs die Dame und daheim das Marktweib
zu spielen.

Wenn in deutschen Landen ein großes
Tier Muh schreit oder Mäh, fühlt das Volk
sich um eine — Offenbarung reicher.

Frei sein von Vorurteilen bedeutet oft
nichts anderes, als — keine Grundsätze haben.-

Der Eunuche ist oft gefährlicher als der
Lebemann.

Kinder, die mit 10 Jahren zu vollendeten
Ladies und Gentlemen verkrüppelt und ver-
kümmert sind, — kommen leicht mit 20 Jahren
in die Flegeljahre und sie rächen sich, wenn
die anderen reif sind — für ihre verdorbene
Jugend.

Der ausgewachsene Mensch ist auch für
sein Gesicht verantwortlich.

Der Geist der Zeiten spiegelt sich wider
in ihren Mittelmäßigkeiten — nicht in ihren
genialen Köpfen, — wir sind heute noch
nicht reif für Goethe.

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Register
René Prévot: In einer Waldhütte
Dr. Baer: Aphorismen
Erich Wilke: Heilkunde
Erzfragbündl: Anagramme
 
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